Im Normalfall werden 17-Jährige Fahrer begleitet – in seltenen Fällen geht es auch ohne Aufsicht. Foto: dpa

Wenn kein Bus zur Ausbildungsstelle fährt, dürfen manche 17-Jährige nach der Fahrprüfung schon alleine Auto fahren. Doch die Regelungen sind von Ort zu Ort verschieden – und die Sondergenehmigung unterschiedlich teuer.

Holzgerlingen - In den Nachtstunden beginnt Pauline Schimmers Arbeitstag als Auszubildende zur Konditorin bei der Bäckerei Wanner in Holzgerlingen. Busse und Bahnen sind zu der Zeit zwischen Ehingen, dem Wohnort der 17-Jährigen, und ihrer Arbeitsstelle noch nicht unterwegs. Mit dem Problem ist Pauline Schimmer nicht allein. Der Weg zum Arbeitsplatz ist für viele Jugendliche ein Problem. Vor allem auf dem Land. In aller Herrgottsfrühe fährt kaum ein Bus. In Ausnahmefällen dürfen jedoch auch Minderjährige mit einer Bescheinigung für das begleitete Fahren ab 17 allein mit dem Auto fahren. Die Kriterien dafür sind uneinheitlich – und je nach Wohnort sind Genehmigungen unterschiedlich teuer.

Die 17-jährige Pauline Schimmer muss auf dem Weg zur Arbeit eine kurvige Waldstrecke durchqueren. Dass sie schon mit 17 alleine fährt, sollte mit der Autoversicherung abgestimmt sein. „Die Sondergenehmigung ist nur auf die Fahrten hin und zurück von der Arbeit beschränkt“, sagt Patrick Hocker, der Leiter der Führerscheinstelle des Landkreises Böblingen. Voraussetzung sei, dass die Arbeitsstelle durch den öffentlichen Personennahverkehr nicht erreichbar sei. Dieses Problem gebe es eher im ländlichen Raum.

Alle Möglichkeiten ausschöpfen

„Es müssen vor der Genehmigung jedoch alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden“, sagt Hocker. So könnten die Jugendlichen ja etwa auch mit dem Fahrrad, dem Moped, oder in Fahrgemeinschaften zur Arbeit gelangen. „Es wäre jedoch unzumutbar eine Auszubildende nachts mit dem Fahrrad durch den Wald fahren zu lassen“, sagt Hocker. Die Sondergenehmigung sei auf Einzelfälle beschränkt. Im Landkreis Böblingen seien das etwa vier bis fünf im Jahr. „Mit dem Führerschein zum begleiteten Fahren haben die Fahranfänger bewiesen, dass sie die Verkehrsregeln kennen und dass eine Reife vorhanden ist.“ Eine medizinisch-psychologische Untersuchung müsste im Landratsamt Böblingen nicht eingereicht werden. Einige Monate später tausche man die Bescheinigung für das begleitete Fahren sowieso gegen einen regulären Führerschein, ohne dass es einer weiteren Prüfung bedürfe, sagt Hocker.

Pauline Schimmer weiß ihre Sondergenehmigung zu schätzen. „Ich hätte sonst nicht die Möglichkeit in meiner Ausbildungsstätte zu arbeiten. Ich kann von meinen Eltern nicht verlangen, dass sie mich mitten in der Nacht fahren“, sagt sie. Ihr Chef habe sie auf die Möglichkeit hingewiesen. „Am Tag als ich meinen Führerschein für das begleitete Fahren bekommen habe, habe ich sofort den Antrag losgeschickt.“

Ludwigsburg verlangt Gutachten

Im benachbarten Landkreis Ludwigsburg muss ein medizinisch-psychologisches Gutachten eingereicht werden, wenn ein minderjähriger Fahrer mit dem Auto alleine zur Arbeit fahren möchten. Dass könne davor abschrecken, einen Antrag zu stellen, weiß Markus Klohr, Pressesprecher im Landratsamt Ludwigsburg. In dem Gutachten müsse eine „außerordentliche Reife“ bewiesen werden. Seit diese Vorschrift gelte, habe es keine Anträge mehr für die Sondergenehmigung im Kreis gegeben.

„Es gibt keinen Rechtsanspruch auf eine Ausnahme“, sagt Sandra Licht, Leiterin der Führerscheinstelle im Landkreis Göppingen. Auch gebe es keinen Kriterienkatalog, der für die Sondergenehmigung erfüllt werden müsse. „Es wird im Einzelfall von den Fahrerlaubnisbehörden der Städte oder Landkreise entschieden“, sagt sie. Der Gesetzgeber gebe der Verkehrssicherheit den Vorrang vor der privaten Situation. Auch wenn es beim begleiteten Fahren nur sehr wenige Unfälle gebe, bestehe bei jungen Fahranfängern ein hohes Risiko. Eine Sondergenehmigung für das eigenständige Fahren vor dem Alter von 18 werde nur bei „unzumutbaren Härten“ und einem bestandenen medizinisch-psychologischen Gutachten erteilt. „Es gab in den vergangenen Jahren bei uns sehr wenige Anträge“, sagt Licht. Diese seien daran gescheitert, dass nicht ausreichend Härten vorgewiesen werden konnten.

Fahrlehrer hat keine Bedenken

„Ich finde das in Ordnung. Mir sind keine negativen Auswirkungen bekannt“, sagt Norbert Ziegler, Inhaber einer Fahrschule in Althengstett im Landkreis Calw über die Ausnahmeregelung. „Diejenigen, die ich kenne, gehen sehr sorgfältig damit um.“ Ob Führerschein ab 17 oder „normaler“ Führerschein – Ziegler sagt: „Das ist die gleiche Ausbildung und die gleiche Prüfung.“