Die Zahl der Beschäftigten in der Chemie- und Pharmabranche im Südwesten ist im Halbjahr weiter leicht gestiegen. Foto: Chemie-Verbände Baden-Württemberg

Mit 105 000 Mitarbeitern gehört die Chemie- und Pharmaindustrie – nach Maschinenbau, Auto- sowie Elektroindustrie – zu den größten privaten Arbeitgebern im Land. Im ersten Halbjahr ist die Zahl der Beschäftigten weiter leicht gestiegen. Doch wie lange noch?

Stuttgart - Die zunehmende Verunsicherung im internationalen Handel hat den Auslandsumsatz der Pharmaunternehmen im Land um 5,3 Prozent einbrechen lassen, schreiben die Chemie-Verbände Baden-Württemberg in einer Mitteilung. Über alle Teilbranchen der Chemie- und Pharmaindustrie hinweg, die als Frühindikator für die Gesamtkonjunktur gilt, sank der Auslandsumsatz um 2,7 Prozent auf 6,5 Milliarden Euro. „Für die Chemie-Verbände zeigt sich damit, dass die erwarteten Risikofaktoren im internationalen Geschäft früher eingetreten sind“, heißt es weiter. „Die Rohstoff-Situation hat sich nicht verbessert, die Währungsrisiken und Handelshemmnisse nehmen zu.“

Zwar sind die Inlandsumsätze noch leicht um 1,8 Prozent gestiegen. Weil die Chemie- und Pharmaindustrie aber ausgesprochen exportorientiert ist, haben die Verbände nun die Erwartungen für das laufende Jahr nach unten korrigiert. Sie rechnen nun mit Stagnation oder einem nur leichtem Umsatzwachstum von unter einem Prozent bis Ende Dezember, sagt Thomas Mayer, Hauptgeschäftsführer der Verbände. Bisher war ein Zuwachs von 2,5 Prozent erwartet worden. Rund 70 Prozent des Umsatzes erzielen die hiesigen Unternehmen im europäischen Ausland, auf die USA entfallen zwischen sechs Prozent (Chemie) und 15 Prozent (Pharma).

Auch der Bundesverband der Chemiebranche hat vor kurzem seine Prognose für die gesamte deutsche Branche um einen Prozentpunkt nach unten korrigiert; nun wird noch mit einem Umsatzplus um 4,5 Prozent gerechnet.

Der konzerninterne Wettbewerb wird härter

Dass die Chemie- und Pharmabranche bundesweit soviel besser dasteht als im Südwesten, hat nicht zuletzt damit zu tun, dass die großen Konzerne – wie Bayer oder BASF – ihren Sitz nicht im Südwesten haben, erklärt ein Verbandssprecher. In Baden-Württemberg seien eher kleinere und mittelgroße Unternehmen beheimatet. Deren Zulieferer und Abnehmer seien allerdings Konzerne, bei denen sie ihre Preisvorstellungen nicht voll durchsetzen könnten. Zudem sei der Wettbewerb innerhalb eines Unternehmens härter geworden, erläutert der Sprecher seine Erkenntnisse aus Gesprächen; allerdings ohne dies mit Zahlen belegen zu können: Abhängig von Energie- oder Arbeitskosten würden vor allem größere Unternehmen einzelne Produktlinien in Zeiträumen von teilweise zwölf Monaten weltweit hin- und herschieben; früher hätten solche Entscheidungen durchaus drei bis vier Jahre Bestand gehabt. Bei den Arbeitskosten sei die Chemiebranche einschließlich Pharma weiterhin negative Spitze in Europa und der Welt.

In den Chemieverbänden mit Sitz in Baden-Baden sind 457 Unternehmen mit zusammen 105 000 Mitarbeitern organisiert. Trotz zunehmender Verunsicherung bei den Firmen sei die Zahl der Mitarbeiter im Halbjahr noch leicht um 1,4 Prozent gestiegen. Im vergangenen Jahr haben sie insgesamt 38,5 Milliarden Euro umgesetzt. Die größten Teilbranchen dabei sind Pharma (36 Prozent), Lacke, Farben und Bautenschutz (zwölf Prozent) sowie Körperpflege und Waschmittel (neun Prozent).