Am Ausländeramt muss man immer noch Nummern ziehen. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Der Krankenstand ist hoch, die Kündigungsneigung auch: Bei der Ausländerbehörde ist der Stau unbearbeiteter Fälle immer noch auf hohem Niveau. Ausländer warten bis zu zehn Wochen auf einen Pass.

Stuttgart - Seit September 2015 sind drei von vier Schaltern bei der Ausländerbehörde geschlossen. Der Grund: Die Welle zugewiesener Flüchtlinge hat den Arbeitsaufwand für das Amt hinter den Kulissen vervielfacht. Voraussichtlich bis Januar 2017 bleibt der Service eingeschränkt.

„Die jetzt rückläufigen Zahlen bei den Zuweisungen von Asylbewerbern spiegeln sich bei uns in der Ausländerbehörde noch nicht wider“, sagt Dorothea Koller, die Leiterin des Ordnungsamts bei der Stadt Stuttgart. Im Gegenteil. Die Mitarbeiter seien immer noch mit der Bearbeitung vieler Altfälle beschäftigt, die während der Hochphase der Zuwanderung im Jahr 2015 auf die Behörde zugekommen waren. Da die Anerkennungsquote bei Flüchtlingen bei rund 60 Prozent liege, ferner Duldungen, Härtefallanträge, Ausbildungsangebote oder Petitionen der Fallbearbeitung jederzeit eine neue Wendung geben könnten, rechnet Dorothea Koller auch nicht mit einer schnellen Besserung.

Ein halbes Jahr warten auf Ausweis

Am Montag sollte sie im Sozialausschuss des Gemeinderats Bericht erstatten, wozu es allerdings nicht kam. Die ambitioniert lange Tagesordnung konnte, entgegen der Hoffnung von Sozialbürgermeister Werner Wölfle (Grüne), nur in Teilen abgearbeitet werden, etliche Punkte wurden vertagt. Über den Tagesordnungspunkt 8 – „Aktuelle Situation bei der Ausländerbehörde“ – sind die Stadträte immerhin noch mittels Tischvorlage informiert worden, die Diskussion soll nachgeholt werden.

Stand der Dinge sind Rückstände bei der Bearbeitung und Lücken im Schalterdienst. „Anerkannte Flüchtlinge erhalten ihren Aufenthaltstitel und Reiseausweis nur mit circa sechs Monaten Verzögerung, was momentan 1000 Personen betrifft“, so Koller in der schriftlichen Information. Erhebliche Rückstände gebe es ferner bei der Daten- und in der Postverarbeitung. Kunden, also hier ansässige Ausländer, die keinen Termin hätten, müssten „mit teils erheblichen“ Wartezeiten rechnen, und wer sich einen Termin geben lassen wolle, sei damit konfrontiert, dass die Mitarbeiter „auf acht bis zehn Wochen ausgebucht sind“. Telefonisch sei das Amt nur sehr eingeschränkt erreichbar, die Mailbearbeitung laufe verzögert, drei von vier Schaltern blieben voraussichtlich bis Januar 2017 geschlossen.

Die Arbeitsbelastung veranlasst nach wie vor viele Mitarbeiter, sich anderweitig nach einem Job umzusehen. Zum 1. Oktober 2016 lag die Fluktuationsquote bei 20 Prozent, 26 Stellen sind unbesetzt. Der Krankenstand hat sich mit derzeit 25 Krankheitstagen pro Jahr und Mitarbeiter ebenfalls auf hohem Niveau gehalten, obwohl immerhin 41 Mitarbeiter zur Entlastung zusätzlich eingestellt worden sind in diesem Jahr. „Die Höhergruppierungen und Zulagen haben die Attraktivität der Dienststelle deutlich erhöht, aber dem stehen der laufende Aufwand und der Mehraufwand durch neue Gesetze gegenüber“, so Koller.

Land unter bei den Bürgerbüros

Hilfreich sei aber die befristete Abordnung von Mitarbeitern ans Ausländeramt gewesen; indem man freie Stellenanteile genutzt habe, hätten zehn Stellen zur Entlastung der Behörde bei einfachen Tätigkeiten geschaffen werden können. Aus den Bürgerbüros hingegen könnten keine Aushilfen rekrutiert werden, weil dort wegen der gestiegenen Einwohnerzahl von 578 876 (2012) auf 607 089 (30. Juni 2016) die Arbeit zugenommen habe. Über den nach wie vor nötigen zusätzlichen Personalbedarf werde die Verwaltung informieren.

Von diesem Dezember an soll das neue Sachgebiet Asyl – lang angekündigt – in die Jägerstraße umziehen. Dieser Teilumzug war ursprünglich für Anfang des Jahres 2016 geplant.