Auf dem Eckgrundstück im Süßener Zentrum setzt das Gebäude architektonisch und städtebaulich einen Akzent. Foto: Ines Rudel

Enge Büros und Panzerglas waren gestern: Bei dem markanten Gebäude der Kreissparkasse in Süßen setzt das Architekturbüro „Dauner Rommel Schalk“ auf klare Linien und viel Licht. Mit Erfolg.

Süßen - Die Antwort kommt prompt: „Ja“, sagt Simone Schmid, „ich würde die Begründung der Jury unterschreiben“. Sie leitet die Süßener Filiale der Kreissparkasse Göppingen – und arbeitet damit in einem ausgezeichneten Gebäude. Das sogenannte Kompetenzzentrum, das neben der Filiale auch alle anderen Angebote der Bank beherbergt, ist bereits mehrfach wegen seiner Architektur aufgefallen. Zuletzt hefteten ihm die Juroren des Bundes Deutscher Architekten (BDA) im Jahr 2017 eine Hugo-Häring-Auszeichnung an. Unter anderem lobten sie, dass man sich in den Räumen gerne aufhalte und gerne dort arbeite.

Schmid hat die Besucherin schon durch die noch geschlossene Glasschiebewand erspäht, die den Schalterraum vom Beratungsbereich trennt. Damit ist das Oberthema klar, noch bevor man den Innenraum wirklich betritt: Eine offene Architektur prägt den Bau an der Heidenheimer Straße, den der Göppinger Architekt Peter-Michael Dauner ersonnen hat. Die Raumatmosphäre ist freundlich, lässt Luft zum Atmen. Schon vom Vorraum aus kann der Blick durch das Erdgeschoss schweifen und nach oben in den ersten Stock wandern. Der Beratungsbereich vermittelt dann fast schon den Eindruck eines kleinen Museums: Die Decke öffnet sich über zwei Geschosse, es fällt Licht von oben herein, und eine Freitreppe verbindet das Parterre mit der ersten Etage, die sich als Galerie um den offenen Innenbereich legt.

Die Gestaltung erfüllt ihren Zweck

„Die Freitreppe ist toll“, sagt Simone Schmid und bestätigt damit, dass das zentrale architektonische Element nicht nur ein Hingucker ist, sondern auch seinen Zweck erfüllt: Die Treppe und das damit verbundene schwebende Gefühl ist den Mitarbeitern vorbehalten – sie können ohne einen Umweg zu den Kollegen im jeweils anderen Stockwerk gelangen; unten ist die Filiale, oben der Finanzierungsbereich.

Diese Möglichkeit zum direkten Kontakt spiegelt sich im gesamten Raumkonzept: „Open space“ heißt das Zauberwort, hinter dem sich schlicht ein Großraumbüro verbirgt, allerdings ohne jeden Mief, dafür mit umso mehr Helligkeit und Klarheit. Acht Arbeitsplätze hinter halbhohen Schränken, bodentiefe Fenster, eine schnörkellose, ruhige, lichte Architektur und ebensolche Möbel sowie dezente Farben prägen das Bild. Freunde von Einzelbüros haben hier definitiv das Nachsehen. Das gilt im Erdgeschoss ebenso wie im ersten Stock des Eckgebäudes, das zur Kreuzung hin vier und zur angrenzenden Wohnbebauung zwei Geschosse zählt und so sowohl einen optischen Akzent setzt – der bei trübem Wetter durchaus auch trutzig wirken kann – als auch auf die Umgebungsbebauung eingeht.

Das Konzept löst anfangs Skepsis aus

Die radikale Hinwendung zur Offenheit sei anfangs nicht nur auf offene Ohren gestoßen, räumt Simone Schmid ein. Auch sie selbst habe Vorbehalte gehabt. Doch die hat die 44-Jährige rasch ad acta gelegt. Jetzt ist sie überzeugt: „Das ist für uns perfekt.“ Zwar werde der höhere Lärmpegel, den das Konzept zwangsläufig mit sich bringe, immer ein Thema sein. Doch schwerer als dieser Nachteil, mit dem auch ein Weniger an Privatsphäre einhergeht, wögen die Vorteile: Die Wege seien kurz, die Mitarbeiter könnten sich direkt austauschen und so auch voneinander lernen. Niemand fühle sich allein.

Zudem ist sie sehr nah dran am Geschehen. Sie bekommt mit, wenn es Probleme gibt, wenn Mitarbeiter ihre Hilfe brauchen. Wenn jemand ganz ungestört sein möchte, um nachzudenken, für ein Telefonat, für ein Kundengespräch, gibt es zum einen eigens dafür vorgesehene Büros, zum anderen „Denkerzellen“. Schmid fasst zusammen: „Der Architekt hat an die Mitarbeiter und an die Kunden gedacht.“

Was sicher weniger Vorbehalte hervorgerufen hat als der „Open space“, ist der von der Jury ebenfalls gelobte Mitarbeiterbereich im zweiten Stock. Simone Schmid tritt von dem Pausenraum hinaus auf die Dachterrasse, der Wind zaust ihr das Haar. Begeistert lenkt sie den Blick auf den Ausblick – bis zur Burg Staufeneck reicht er. „Das ist doch herrlich“, schwärmt die Filialleiterin. Und im Pausenraum: „Man hat seine Ruhe.“

Mit dem Wasser der Fils wird die Raumtemperatur geregelt

Umso mehr, als auch das Gebäude selbst eine gewisse Ruhe ausstrahlt. Und die hat nicht nur mit der klar gegliederten Architektur zu tun, sondern auch mit dem Raumklima: In den Böden beziehungsweise Decken zirkuliert Wasser, das je nach Bedarf erwärmt oder gekühlt wird – und zwar mithilfe eines weiteren Wasserkreislaufs, der aus der Fils gespeist wird. Bis zu 18 000 Liter werden pro Stunde angesaugt und wieder zurück in den Fluss gegeben. Sogar im zurückliegenden heißen Sommer sei die Temperatur angenehm gewesen, berichtet Schmid.

Essenziell für das Raumklima ist aber auch die Fassade aus Muschelkalk, der sich in Form von Lochplatten um das Gebäude legt. Wobei dies nicht allein für eine gute Klimatisierung sorge, urteilt die Jury, sondern den Bau auch in Würde altern lasse. Und auch an diesem Punkt hat die Filialleiterin nichts einzuwenden. Im Gegenteil: Eigentlich, sagt die 44-Jährige, sei der leicht sandsteinfarbene Ton, den die Fassade nach dreieinhalb Jahren angenommen habe, schöner als das ursprüngliche Grau. Sogar dem Architekten Peter-Michael Dauner gefällt die leichte Verwitterung besser als die anfängliche Optik, die mancher als Betonfassade geschmäht habe.

Weitere Informationen zum Projekt:

Das Kompetenzzentrum fasst drei ehemalige Filialen zusammen und vereint dadurch alle Dienstleistungen der Göppinger Kreissparkasse unter einem Dach.
Im Jahr 2012 schrieb die Göppinger Kreissparkasse als künftiger Bauherr einen Architektenwettbewerb für das Areal an der Heidenheimer Straße in Süßen aus. Das Göppinger Büro Dauner-Rommel-Schalk ging daraus als Sieger hervor. Im November 2013 begannen die Bauarbeiten, im Mai 2015 war das neue Kompetenzzentrum mit einer Gesamtnutzfläche von 1523 Quadratmetern bezugsfertig. Die Kreissparkasse investierte 6,7 Millionen Euro.

Im Jahr 2017 wurde das Gebäude, das unter anderem auch den Best Architects Award 2016 erhielt, mit einer Hugo-Häring-Auszeichnung des Bundes Deutscher Architekten (BDA) bedacht. In der Begründung heißt es unter anderem, „das Gebäude behauptet sich deutlich an der Kreuzung“, und die Räume seien so gestaltet, dass man sich dort gerne aufhalte und arbeite. Der Architekt habe stark an die Bedürfnisse der Mitarbeiter gedacht. Besonders hervorgehoben wird „die Fassade aus Muschelkalk mit Lochplatten, die für eine gute Klimatisierung genauso wie für eine gute Optik sorgen“. Das Haus könne „in Würde altern“.