Ein Spiegel, der einem verrät wer die Schönste im Land ist, ein Thron, auf dem jedes Kind zum König wird: Der Märchengarten im Blühenden Barock in Ludwigsburg ist seit vielen Jahren ein Anziehungspunkt.
Ludwigsburg - Rapunzel lass dein Haar herunter“, schreien fünf Kinder so laut sie können den Turm hoch. Und siehe da, ein langer, dicker Zopf senkt sich von dem Turm hinab zu den Kindern – allerdings nicht weit genug, als dass man ihn hätte fassen, darauf hochklettern und das Rapunzel befreien können. „Noch ein bisschen“, ruft eines der Mädchen. Vergeblich.
Und trotzdem: Der Rapunzelturm im Märchengarten des Blühenden Barocks in Ludwigsburg ist eines der Highlights von über 30 Märchen, die in dem Garten auf vielfache Art zum Leben erweckt werden: mit Schaufenstern, animierten Figuren und Skulpturen. Im Jahr 1959 entstand der Märchengarten. Seit bald 60 Jahren begeistert er die Kinder, denn hier gibt es die Märchen von Grimm, Andersen und aus 1001 und einer Nacht zum Sehen, Hören und Mitmachen. Das funktioniert auch in Zeiten von Smartphone und Video-Apps noch ziemlich gut. Vielleicht auch gerade deswegen, als Kontrapunkt, ein reales Erlebnis, analog und nicht digital.
Gleich am Eingang wird jedes Kind zum Seerosenkönig. Und darf sich auf den Thron setzen, umgeben von Wasser und Seerosen. Sobald das Kind sitzt, fährt der Thron dann in die Höhe und die Fontänen rundum springen an: eben wie bei einem echten König oder einer Königin. Ein Stückchen weiter geht es zur Fahrt auf dem Märchenbach. Mit dem Boot tuckern die Besucher an einem Schaufenster mit der klugen Else und an einer Vitrine mit dem tapferen Schneiderlein vorbei, bevor das Boot, wie bei Pinocchio, von einem riesigen Wal verschluckt wird.
Rapunzel und der Schatten
Weiter geht es zu dem berühmten Spieglein an der Wand, der die schönste Frau im Land kennt. Wenn man ihn nach dieser befragt, dann antwortet der Spiegel auch – wahrheitsgetreu wie im Märchen, dass Schneewittchen die Schönste sei. Etwas frecher geht es in einem Dorf zu, in dem Max und Moritz wüten – in sechs Hütten werden deren Streiche dargestellt, von der Witwe Bolte bis zum Bauer Mecke.
„Wir sind etwa zwei bis drei Mal im Jahr hier“, sagt Wolfgang Preis aus Münchingen, der mit Frau und Kindern an einem Sommernachmittag den Märchengarten besucht. „Unsere ältere Tochter wird jetzt fünf und bekommt immer mehr mit, es ist spannend die Entwicklung zu sehen“, erklärt er. Das Lieblingsmärchen der Tochter ist auch hier: Der Turm von Rapunzel. „Aber die lässt ihr Haar nie ganz nach unten“, sagt das Mädchen. Auch die Enkelin von Ellen Eberdt ruft am liebsten nach dem Rapunzel.
„Ich war schon mit meinen eigenen Kindern hier, jetzt nehme ich die Enkel mit“, sagt Eberdt, „das ganze Blühende Barock hat ein ganz tolles Flair.“ Man gehe am Schloss vorbei und könne sich im Sommer noch die Sandkunst anschauen. „Das hat was“, sagt die Möglingerin, „außerdem ist es im Märchengarten an diesen besonders heißen Tagen immer schön schattig.“ Schatten und Abkühlung bieten auch die anderen Attraktionen im Märchengarten. Zum Beispiel am Wasserspielplatz, wo es Fontänen gibt, an denen die Kinder spielen und planschen können. Außerdem gibt es noch ein Gehege mit zahmen Zwergziegen zum Anfassen und Streicheln. Und wenn die kleinen und großen Füße müde werden, kann man eine gemütliche Runde mit der Märchenbahn zurücklegen.
Sandkunst im Nordgarten
Natürlich lockt auch der restliche Teil des Blühenden Barocks mit seinen 30 Hektar Blumenausstellungen zu verschiedenen Themen wie Japangarten und Bauerngarten. Bis Ende August gibt es im Nordgarten außerdem eine Sonderausstellung mit Sandskulpturen internationaler Künstler. Im Anschluss daran geht es bis Anfang November mit der Kürbisausstellung im Ostgarten weiter. Rund ums Schloss ist für Familien also viel geboten.