Polizeieinsatz auf dem Schlossplatz Stuttgart. Foto: dpa/Christoph Schmidt

Hunderte junge Leute trafen sich am Samstagabend rund um die Freitreppe auf dem Stuttgarter Schlossplatz. Gegen Mitternacht kam es zu Flaschenwürfen gegen die Polizei und zur Räumung.

Stuttgart - Der Schlossplatz gegen Mitternacht. Wie bereits früher am Abend macht die Polizei via Lautsprecherdurchsage auf die Corona-Regeln und das geltende Alkoholverbot aufmerksam. Pfeifkonzerte seitens der jungen Menschen auf und an der Freitreppe hatte es bei den Aufforderungen zur Einhaltung der Vorgaben schon in den Stunden zuvor gegeben. Doch dabei blieb es nicht.

„Unvermittelt wurden Beamte mit Flaschen beworfen“, so Polizeisprecher Jens Lauer. Man habe sich daraufhin für eine Räumung der zu diesem Zeitpunkt überfüllten Freitreppe entschieden. Das führte zu Handgreiflichkeiten und weiteren Flaschenwürfen. Einige der Abwandernden stießen auf dem Weg vom Schlossplatz zum Hauptbahnhof einen Blumenkübel um. Zwei Schaufenster wurden beschädigt. Fünf Beamte seien verletzt, sechs Tatverdächtige festgenommen, dann aber wieder auf freien Fuß gesetzt worden, so Lauer.

Am frühen Abend ist alles noch friedlich

Am frühen Abend ist alles noch friedlich. „Ich hätte nicht gedacht, dass es so voll wird“, stellt Yasmin (17) fest, die mit ihrer Freundin auf den Schlossplatz gekommen ist, um das Wetter zu genießen. Es ist kurz nach 21 Uhr und die beiden haben Mühe, das gewünschte ruhige Plätzchen zu finden, um sich niederzulassen. Die Rasenflächen sind dicht besetzt, rund um die Jubiläumssäule sitzen Menschen – dicht an dicht. Fünf Personen aus zwei Haushalten? Die Corona-Vorschriften werden großzügig ignoriert. Masken tragen die Wenigsten, auch auf der Königstraße und rund um die Freitreppe, wo großer Andrang herrscht.

Die Polizei tritt zunächst kaum auf den Plan. Zwar zeigen Gruppen von Beamten Präsenz, sie halten sich aber im Hintergrund. Erst gegen 22 Uhr kommt es zu vereinzelten Personenkontrollen. Freundlich aber bestimmt weist ein Uniformierter mehrere junge Männer, die sich an der Glasskulptur auf dem kleinen Schlossplatz versammelt haben, auf die geltenden Regeln hin. Es bleibt bei einer Verwarnung. „Die sind nett“, bemerkt Selim (23), der das Ganze beobachtet. „Wenn mir Polizisten freundlich begegnen, ist das alles Ok.“ Das Alkoholverbot ab 22 Uhr mag dem Stuttgarter nicht einleuchten. „Wer Stress machen will, macht das trotzdem“, ist er sich sicher. „Wenn die Leute vorher saufen und dann aggressiv sind, was bringt dann diese Vorschrift?“

Vertreter der Mobilen Jugendarbeit sind vor Ort

Julius und Timo sitzen am Fuße der Freitreppe. Nicht, um zu feiern. Sie sind als Vertreter der Mobilen Jugendarbeit vor Ort, um mit ihrer Klientel in Kontakt zu bleiben. Sie kennen etliche der Jugendlichen. „Heute ist noch mehr los, als gestern“ schätzt ersterer die Situation ein. „Ich habe auch den Eindruck, dass mehr getrunken wird.“ Den Polizeieinsatz vom Freitag, als die Treppe schon einmal geräumt wurde, sieht er kritisch. „Wenn irgendwo etwas passiert, lassen sich viele einfach mitreißen“, sagt er. Wie die Beamten versucht hätten, die Menge auseinanderzubringen, auch unter Einsatz von Pferden, habe eher zur Eskalation beigetragen.

Auf der Theo ist es unterdessen weitgehend ruhig. Am früheren Abend hatte sich hier der Verkehr gestaut. Ursache: Eine Mischung aus dicken Autos mit Poser-Potenzial und den Fahrzeugen der nachmittäglichen Innenstadtbesucher. Gegen 22.30 Uhr röhren an der Schlossstraße ein paar Motoren. Über Hohe Straße und Büchsenstraße rollen einige Fahrer an, die vermutlich ordentlich Gas geben werden. Lokalisierbar ist die sogenannte Poser-Szene nicht.

Vor dem Königsbau wird ein Böller gezündet

Auf dem Schlossplatz sitzen derweil immer noch Grüppchen im Gras. Beamte führen Kontrollen durch und fordern die vorwiegend jungen Leute auf, ihre Alkoholika wegzupacken. Einsatzleiter Oliver Laux betont, man setze auf Kommunikation, darauf, auf Verstöße aufmerksam zu machen. Es gelte, Erfahrungen mit der Situation nach Aufhebung der Ausgangssperre bei Alkoholverbot zu machen. Gerade seien Beamte zum Feuersee unterwegs, wo es eine größere Menschenansammlung gebe. Am Marienplatz sei viel los, die Stimmung aber ruhig. Die Lage auf dem Schlossplatz beurteilt er ebenfalls als friedlich.

Gegen 23.30 Uhr wird es rund um die Freitreppe nochmals merklich voller. Mehrere hundert Personen haben sich eingefunden. Vor dem Königsbau wird ein Böller gezündet. Eine Eskalation ist dennoch nicht abzusehen. Zumal sich die Polizei weiterhin zurückhält. Die Flaschenwürfe seien ohne Vorwarnung erfolgt, teilt Polizeisprecher Lauer mit und stellt fest: „Das Problem, das sich in den letzten Nächten gezeigt hat, wird uns weiter begleiten. Milde Nächte werden wir in den kommenden Wochen immer wieder haben.“

Derzeit laufen Gespräche zwischen Stadt und Polizei über mögliche Maßnahmen, um weitere Vorfälle wie in der vergangenen Nacht zu vermeiden. Im Gespräch ist nach Informationen unserer Zeitung ein Verweilverbot, das zwischen 22 und 6 Uhr für den Schlossplatz, den kleinen Schlossplatz und den Eckensee gelten. Diese Bereiche dürften dann zwar weiterhin betreten aber nicht länger zum Verweilen genutzt werden.