Fast ein Jahr lang lebte die Hündin aus dem Tierschutz bei einer Familie aus dem Rems-Murr-Kreis – dann wurde sie von einer Pflegestelle des Tierheims Ludwigsburg wieder abgeholt. Nicht etwa wegen schlechter Haltung, sondern wegen fehlender Kastration.
Was in Maria Tiepner-Halliger und ihrer elfjährigen Tochter Zoey vorgeht, kann wohl nur nachvollziehen, wer selbst einen Hund hat oder verloren hat. Am 12. November 2021 haben sie ein etwa zweijähriges Dackelmädchen von einer in Kernen im Remstal angesiedelten Pflegestelle des Tierheims Ludwigsburg bei sich aufgenommen. Ein knappes Jahr später, am 30. Oktober 2022, wurde ihnen die Hündin wieder weggenommen. Der Grund dafür: Sie war nicht kastriert worden. Und weil sich bei ihr eine massive Scheinträchtigkeit gezeigt habe, so die Tierheimleiterin Ursula Gericke, sei ohne eine Kastration das Risiko für verschiedene Krebsformen erhöht. Zwei Kastrationstermine seien von der Familie jedoch „versemmelt“ worden.
Tiepner-Halliger erklärt, sie finde eine Kastration zwar nicht gut, habe ihr aber „um des lieben Friedens willen“ zugestimmt. Allerdings sei diese zunächst wegen einer Herzwurmbehandlung nicht möglich gewesen, dann hätten zwei Läufigkeiten der kleinen Lola und eine Erkrankung der Tierärztin eine Operation verhindert. Minutiös hat sie über die ganze Geschichte Buch geführt, auch über die WhatsApp-Nachrichten, die sie mit Frau H. von der Pflegestelle ausgetauscht hat. Einen direkten Kontakt zum Tierheim Ludwigsburg habe diese ihr ausdrücklich untersagt, sagt Tiepner-Halliger.
Der Hund wurde nicht vernachlässigt
Dazu kann Ursula Gericke nichts sagen, sie bestätigt aber, dass sie selbst nur einmal Kontakt zu der Familie gehabt habe, als der Dackel bereits wieder weg gewesen sei – „übrigens das einzige Mal in zehn Jahren, dass ein Hund zurückgeholt wurde“. Und auch die Hündin habe sie nur einmal zwischenzeitlich bei einem Tierarzttermin gesehen. Da sei sie extrem dünn gewesen, habe aber sonst keinen vernachlässigten Eindruck gemacht.
Die gerahmten Fotos, die auch heute noch in der Wohnung der Familie stehen, zeigen einen zierlichen schwarzen Dackel beim Spielen mit anderen Hunden oder beim Schmusen mit Tochter Zoey. Dem Hund zuliebe, sagt Tiepner-Halliger, seien sie sogar umgezogen. „Wir haben in einer Wohnung mit einer recht steilen Treppe gelebt, und Frau H sagte, das gehe nicht. Und weil sie auch ein Kindergitter zur Sicherung, das mein Mann anbringen wollte, nicht ausreichend fand und wir Lola unbedingt behalten wollten, haben wir uns eine andere Wohnung gesucht.“ Dann holt sie aus ihrem umfangreichen Ordner, den sie für die Dackelhündin angelegt hat, noch eine Rechnung vom Tierarzt hervor, bei dem sie wegen der Scheinträchtigkeit waren, und den Nachweis einer Krankenversicherung für Lola. „Wir haben alles für unsere kleine Maus getan und wollen sie wiederhaben.“
Pflegestelle holte Hündin zur Kastration ab
Doch warum haben sie dann den Dackel Frau H. von der Pflegestelle überhaupt überlassen, als diese ihn nach mehreren Kontrollbesuchen mitnehmen wollte? Maria Tiepner-Halliger erklärt das so: „Frau H. sagte uns, sie habe jetzt kurzfristig einen Kastrationstermin in Ludwigsburg, danach würden wir Lola wiederbekommen.“ Man habe ja auch gar keine andere Möglichkeit gehabt, als ihr den Hund mitzugeben, weil die Kastration gewünscht worden sei.
Laut Ursula Gericke hat Maria Tiepner-Halliger nach der Wegnahme lange Zeit erst mal nichts gemacht und dann zu einem „Rundumschlag“ samt Einschaltung eines Anwalts ausgeholt. Diese hingegen zeigt ihr Handy mit unzähligen WhatsApp-Nachrichten an die Pflegestellenfrau, in denen sie fragt, wie es der Kleinen gehe und wann sie denn wiederkomme. Auf einer Sprachnachricht ist auch die Aussage von Frau H. zu hören, Maria Tiepner-Halliger habe dem Tierheim ständig Ärger gemacht – und im Übrigen gehöre der Hund jetzt ihr.
Informationsfluss in Richtung Tierheim war wohl mäßig
Ob es den von Frau H. erwähnten Kastrationstermin tatsächlich gegeben hat, könne man nicht mehr nachvollziehen, sagt Ursula Gericke. Insgesamt scheint der Informationsfluss in Richtung Tierheim nicht gut funktioniert zu haben. Dass die Familie extra umgezogen ist, ist beispielsweise etwas, das bei der Tierheimleiterin nicht angekommen war. Dazu, wer was wann gesagt, getan oder verboten hat, kann sie nichts sagen: „Ich war ja nicht dabei.“ Sie werde Frau H. bitten, sich bei der Redaktion zu melden – ein Anruf blieb jedoch aus.
Gericke betont aber, der Hund habe jetzt einen Platz, wo er bleiben könne, und werde der Familie „auf keinen Fall“ zurückgegeben. Diese hätte übrigens nur einen Pflegevertrag gehabt, in dem klar stehe, dass die Hündin Eigentum des Tierheims bleibe. Dazu sagt Tiepner-Halliger, sie habe Frau H. von der Pflegestelle immer wieder nach einem Abgabevertrag gefragt, sei jedoch wegen der Herzwurmbehandlung vertröstet worden. Dass ihr ein solcher Vertrag versprochen wurde, wie sie erklärt, lässt sich nicht beweisen.
Die Familie jedenfalls will auch mit juristischen Mitteln um den kleinen Dackel kämpfen. Wie stark Mutter und Tochter von der ganzen Sache aufgewühlt sind, merkt man auch noch nach Monaten. „Wir wollen nur, dass Lola wieder nach Hause kommt“, sagt Maria Tiepner-Halliger mit Tränen in den Augen.