20. Mai 2023 : Der Vulkan Popocatépetl schleudert glühende Lava in den Abendhimmel. Foto: AFP/Osvaldo Cantero

In Mexiko löst ein gewaltiger Ascheregen aus dem Vulkan Popocatépetl große Besorgnis aus. Mehr als 25 Millionen Menschen wären von einem Ausbruch bedroht.

Angesichts erhöhter Aktivität ist die Warnstufe für den Vulkan Popocatépetl in Mexiko am Sonntag(21. Mai) erhöht worden. Die neue Warnstufe ist nach Angaben des nationalen Zivilschutzes nur noch einen Schritt von der Alarmstufe Rot entfernt, in der die Bevölkerung für eine Evakuierung bereit sein soll.

An diesem Montag (22. Mai) sollen Evakuierungsrouten und die Ausweisung von Notunterkünften überprüft werden. Im Umkreis von 100 Kilometern leben etwa 25 Millionen Menschen.

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Mehr als 900 Schulen geschlossen

In den vergangenen Tagen stieß er immer wieder Asche, Dampf und Gas aus. Die nationale Behörde zur Katastrophenprävention (Cenapred) empfahl den Menschen in der Region, Nase, Mund und Augen zu schützen, Fenster zu schließen und möglichst in geschlossenen Räumen zu bleiben.

Wegen des Ascheregens ist in Zentralmexiko der Unterricht an rund 900 Schulen ausgefallen. Betroffen seien 125 000 Schüler und Studenten sowie 6000 Lehrer in 22 Gemeinden rund um den Vulkan, teilten die Bildungsbehörden des Bundesstaates Puebla mit.

Am Samstag (20. Mai) fiel der Flugverkehr an zwei wichtigen Flughäfen von Mexiko-Stadt vorübergehend aus.

Einer der aktivsten Vulkane der Welt

Der mehr als 5400 Meter hohe Popocatépetl ist einer der aktivsten Vulkane Mexikos. Er liegt etwa 85 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Mexiko-Stadt an der Grenze der Bundesstaaten México, Puebla und Morelos.

Rund um den Vulkan gilt eine Sperrzone von zwölf Kilometern. In einem Umkreis von 100 Kilometern leben rund 25 Millionen Menschen.

Wo kann man die Eruption im Livestream sehen?

Wer die aktuelle Eruption quasi hautnah – und ohne Gefahr für Leib und Leben – erleben, kann diese auf folgenden Webseiten im Livestream mitverfolgen:

1. webcamtaxi

2. YouTube/afarTV

3. YouTube/webcamsdemexico

4. Geocam.RU

5. Webcamera.24

6. WWi.TV.com

7. World Cams

8. Skyline Webcams

Sehen Sie auf unserer Karte, wo sich die aktivsten Vulkane der Erde befinden:

Weltweit gibt es zwischen 1500 bis 1900 aktive Vulkane. Pro Jahr werden etwa 50 tätig. In unserer interaktiven Weltkarte stellen wir die aktivsten Vulkane unseres Planeten vor.

Interview mit dem Vulkanforscher Hans-Ulrich Schmincke

Vulkane
Vulkane ängstigen und faszinieren die Menschen – und das zu recht. Viele Regionen auf diesem Planeten haben eine explosive Vergangenheit – wie die Schwäbische Alb. Derzeit sind 1500 bis 1900 Vulkane auf der Erde aktiv und können jederzeit ausbrechen. Wir sprachen mit dem Geologen und Vulkanologen Hans-Ulrich Schmincke, einem der renommiertesten Experten weltweit, über die vernichtende Kraft von Vulkanausbrüchen und die Vorhersagemöglichkeiten.

Was fasziniert Menschen an Vulkanen?
Seit jeher haben Menschen Vulkane verehrt und als Sitz der Götter betrachtet – wie zum Beispiel den Fujiyama, mit 3776 Meter der höchste Berg Japans. Vulkane faszinieren die Menschen und zugleich haben sie Angst vor ihnen. Aus das aus gutem Grund. Wenn ein Vulkan ausbricht, zerstört er Felder, Menschen kommen zu Tode. Andererseits weiß man seit Jahrtausenden, dass die Böden in der Nähe von Vulkanen sehr fruchtbar sind.

Was sind Vulkane eigentlich?
Vulkane sind nicht nur Krater oder Bergkegel. Wir sprechen von Vulkan-Magma-Atmosphäre-Systemen: Sie erstrecken sich vom Erdmantel, wo das Magma entsteht, entlang der unterirdischen Aufstiegswege des Magmas bis zu den eigentlichen Vulkan-Gebäuden auf der Oberfläche. Dazu gehören auch die relativ dünne Erdkruste und die während der Eruptionen ausgestoßenen Partikeln und Gase, die bis hoch hinauf in die Atmosphäre gelangen.

Wie gefährlich sind vulkanische Eruptionen?
In den Medien wird meistens nur dann über Vulkane berichtet, wenn irgendwo einer ausbricht und Menschen dabei ums Leben kommen. Wenn man aber auf die Menschheitsgeschichte blickt, haben die Menschen immer unendlich mehr von Vulkanen profitiert als unter ihnen gelitten.

Für wen können Lavaströme und Aschewolken denn von Nutzen sein?
Vulkanische Böden sind sehr fruchtbar. Die Ascheteilchen sind meistens porös, enthalten viele für das Pflanzenwachstum wichtige Elemente und speichern das Wasser lange. Pflanzen können darin gut wurzeln, so dass mehrere Ernten pro Jahr möglich sind. Viele Ascheteilchen bestehen aus Gesteinsglas, das leicht zersetzbar ist und die darin enthaltenen Mineralien gut verfügbar macht. Das ist auch der Grund, warum in vielen lateinamerikanischen Ländern, auf den Philippinen oder in Indonesien Menschen bis hoch hinauf an den Flanken aktiver Vulkane siedeln.

Gibt es neben der Landwirtschaft noch andere Wirtschaftszweige, die profitieren?
Für viele Länder und Regionen wie Costa Rica, Nicaragua, Island oder die Kanaren ist der Vulkan-Tourismus eine wichtige und wachsende Einnahmequelle. Auch die geothermische Energie spielt in vulkanisch aktiven Gebieten eine wichtige Rolle. Es gibt viele geothermische Kraftwerke – in Neuseeland, Island oder Italien. San Francisco zum Beispiel bezieht seine gesamte Elektrizität von einem geothermischen Kraftwerk in seiner Nähe.

Wie wirken sich Eruptionen auf das globale Klima aus?
Der Schwefelausstoß großer hochexplosiver Vulkan-Eruptionen führt in der Stratosphäre in 20 bis 40 Kilometern Höhe zur Bildungen von kleinen Schwebeteilchen aus Schwefelsäure-Aerosolen. Sie können mehrere Jahre um den Globus wandern und absorbieren ein Teil des Sonnenlichts.

Mit welchen Folgen?
Dadurch kann es zu einem Abfall der Jahresmitteltemperatur um mehrere Grad Celsius und damit zu einer signifikanten Veränderung der Wettermuster auf der gesamten betroffenen Hemisphäre für mehrere Jahre kommen. Man denke da nur an die gravierenden Folgen der Tambora-Eruption im Jahre 1815. (Anm. d. Red.: Beim Ausbruch des Vulkans auf der indonesischen Insel Sumbawa starben Zehntausende. Das bei der Eruption ausgeworfene Material bewirkte globale Klimaveränderungen, in Nordamerika und Europa sprach man 1816 vom „Jahr ohne Sommer“. Es kam zu Missernten und Hungersnöten).