Donald Trump ist bereits im Wahlkampfmodus. Foto: dpa/Matthew Hatcher

Was wird das kommende Jahr in der deutschen und der internationalen Politik bringen? Der Brexit, die US-Wahlen und dreißig Jahre deutsche Wiedervereinigung – das sind einige der Themen, die 2020 wichtig werden

Stuttgart - Am 31. Januar 2020 werden die Briten die Europäische Union verlassen – ein historisches Datum für Europa. Aber das neue Jahr wird weitere wichtige politische Entwicklungen bringen. Hier sind sieben der voraussichtlich wichtigen Themen und Ereignisse:

1. Die Amerikaner wählen ihren Präsidenten

Auch als Zweitplatzierter kann man Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika werden. Für Donald Trump stimmten in der Wahl 2015 rund 63 Millionen Amerikaner, Hillary Clinton holte fast drei Millionen Stimmen mehr.

Dennoch zog Trump für die Republikanische Partei ins Weiße Haus ein, weil er im entscheidenden „Electoral College“, dem Gremium der Wahlmänner, eine klare Mehrheit errang – mit 304 von 538 Wahlmännern.

Diese Besonderheit des amerikanischen Systems, in dem das Abschneiden eines Präsidentschaftskandidaten in den fünfzig Bundesstaaten, aus denen die Wahlmänner entsandt werden, wichtiger ist als die Gesamtzahl der Wählervoten, kann bei der Abstimmung am 3. November 2020 erneut eine entscheidende Rolle spielen. Denn im Moment deutet alles darauf hin, dass auch diese Präsidentschaftswahl ein Kopf-an-Kopf-Rennen wird. Allerdings ist Trump diesmal Titelverteidiger und nicht Herausforderer.

Wer gegen ihn antritt, müssen die Demokraten in den nächsten Monaten klären. Mehr als zwei Dutzend Bewerber hatten sich gemeldet, die ersten sind bereits ausgeschieden. Am 3. Februar beginnen die sogenannten „Primaires“, die Vorwahlen der Partei. Mitte Juli wird auf einem Parteitag in Milwaukee der Präsidentschaftskandidat gekürt. Dann geht es in die heiße Phase des Wahlkampfes.

Einiges spricht dagegen, dass Trump wieder gewählt wird: Das Impeachment-Verfahren im Kongress belastet ihn, der Handelskonflikt mit China ist nicht gelöst, bei Wahlen in wichtigen Bundesstaaten mussten seine Republikaner gerade Niederlage verkraften. Aber Trump hat sich immer wieder solchen rationalen Erwägungen entzogen. Er ist stets für eine Überraschung gut und seine Kernwählerschaft steht hoch motiviert hinter ihm. Sein stärkster Trumpf aber ist die Schwäche des Gegners: bisher können die Demokraten keinen Kandidaten vorzeigen, der eine klare Siegchance gegen ihn hat.

2. Die Briten sind raus

Sie sind dann mal weg. Nach dem Wahlsieg von Boris Johnson werden es die Briten doch irgendwie schaffen, die Europäische Union zu verlassen. Viel später als geplant und viel weniger geordnet. Trotzdem wird auch an dem Tag, an dem das Vereinigte Königreich zum ersten Mal keine Fesseln aus Brüssel mehr zu spüren glaubt, die Sonne noch einmal aufgehen über der Themse. Beendet ist das Austrittsthema damit keinesfalls. Jeden weiteren Sonnenstrahl wird Johnson als seinen Erfolg verkaufen, den es innerhalb der EU nie gegeben hätte. Und die Remainer werden zahlreiche Beispiele finden, mit denen sie den unaufhaltsamen Abstieg des Königreiches belegen.

3. Reise nach Riad

Die meisten werden im Vorfeld die Stimme erheben, dass es so nicht geht. Dass die Menschenrechte in Saudi-Arabien mit Füßen getreten werden, die Frauenrechte ohnehin. Und dann werden doch alle kommen, wenn Riad im November zum Gipfel lädt. Zum ersten G-20-Gipfel in der arabischen Welt. Die USA haben ihre Truppenpräsenz in der Region ausgebaut – und der große Nachbar Iran ist voll des Zorns. In der islamischen Republik geht es mit der Wirtschaft bergab, die Menschen sind wütend, haben zunehmend Schwierigkeiten für Schulgeld und Essen zu bezahlen. Die Regierung reichert Uran an und keilt nach Außen, die Eskalationsgefahr nimmt zu.

4. China kommt

So etwas gab es noch nie. Beim EU-China-Gipfel in Leipzig treffen im September 2020 die Vertreter aller 27 Mitgliedsländer auf eine gewaltige Delegation aus dem Reich der Mitte, die schon zuvor mit einem dicken Scheckbuch im Koffer durch zahlreiche Mitgliedsstaaten getourt ist. Es wird vor den Kameras viel gelacht – und hinter den Kulissen viel gestritten. Nachdem die Nato im Dezember 2019 China als Bedrohung klassifiziert hat, ist eine Chinastrategie in aller Munde, nur auf dem Papier, da steht sie nicht. Und in der real existierenden Welt existiert sie auch nicht.

Dafür wird China zum Thema bei den deutschen Fußballfans. Schon während der Europameisterschaft haben Schriftzeichen und Firmennamen, die kaum jemand hierzulande kennt, die Bandenwerbung dominiert. Nun drängen chinesische Unternehmen auch als Sponsoren in die Bundesliga.

5. Was kann die Groko noch?

Das neue Jahr beginnt, wie das vergangene endete: mit der Frage, wie viel Wille zur Gemeinsamkeit die Große Koalition in Berlin noch hat. Ein Groko-Ende hieße nicht automatisch Neuwahlen. CDU und CSU könnten Koalitionsgespräche mit FDP und Grünen führen. Und wenn das nichts bringt, bliebe immer noch die Möglichkeit einer Minderheitsregierung.

Angela Merkel hat jedenfalls großes Interesse, das ganze Jahr 2020 im Kanzleramt weiter zu machen. Sie will unbedingt im zweiten Halbjahr die deutsche Ratspräsidentschaft in der Europäischen Union anführen.

Für eine gewisse Entspannung der handelnden Politiker in Berlin wird sorgen, dass 2020 nur eine einzige Landtagswahl ansteht – in Hamburg.

6. Dicke Luft

Die Erdatmosphäre heizt sich weiter auf, die Protestmärsche der Klimabewegung gehen weiter – und die Politik sucht nach einem Klimaschutz, der möglichst nicht weh tut und trotzdem wirkt. 2020 ist das Jahr, in dem die Regelungen des Pariser Klimaabkommens nicht mehr nur auf dem Papier stehen, sondern tatsächlich greifen. Nun gilt es, das vertraglich vereinbarte Ziel zu erreichen: eine Begrenzung der menschengemachten globalen Erwärmung auf deutlich unter 2 Grad gegenüber den vorindustriellen Werten. Die große Koalition in Berlin muss dafür ihr Klimaschutzpaket, das eine CO2-Bepreisung im Verkehr, Kaufprämien für E-Autos und vieles mehr vorsieht, im neuen Jahr in praktisches Verhandeln verwandeln.

7. Jubiläen

2020 ist ein Jahr der Jubiläen und Gedenktage: Solche runden Daten bieten immer wieder Anlass zu kollektivem Erinnern. Alles dürfte überstrahlt werden vom 250sten Geburtstag des Komponisten Ludwig van Beethoven, der bis heute weltweit verehrt wird.

Aber auch die Politik hat Erinnerungswürdiges. Der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker wurde vor hundert Jahren geboren – um genau zu sein: am 15. April 1920 in Stuttgart. Von Weizsäcker war nach Theodor Heuss der bisher einzige Bundespräsident, der zwei vollständige Amtszeiten absolviert hat. In seine Amtszeit fiel die deutsche Wiedervereinigung, die vor 30 Jahren gelang und bis heute nicht vollendet ist.

Man wird weiterer großer Persönlichkeiten gedenken – etwa dem Philosophen Friedrich Engels (geboren 1820), dem Soziologen Max Weber (gestorben 1920) und Papst Johannes Paul II (geboren 1920). Aber auch die wichtigste multilaterale Institution feiert Geburtstag. Die Vereinten Nationen werden 75. Kleiner Randaspekt: Die UN und ihre Unterorganisationen sind zusammen die am häufigsten ausgezeichneten Preisträger – inklusive des Friedensnobelpreises.