Angekommen am Hauptbahnhof: Vietnamesische Pflegerinnen in Stuttgart Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

35 Krankenpfleger aus Vietnam sollen in Stuttgart die Arbeit von Altenpflegern erlernen. Dazu pauken sie Deutsch und erproben die Praxis. Altenheime kennen sie aus ihrer Heimat nicht.

Stuttgart - Mai Trân ist noch schüchtern, ihr Deutsch brüchig. „Ich freue mich, dass ich hier bin“, sagt die 23-jährige Vietnamesin leise und schaut sich am Stuttgarter Hauptbahnhof um. Diese Stadt wird von jetzt an ihr neues Zuhause sein.

Mai ist zusammen mit 34 anderen Vietnamesen in ihrem Alter nach Stuttgart gekommen, um hier eine Ausbildung zur Altenpflegerin zu absolvieren. Unterstützt wird dieses Projekt vom Bundeswirtschaftsministerium und der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Auch Niedersachsen, Bayern und Berlin werben insgesamt 68 junge Vietnamesen an. Viele von ihnen kommen aus ländlichen Regionen, einige aus Vietnams Hauptstadt Hanoi. Alle haben sie dort bereits eine Ausbildung zum Krankenpfleger und einen einjährigen Deutschkurs absolviert. „Ich möchte hier Geld verdienen und es meiner Familie geben, aber auch selbst ein besseres Leben haben“, sagt Mai. Dafür beginne sie jetzt ihre Ausbildung an der Staatlichen Berufsfachschule für Altenpflege in Vaihingen.

Während der rund zweijährigen Ausbildung steht die Praxis im Vordergrund. „Viele der vietnamesischen Schüler haben Dinge wie Hygienemaßnahmen nur in der Theorie gelernt, nun gilt es, sie im hektischen Pflegealltag umzusetzen“, sagt Schulleiter Wolfgang Haug. Diese Neuorientierung können die Schüler in Pflegeheimen der Arbeiterwohlfahrt, der Caritas, der Samariterstiftung und bei den Pflegedienstanbietern BeneVit und dem Eigenbetrieb leben&wohnen erproben. Eine kleine Wohnung bekommen sie von den jeweiligen Trägerverbänden gestellt. Damit Mai sich schnell eingewöhnt, wird sie von einer älteren Vietnamesin betreut: Chuc ist schon seit über einem Jahr hier. Auch sie ist damals mit rund 35 jungen Auszubildenden aus Vietnam nach Stuttgart gekommen, um Altenpflegerin zu werden. Nun hat sie ihr Examen schon fast in der Tasche. „Nur noch die mündliche Prüfung fehlt“, sagt sie stolz.

Erste Gruppe aus Vietnam war schon erfolgreich

Der erste Teil des Projekts sei sehr gut angelaufen, sagt Wolfgang Haug. „Jeder von ihnen hat jetzt einen Abschluss in der Tasche, alle haben prima durchgehalten.“ Fast alle haben nun Übernahmeangebote ihrer Trägerverbände und bleiben dauerhaft in Deutschland.

Von insgesamt 340 Auszubildenden an der Altenpflegeschule haben rund 200 einen Migrationshintergrund. „In der Altenpflege werden dringend Fachkräfte gesucht“, sagt Haug. Die geburtenschwachen Jahrgänge, die jetzt ihren Schulabschluss machen, könnten die Nachfrage nicht decken. „Also müssen wir nach Alternativen suchen.“ Eine davon sei es, Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben. Eine andere Möglichkeit wäre, die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Beispielsweise den Wiedereinstieg nach der Elternphase zu erleichtern. Oder die körperlich anstrengenden Aufgaben auch für ältere Krankenpfleger möglich zu machen.

Mai muss sich erst noch an das Konzept eines Altenpflegeheims gewöhnen. Ihre Großeltern leben in der Familie integriert, ein Pflegeheim kennen sie nicht. So wie fast alle älteren Menschen in Vietnam.