Katrin Schmittinger hat die Grube für einen Neubau ihrer Firma einfach selbst ausgehoben. Foto: Ines Rudel

Während andere Mädchen mit Puppen spielten, tobte Katrin Schmittinger auf Baustellen, von Baggern umgeben. Heute leitet sie einen der größten Baumaschinen-Verleiher in der Region in zweiter Generation. Dabei kritisiert die 33-Jährige, dass zu wenig Frauen in der Branche arbeiten würden.

Esslingen - Katrin Schmittinger ist es mittlerweile gewohnt, dass ihr hinterher gepfiffen wird. Seit sie ein Teenager ist, hat die heute 33-Jährige damit umzugehen gelernt, dass in der Baubranche manchmal ein rauer Ton herrscht. Heute führt sie das Unternehmen Baumaschinen Schmittinger, das ihre Eltern aufgebaut haben, bereits in zweiter Generation. Aus ihrer Kindheit kennt sie Baustellen als Abenteuerspielplätze, seit 2010 ist sie Gesellschafterin und seit 2015 Mitglied der Geschäftsführung des Familienunternehmens. Dieses beschäftigt 45 Mitarbeiter und bietet mehrere hundert Baufahrzeuge auf einem Firmengelände von 10 000 Quadratmetern in Köngen zum Verleih und Verkauf an. Dort empfängt Katrin Schmittinger in einem Büro mit Hofblick im Erdgeschoss. Mit ihren perfekt manikürten Fingernägeln und ihrer weißen Bluse sieht sie nicht unbedingt wie jemand aus, der mit Baggern fährt.

Schmittinger will mehr Frauen in einer von Männern dominierten Branche sehen und mit gutem Beispiel vorangehen. Sie selbst beschäftigt mehrere Distributorinnen. Sie seien zwar Kauffrauen für Büromanagement, kennen sich aber bestens mit den Maschinen aus, betont Schmittinger. Außerdem bildet das Unternehmen im Beruf Land- und Baumaschinenmechatroniker aus. Aktuell sind es insgesamt vier Auszubildende – drei Männer und eine Frau. Schmittinger wünscht sich, dass das Verhältnis ausgeglichener wäre.

Toughe Frauen in der Baubranche

Die zuletzt ausgebildete junge Frau hat Schmittinger sehr beeindruckt. „Sie kam in Jogginghosen vorbei, um die Bewerbung einzuwerfen und sich so das Porto zu sparen“, sagt Katrin Schmittinger, die der Bewerberin damals zufällig auf dem Firmengelände über den Weg gelaufen war. „Mich hat das beeindruckt: Dass sie trotz Jogginghosen tough aufgetreten ist und die Chance genutzt hat, sich persönlich vorzustellen.“ Und tough – das sollte eine Frau schon sein, wenn sie in der Baubranche bestehen will.

Denn Schmittinger hat immer wieder erlebt, dass Männer gegenüber „Frauen und Technik“ Vorurteile pflegen. „Als ich noch Betriebswirtschaft studierte, habe ich einen Riesen-Lkw bei Daimler abholen müssen, wobei mich ein Kommilitone begleitet hat“, sagt Schmittinger. Der Pförtner hielt es für einen Witz, dass sich Schmittinger, die an diesem Tag einen Hosenanzug trug, als Fahrerin eintragen wollte. „Das hat mehrere Minuten Überzeugungsarbeit gebraucht, bis er mir glaubte“, sagt sie. Oder: Ein Kunde, der neulich ein Elektroaggregat ausleihen wollte. „Fast eine halbe Stunde habe ich ihm gesagt, dass das nicht so funktioniert, wie er sich das vorstellt“, sagt Schmittinger. Ein männlicher Kollege, der ebenfalls zu einem anderen Aggregat geraten hatte, überzeugte den Kunden dann in wenigen Sekunden.

Die Baugrube für den Neubau hat Schmittinger selbst ausgehoben

Schmittinger kann zupacken. Das zeigt schon ein Blick zum Neubau auf dem Firmengelände. Schmittinger hat die Grube selbst mit einem Bagger ausgehoben, 500 Quadratmeter, inklusive Beton und alten Lichtschächten. Als sie später nach dem Bürobesuch in einen 6-Tonnen-Straßenbaubagger heißen, und gekonnt die Schaufel schwingt, sind jegliche Zweifel beseitigt.

Die nackten Zahlen in der Branche sprechen eine andere Sprache. Jenseits von Schmittingers Hof ist die Quote der Frauen, die traditionelle Männerberufe ergreifen, noch immer sehr niedrig. Für das kommende Ausbildungsjahr verzeichnet die Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart in typischen Betrieben für den Bereich Bau, Steine und Erden 57 Männer und 28 Frauen, die dort eine Ausbildung beginnen. Dabei wollen alle 28 Frauen Bauzeichnerinnen werden – eine Ausbildung zur Straßenbauerin oder Tiefbaufacharbeiterin macht keine.

Auch in den typischerweise männlich geprägten Mechanik- und Mechatronikberufen sind es im Schnitt etwa acht Mal so viele Männer, die sich hier ausbilden lassen wollen – bei den Fachinformatikern ist diese Tendenz sogar noch krasser. Ein Trend zum Vorjahr ist dabei nicht festzustellen. Außer bei den Fachinformatikerinnen: Da ist die Zahl der Auszubildenden von sechs immerhin auf 14 bei ungefähr 200 männlichen Auszubildenden gestiegen.

„Wir finden es schade, dass sich nicht mehr Frauen für vermeintliche Männerberufe begeistern“, sagt eine IHK-Sprecherin, „doch obwohl unsere Bemühungen groß sind, die Hemmschwellen abzubauen, können wir auch dieses Jahr keine Trendumkehr vermelden.“

Katrin Schmittinger hat derweil ihre ganz eigenen Erfahrungen gemacht. „Wir bemerken, dass immer mehr Frauen zu uns kommen, um sich für den Terrassenbau schweres Gerät zu leihen.“