Knapp 700 Kita-Plätze sind nicht belegt, weil das Personal fehlt. Doch wie man Erzieherinnen gewinnen will, darüber herrscht Uneinigkeit bei der Stadt. Foto: dpa

In Stuttgart warten 3200 Kleinkinder und 220 Kindergartenkinder auf einen Betreuungsplatz. Die Stadt legt beim Kita-Ausbau den Fokus diesmal auf die Drei- bis Sechsjährigen. Wie sie zusätzliche Fachkräfte gewinnen will, ist noch offen.

Stuttgart - Nach wie vor tun sich Eltern in Stuttgart schwer damit, einen Krippenplatz für ein Kleinkind zu finden – trotz Rechtsanspruch. Derzeit fehlen laut Stadtverwaltung noch 3204 Plätze für unter Dreijährige, davon haben 2595 ein- und zweijährige Kinder eigentlich einen Rechtsanspruch auf einen Platz. Aktuell sind somit 42,6 Prozent der unter Dreijährigen mit einem Platz versorgt. Doch das reicht nicht. Im Jugendamt geht man davon aus, dass 81 Prozent der Kinder in dieser Altersgruppe einen Betreuungsplatz brauchen. Hinzu kommt eine neue Entwicklung: Es zeichnet sich ab, dass zunehmend auch drei- bis sechsjährige Kinder keinen Kindergartenplatz finden. Dabei haben auch sie einen Rechtsanspruch auf einen Platz, jedenfalls für sechs Stunden am Tag.

Grund für diesen Engpass, der vor allem Familien in Weilimdorf, Nord, Mitte, Möhringen, Stammheim, West, Zuffenhausen, Bad Cannstatt und Mühlhausen betrifft, sind vor allem Zuzüge. Von den 220 Kindergartenkindern, die im Jugendamt auf der sogenannten Rechtsanspruchsliste stehen, sind 148 aus Stuttgarter Flüchtlingsunterkünften und 72 aus der heimischen Bevölkerung. Insgesamt rechnet man im Jugendamt bei den Drei- bis Sechsjährigen mit einem Anstieg von derzeit 16 854 auf 18 120 Kinder im Jahr 2018.

Versorgung der Kindergartenkinder reicht nur auf Papier aus

Eigentlich müssten derzeit noch für alle Kindergartenkinder die Plätze reichen. Denn der Versorgungsgrad bei dieser Altersgruppe beträgt 104,8 Prozent – allerdings nur rein rechnerisch. Der Jugendamtsvize Heinrich Korn erklärt auf Anfrage, wie es trotzdem zu dieser und den anderen Versorgungslücken gekommen ist. „Es sind nicht alle Plätze immer verfügbar“, sagt er. Gründe seien neben Umbaumaßnahmen, Sanierungen oder Angebotsveränderungen auch fehlende Fachkräfte.

Wie vor kurzem berichtet, hat die Stadt eingeräumt, dass allein wegen Personalmangels – 200 Erzieherstellen sind unbesetzt – knapp 700 vorhandene Kitaplätze nicht belegt werden können; der Personalrat des Jugendamts geht sogar von „weit mehr als 1000 Plätzen“ aus, die notgedrungen leerstehen müssen.

Am Montag, 10. Oktober, wird Isabel Fezer, Bürgermeisterin für Jugend- und Bildung, im Jugendhilfeausschuss erläutern, wie der Ausbau der Plätze weiter vonstatten gehen soll. Schwerpunkt der Maßnahmen soll dieses Mal nicht bei den Krippenkindern liegen, sondern „aufgrund der aktuellen Bedarfssituation“ bei den Drei- bis Sechsjährigen. So sollen nach dem Vorschlag der Verwaltung durch Umstellungen und Erweiterungen der Betreuungsangebote für unter Dreijährige 30 Plätze geschaffen werden und für Kindergartenkinder 515 Ganztagsplätze sowie insgesamt 274 zusätzliche Plätze.

Abbau von Hortplätzen soll zusätzliche Kitaplätze schaffen

Möglich wird dies, weil im Gegenzug 255 Hortplätze für Schulkinder abgebaut werden sollen. Dies entspricht dem Beschluss des Gemeinderats, die Schulkindbetreuung in die Schulen zu verlagern. Stand 1. März 2016 wurden noch 14 Prozent der Schulkinder in einem Hort betreut. Wenn der Gemeinderat den aktuellen Umbauvorschlägen der Verwaltung zustimmt, werden es nur noch 11,7 Prozent sein.

In der Übersicht über die sonstigen Plätze in der Schulkindbetreuung nennt die Stadtverwaltung allerdings nur Zahlen vom 30. September 2015, die aufgrund des fortschreitenden Umbaus der Angebote für Schüler mit Sicherheit nicht mehr aktuell sind. Damals besuchten 2540 Kinder die flexible Nachmittagsbetreuung der verlässlichen Grundschule, 3030 Grundschüler gingen in Schülerhäuser und 3880 in Ganztagsschulen – das entsprach insgesamt einem Versorgungsgrad von 45 Prozent. Dieser dürfte sich inzwischen erhöht haben.

Personalgewinnung steht nicht auf der Tagesordnung

Wie es mit der Gewinnung von Erzieherinnen weitergehen soll und welche zusätzlichen Maßnahmen die Stadt ergreifen will, werden die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses am Montag allerdings nicht erfahren. „Eine Vorlage zur Personalgewinnung ist in der Pipeline“, sagt Korn. Dem Vernehmen nach soll es Abstimmungsprobleme in der Verwaltung geben. Dabei soll es um Finanzierungsfragen gehen.