Die Ladestationen in der Stadt sind gut besucht, die Zahl der E-Autos und Hybride wächst. Die Infrastruktur soll durch neue Säulen mithalten. Foto: Konstantin Schwarz

Der bisherige Platzhirsch EnBW gibt viele Ladesäulenstandorte ab. Die Modalitäten ändern sich, ein Anbieter will auch für die Parkdauer an den Stationen eine Gebühr erheben.

Stuttgart - Von 2021 an werden den Nutzern von Elektroautos und Hybriden in der Landeshauptstadt auf öffentlichen Flächen deutlich mehr Ladestandorte als bisher zur Verfügung stehen. Die Zahl der Anbieter wächst, das gilt aber auch für die Zahl der Preismodelle.

Im kommenden Jahr endet die monopolähnliche Stellung der Energie Baden-Württemberg (EnBW). Der Konzern hatte bei der Bereitstellung der Ladeinfrastruktur in Stuttgart seit 2012 den Vorreiter in einem wenig entwickelten Markt gegeben, dafür Fördergeld von Bund und Land erhalten und gemeinsam mit der Daimler AG und der Stadt die Versorgung der rein elektrisch betriebenen Flotte von Car2go – seit dem Zusammenschluss mit BMW heißt sie Share Now – sichergestellt.

Stadt verzichtet weiterhin auf Pacht

Nach acht Jahren hatte die Stadt 346 neue, zusätzliche Säulen-Standorte und nun auch die 145 bestehenden ausgeschrieben. Sie verzichtet zur Förderung der E-Mobilität weiterhin auf eine Gebühr für die Standorte. Die EnBW hat sich auf nur noch 80 bestehende Standorte beworben, im Losverfahren erhielt sie für 30 den Zuschlag, außerdem wird sie 32 neue betreiben. Hauptgewinner sind die Stadtwerke Stuttgart (62 Bestandsstandorte und 149 neue) und die EZE Network GmbH (41 im Bestand und 128 neue). Die Laufzeit beträgt wiederum acht Jahre. Kleinere Wettbewerber sind Allego (32) und die Telekom (vier Standorte).

Die Frage nach den Gründen für den Teilrückzug aus dem Stuttgarter Markt beantwortet die EnBW nicht wirklich. Man begrüße den Wettbewerb und freue sich „weiterhin einen relevanten Beitrag zur flächendeckenden Verfügbarkeit der Ladeinfrastruktur leisten zu können“, so ein Sprecher. Der wirtschaftliche Aufbau und Betrieb insbesondere der kleinteiligen Wechselstrom-Ladeinfrastruktur (bis 22 Kilowatt Ladeleistung) sei „in der Regel ein langfristig angelegtes Projekt“, so der Sprecher. Die EnBW wisse nach acht Jahren, wie stark ein Standort nachgefragt sei oder eben nicht, liefert Wolfgang Forderer, Leiter der Abteilung Mobilität im Rathaus, einen Erklärungsversuch für das geminderte Interesse der EnBW. Die bietet Wettbewerbern über Partnermodelle App- und Ladekarten-Varianten an und garantiert ihren Kunden im Mobility-Plus-Tarif immer den gleichen Preis – egal, von wem die jeweilige Ladesäule betrieben wird.

Der Preis pro Kilowattstunde variiert

Die neue Ladevielfalt in Stuttgart wird den Kunden auch neue Preismodelle bringen. So will EZE Network nicht nur den Strom, sondern auch die Parkdauer auf den Plätzen bepreisen. Hinter EZE steht deren Gründer Michael Valentine-Urbschat, aber nicht allein. Weiteres Kapital für den Zukunftsmarkt stellten private und institutionelle Investoren, nicht aber ein Energieversorger, so Valentine-Urbschat. Weil Ladesäulen öfter blockiert seien, ohne dass Strom fließe, plane EZE in Metropolen mit einer zusätzlichen Standgebühr von „je nach Lage“ 50 Cent bis zwei Euro pro Stunde Ladedauer. So wolle man die Flächen für den nächsten Kunden schneller wieder freibekommen. Der Strompreis werde dem für Haushalte von etwa 30 Cent pro Kilowattstunde nahekommen. Das entspräche annähernd dem Viellader-Tarif der EnBW. Eine extra Karte sei nicht erforderlich, EC-, Kreditkarte, Apple oder Google Pay sicherten den Zugang, so Valentine-Urbschat.

„Wir geben selbst keine Karte aus, kooperieren mit Plugsurfing, Hubject, New Motion, EnBW, es gelten deren Preise“, sagt Allego-Deutschland-Geschäftsführer Ulf Schulte. Man habe sich um rund 60 Standorte beworben und sehe bei der achtjährigen Konzession ein „tragfähiges Geschäftsmodell“. In Berlin habe Allego im Juli mit 19 000 Ladevorgängen einen Allzeitrekord verbucht.

Schnellladenetz soll stark wachsen

Die Stadtwerke halten sich bei der Preisfrage bedeckt. Kostenmodelle seien „noch in der Abstimmung, Verhandlungen mit den Marktteilnehmern laufen, und diese beeinflussen unsere Modelle“, so eine Sprecherin. Die Stadtwerke haben sich dem Ladeverbund Intercharge angeschlossen. Man plane eine Ladekarte und eine App. Die Roamingfähigkeit mit Intercharge war Teil der städtischen Ausschreibung.

Nicht nur die Zahl der Normalladesäulen, auch die der Schnelllader mit mehr als 50 Kilowatt Leistung soll stark von vier auf 34 zunehmen. Die erste Ausschreibung für 18 Standorte, die für 15 Jahre vergeben werden, beginnt im September. Ihre Lage hängt von der Leistungsfähigkeit des Stromnetzes ab. Michael Hagel von der Mobilitätsabteilung der Stadt hofft, dass bis Oktober Klarheit über ein Bundesprogramm herrscht, zu dem die Kommunen Flächen melden sollen. „Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, werden wir uns sehr gerne in Stuttgart für das Schnellladenetz bewerben“, so der EnBW-Sprecher.