Die Gäubahn – immer noch ist die Strecke Stuttgart-Zürich nicht ausgebaut. Foto: DB AG/Georg Wagner

Als einziges Bahnprojekt in Deutschland steht die Strecke Stuttgart-Zürich kurz vor der Aufwertung im Bundesverkehrswegeplan. Der Bund nimmt eine Bewertung vor, das Land ist vorsichtig optimistisch.

Stuttgart - Im Verkehrsausschuss des Bundestages haben dieser Tage die Beratungen über den Bundesverkehrswegeplan 2030 begonnen – noch bis Ende des Jahres sollen sich Beratungen und Beschlüsse über die Ausbaugesetze für rund 1000 Schienen-, Straßen- und Wasserstraßenbauprojekte des Bundes hinziehen. Für Baden-Württemberg ist quasi in letzter Minute eine Neuerung bei einem wichtigen Projekt erfolgt. Wie aus einer Antwort des Bundesverkehrsministeriums auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Matthias Gastel (Grüne) hervorgeht, steht die internationale Strecke Stuttgart-Zürich kurz vor der planungsrechtlichen Heraufstufung aus dem „potenziellen Bedarf“ in den „vordringlichen Bedarf“.

Gastel hatte das Ministerium gefragt, welches potenziell wichtige Bahnprojekt denn noch vor den Beratungen des Bundestages eine sogenannte „Bewertung“ erfahren werde. Eine Bewertung der Kosten und Nutzen eines Ausbaus ist die Voraussetzung für die Heraufstufung in den „vordringlichen“ Bedarf. Die von Dorothee Bär, der Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium, gegebene Antwort lässt die Verkehrspolitiker in Baden-Württemberg hoffen: Nur ein einziges Bahnprojekt in Deutschland erfahre noch eine Bewertung – das sei die Gäubahn. Dorothee Bär im Wortlaut: „Nach derzeitigem Kenntnisstand soll die abschließende Bewertung für das Projekt Nummer 2-040-V01, Ausbaustrecke Stuttgart-Singen-Grenze D/CH (Gäubahn) noch vor der Abstimmung beziehungsweise Beratung der Ausbaugesetze in den Gremien des Deutschen Bundestages abschließend bewertet werden.“

Weichenstellung für die Finanzierung des Ausbaus

Was verwaltungstechnisch klingt, ist für Verkehrsexperten eine Weichenstellung für eine Finanzierung des Ausbaus der zum Teil noch eingleisigen Gäubahn im Zeitraum bis 2030. „Der massive politische Druck aus Baden-Württemberg hat gewirkt“, sagte Gastel unserer Zeitung. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) stehe unter Druck und wolle nun die Wirtschaftlichkeitsberechnung zum Ausbau der Gäubahn Anfang Dezember im Bundestag vorlegen.

Die Grünen, so Gastel, wollten eine für die Fahrgäste „attraktive“ internationale Zugverbindung zwischen Stuttgart und Zürich mit einer Fahrzeitverkürzung auf zwei Stunden und 15 Minuten. Gegenwärtig sind IC-Züge auf der Strecke knapp drei Stunden unterwegs. Zurückhaltender äußerte sich ein Sprecher des baden-württembergischen Verkehrsministeriums: „Das ist noch nicht das endgültige Go-Zeichen für den Ausbau der Gäubahn. Aber wir sind hocherfreut, dass das Bundesverkehrsministerium einen weiteren Schritt in Richtung Ausbau unternommen hat.“ Es könne aber immer noch der Fall eintreten, dass der Bund in der Wirtschaftlichkeitsberechnung zu einem negativen Ergebnis komme. Aus Sicht des Landes hat er allerdings keinen Grund dazu.

Investitionskosten zwischen 220 Millionen und 285 Millionen Euro

Ende August hatte das Verkehrsministerium in Stuttgart ein Gutachten vorgelegt, wonach der Ausbau zu vertretbaren Kosten und bei guter Fahrplanstabilität möglich sei. „Mit vergleichsweise überschaubaren Investitionen in die Infrastruktur und in Verbindung mit Neigetechnikzügen“, so Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) damals, könnten auf der Gesamtstrecke wie auf Teilbereichen für Fahrgäste deutliche Verbesserungen erzielt werden. Welche der möglichen Ausbauvarianten – sie verschlingen Investitionen zwischen 220 und 285 Millionen Euro – am Ende am sinnvollsten seien, müsse noch geprüft werden. Hermann betonte damals, es gebe keine Gründe mehr, den Ausbau der Gäubahn aufzuschieben.

Auch SPD und CDU in Baden-Württemberg plädieren seit langem für den Ausbau der Strecke. Mitte September hatte der CDU-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Wolfgang Reinhart, erklärt dass sich der Bundesverkehrsminister in einem Gespräch mit CDU-Abgeordneten zuversichtlich geäußert habe, dass die Gäubahn „vordringlich“ werde.

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Annette Sawade aus Künzelsau, Mitglied im Verkehrsausschuss, erklärte, dass der Bundesverkehrswegeplan (BVP) jetzt „auf der Zielgeraden“ sei. Man habe seit dem ersten BVP-Entwurf vom März für Baden-Württemberg entscheidende Verbesserungen erreichen können, was vor allem den Straßenbau anbelange. Sie werde im Ausschuss nach Projekten fragen, die angemeldet seien, aber von der Bevölkerung kritisch gesehen werden, wie beispielsweise der Nordostring Stuttgart oder die B 29 zwischen Röttinger Höhe und Nördlingen. Was die Schiene anbelange, sei man „noch nicht zufrieden“.