Lückenhaft: das Böblinger Radwegenetz, zum Beispiel entlang der Calwer Straße zwischen der Konrad-Zuse- und der Johann-Schütte-Straße Foto: factum/Granville

Nach Ansicht des Gemeinderats tut sich in der Stadt zu wenig für den Radverkehr. Mit mehreren Anträgen wollen alle Fraktionen das umweltfreundliche Verkehrsmittel fördern. Als ersten Schritt soll es eine neue Arbeitsgruppe für Mobilität geben.

Böblingen - Für Radler herrscht nach Ansicht von Willi-Reinhart Braumann Stillstand in Böblingen. „Die Stadt hat fast nichts für das Fahrradfahren getan“, kritisierte der CDU-Stadtrat am Mittwoch im Ausschuss für Technik und Umwelt. In die Haushaltsdebatte bringt er deshalb den Antrag „Verbesserung Radverkehr“ ein – mit fünf Punkten. „In Böblingen fehlt ein Konzept“, bemängelte auch Stefan Belz von den Grünen, die mit drei Vorschlägen mehr Einsatz für die Radler fordern. Frank Hinner von den Freien Wählern vermisst ebenfalls einen Plan. „Die Radwege sind bei uns wirklich katastrophal“, klagte er. „Wir sind für alle Verkehrsteilnehmer gewählt“, konterte der Oberbürgermeister Wolfgang Lützner die Kritik. Am Ende wurden fast alle Anträge und die Diskussion einstimmig vertagt – in eine neu zu gründende Arbeitsgruppe für Mobilität.

Die Unzufriedenheit mit den Radwegen geht weit

Die Unzufriedenheit mit der Böblinger Fahrradinfrastruktur geht nämlich weit: „Wenn Radwege gebaut werden, dann so, dass sie nicht funktionieren“, lautete das vernichtende Urteil von Thorsten Breitfeld. Der CDU-Stadtrat bemängelte, dass die Verwaltung nur „kleinklein“ mache. Laut dem Antrag seines Fraktionskollegen soll mit einer Radverkehrsstrategie Abhilfe geschaffen werden, die ein Fachbüro für rund 50 000 Euro ausarbeiten soll. Den Ausbau des Radwegs an der Tübinger Straße, Radboxen für die S-Bahnhöfe und mehr Abstellplätze in der Stadtmitte fordern die Christdemokraten außerdem. Ringe an Ampeln und Laternenmasten für zehn größere Kreuzungen sollen den Radfahrern das Absteigen ersparen.

Die Grünen wünschen sich Schutzstreifen für Radler an der Sindelfinger Straße und eine Untersuchung der Verkehrsmittelnutzung. Die jährlichen Ausgaben für die Radinfrastruktur sollen um 150 000 auf mindestens 200 000 Euro steigen.

Der Oberbürgermeister verwahrte sich dagegen, in Sachen Radwege eine Blockadepolitik zu betreiben. „Kein Mitarbeiter im Rathaus hat ein Interesse daran, eine Gruppe auszubremsen“, betonte Wolfgang Lützner. Er wies auf die allgemeine Problematik in der Stadt hin: viel Durchgangsverkehr und zu wenig Platz auf den Straßen. Sein Vorschlag lautete, eine Arbeitsgruppe für Mobilität zu gründen, um alle Verkehrsteilnehmer im Blick zu haben.

Die von der CDU verlangte Radverkehrsstrategie soll das Gremium aufgreifen und die meisten anderen Vorschläge auch. Als Diskussionsgrundlage soll die von den Grünen beantragte Untersuchung der Verkehrsmittelnutzung dienen. Allerdings will sich die Verwaltung einer flächendeckenden Studie anschließen, wie sie momentan von den Technischen Universität Dresden angeboten wird. Ein Einstieg kann möglicherweise erst im Jahr 2018 erfolgen.

Freuen können sich die Fahrradfahrer immerhin bald über Haltegriffe an Laternenmasten und Ampeln. Diese Anschaffung wurde einstimmig beschlossen.

Radwegeplanung gilt als schwierig

Im Fall der Tübinger Straße hätten die Verwaltung und der Gemeinderat vor zehn Jahren auf Radwege verzichtet, weil das Geld dafür gefehlt habe, erklärte Frank Bader. Dafür konnte der Leiter des Tiefbauamts in der Sitzung gleich noch Pläne für zwei neue Abschnitte für Fahrradfahrer in Böblingen vorstellen: Sowohl in der Friedrich-List-Straße als auch in der Herrenberger Straße wird die Radverkehrsführung in den nächsten zwei Jahren ausgebaut.

„Radwegeplanung ist ein aufwendiges Geschäft“, sagte Frank Bader. Entscheidend dafür seien die Personalressourcen, und diese sind im Rathaus bekanntermaßen knapp. Die Umgestaltung der Friedrich-List-Straße machte dann auch sofort deutlich, wie kompliziert die Planung sein kann. Von der Sindelfinger Straße bis zur Mühlbachstraße ist genug Platz für zwei Fahrradstreifen an beiden Seiten vorhanden. Bis zum Kreisverkehr, im Kreisel und bis zum Elbenplatz fehlt dieser Platz. Die bekennenden Fahrradfahrer Frank Hinner und Thorsten Breitfeld forderten daraufhin einen Radweg auf dem Gehweg. Doch dort müssten die Radler drei Furten überqueren, was die Strecke nicht sicherer machen würde, erläuterte Frank Bader. In der Gegenrichtung gibt es keine andere Wahl, als die Radfahrer auf den Gehweg zu verlagern, weil der Kreisverkehr zweispurig ist.

Mit den Plänen für die Herrenberger Straße waren sofort alle einig: Auf der breiten Straße haben die Radwege am Rand problemlos bis zur Hewlett-Packard-Straße Platz. „Top, super“, lobte Frank Hinner.