Die Wiedmann-Bibel ist im größten Bibelmuseum in Washington ausgestellt. Foto: Alan Karchmer/Bibelmuseum Washington

Willy Wiedmanns Leporello ist seit Samstag im Bibelmuseum Washington ausgestellt.

Bad Cannstatt - Die Wiedmann-Bibel hat seit ihrer Entdeckung schon einen weiten Weg hinter sich gebracht und mobilisiert die Menschen. „Viele Cannstatter haben sie noch in guter Erinnerung: die Präsentation der Wiedmann-Bibel auf 1517 Metern Länge zum Reformationsjubiläum am 31. Oktober 2017 in der Cannstatter Altstadt“, erinnert sich Pfarrer Florian Link von der Stadtkirche. Mehr als 700 Ehrenamtliche haben damals mitgeholfen, um die von Willy Wiedmann gemalte Bibel auszubreiten und zu zeigen. Und Tausende waren zu diesem besonderen Ereignis in die Cannstatter Altstadt gekommen, um dieses einmalige Werk zu bestaunen.

Und die Präsentation des epischen Werks im vergangenen Jahr in Magdeburg war sogar so spektakulär, dass sie nun offiziell das größte Leporello der Welt ist. Mit einer Fläche von 645,2 Quadratmetern wurde das Faltbuch vom Guinness-World-Records- Team ausgezeichnet. Ursprünglich sollte das Werk den Rekord als längste Bibel holen. Da dafür aber keine Kategorie zur Verfügung stand, bot das Weltrekord-Team alternativ den Titel des größten Faltbuchs an.

Anfänge im Jahr 1984

Jetzt wird die Bibel derzeit im größten Bibelmuseum der Welt in Washington gezeigt mit einer Ausstellung über Willy Wiedmann. „Es ist das bislang bedeutendste Ereignis“, sagt Willy Wiedmanns Sohn Martin Wiedmann.

Ihren Anfang hat die Wiedmann-Bibel 1984 genommen. Da begann der Cannstatter Künstler Willy Wiedmann damit, die Bibel in seinem von ihm geschaffenen Polykonstil zu malen und sich damit intensiv auseinanderzusetzen. Dabei bedeutet „polykon“: viele Ecken. Wiedmann hat die Motive in dieser Vieleck-Malerei abstrahiert. Die vielen Ecken bedeuteten für ihn die Unendlichkeit, denn er konnte unendlich viele Ecken an die einzelnen Abschnitte ansetzen, wie er einmal erklärte. Und die Unendlichkeit birgt auch die göttliche Nähe. 16 Jahre hat der Künstler an der Bibel gearbeitet, mit ihren 3333 Seiten. Die Bibel gibt das komplette Alte und Neue Testament in Bildern wieder. Weltweit besteht keine vergleichbare Version. Der Künstler Willy Wiedmann (1929 – 2013) konnte seine Bibel nie veröffentlichen, hat aber immer davon geträumt. Nur wenigen hat er zu Lebzeiten das Werk gezeigt, das er in Leporello-Form geschaffen hat. Nach seinem Tod hat sich sein Sohn Martin Wiedmann um die Veröffentlichung gekümmert und sie erstmals beim Schaufenster Kultur der Initiative Kulturnetz Bad Cannstatt gezeigt und auf dem Kirchentag in Stuttgart. Wiedmanns Bibel-Bilder sind bereits auf DVD, in einer App und in einem Virtual-Reality-Programm zu bestaunen. Bei der Frankfurter Buchmesse 2017 wurde sie erstmals in einer gedruckten Ausgabe präsentiert.

Auf zwei Buchmessen

In diesem Jahr war das neue Prachtexemplar, das erstmals alle Gemälde und Texte Wiedmanns enthält, auf der Leipziger und der Frankfurter Buchmesse zu sehen. In Zürich hat der Lichtkünstler Gerry Hofstetter Bilder der Bibel auf das Großmünster geworfen, und im Kanton Schwyz auf das Kloster Einsiedeln, auch in den USA in South Carolina und New Jersey. Weitere Installationen sind in den USA geplant. Einige Prominente erhielten die Wiedmann-Bibel wie Stuttgarts OB Fritz Kuhn, VfB-Präsident Wolfgang Dietrich und der südafrikanische Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu.