Bevor die Exponate zur Versteigerung kommen, werden sie geschätzt. Foto: dpa/Uwe Anspach

Momentan boomen der Auktions- und der Pfandmarkt. Viele Menschen machen auch in Stuttgart ihre Luxusgegenstände zu Geld, um finanzielle Engpässe zu überbrücken. Das hat mehrere Gründe.

Für viele Menschen werden die Finanzen immer knapper: Während die Preise steigen, ist das Geld durch die Inflation immer weniger wert. „Sachwerte sind gerade sehr gefragt“, sagt Ferdinand Eppli, der Geschäftsführer des gleichnamigen Auktionshauses in Stuttgart. Vor Kurzem konnte der Familienbetrieb bei einer Auktion den Rekordumsatz von 1,3 Millionen Euro verbuchen. Vor allem Luxusuhren und teurer Schmuck sind gefragt.

Gewerbetreibende müssen finanzielle Engpässe überbrücken

Nicht diejenigen, die finanziell auf dem letzten Loch pfeifen, kommen in diesen Tagen zu Eppli, um ihre Wertgegenstände versteigern zu lassen oder zu verpfänden. Laut dem Geschäftsführer sind es vor allem Unternehmer und Selbstständige, die die Folgen der Rezension spüren und relativ kurzfristig Geld brauchen, um einen finanziellen Engpass zu überbrücken – beispielsweise weil ein Kunde nicht zahlt, die Materialkosten hoch sind oder die Auftragslage schlecht ist. „Seit Anfang des Jahres 2022 wurde bei uns die Darlehenssumme bei Pfandkrediten gegenüber 2021 bereits um 60 Prozent erhöht“, sagt Eppli. 95 Prozent der Kunden würden ihr Pfand später wieder auslösen. Grundsätzlich laufe ein Pfandvertrag vier Monate lang, könne gegen Gebühr aber auch verlängert werden. Laut Eppli bekommen Gewerbetreibende momentan Sonderkonditionen. Das sehe man als soziale und unternehmerische Pflicht an, um Mittelständler und Selbstständige in diesen Krisenzeiten zu unterstützen.

Klassisches Beispiel für gefragte Wertgegenstände sind Luxusuhren. Die Rolex, die in guten Zeiten angeschafft wurde oder die aus einem Erbe stammt, wird jetzt zu Barem gemacht. Und Käufer gibt es laut Ferdinand Eppli genug – national und international. Die fünf Auktionatoren der Firma haben gut zu tun. Mittlerweile hat die Technik auch hier Einzug gehalten, die Veranstaltungen können live im Internet verfolgt werden. Wer angemeldet ist, darf auch mitbieten. Viele Kunden sitzen in China und den USA.

Nicht nur die Auktionatoren, auch die Schätzer im Expertenzentrum am Marktplatz sind voll ausgelastet. An manchen Tagen stehen bis zu 80 Kunden vor der Tür – deshalb empfiehlt es sich, vorher einen Termin auszumachen. Es könnten mehr Leute bedient werden, doch dafür mangelt es momentan an Experten – diese werden händeringend gesucht.

Eine Armbanduhr für 150 000 Euro

Fünf Auktionen pro Monat werden veranstaltet, zwischen 250 und 500 Gegenstände kommen dabei jeweils unter den Hammer. Besonders exquisite Sachen landen in so genannten Best-of-Auktionen, die es nur zweimal jährlich gibt. Bei einer solchen wurde Anfang September der neue Rekordumsatz von 1,3 Millionen Euro erzielt. Normalerweise gehen bei „Best of“ deutlich weniger als eine Million Euro über den Tisch. Anteil an der Rekordsumme hatte eine goldene Armbanduhr des Schweizer Edelherstellers Patek Philippe. Für 150 000 Euro fand der seltene Zeitmesser einen neuen Besitzer. Dabei dürfte es sich freilich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht um einen Zeitgenossen handeln, dessen Finanzen sich aktuell in der Krise befinden.