Sommer 2019 in der Stadt: sonnig, heiß, aber auch nass genug. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Auch der Sommer 2019 war in Stuttgart in der Statistik der Meteorologen wieder viel zu warm – wie seit 32 Jahren. Dafür hat es aber genug geregnet.

Stuttgart - Das Land präsentiert sich wieder mal so trocken wie die Zimtsterne vom letzten Weihnachten, die man im April in einer Schachtel in einem unzugänglichen Winkel des Küchenschranks gefunden hat. Trockenstress ist das Motto des Sommers. Ministerpräsident Winfried Kretschmann gibt Teile des Waldes im Südwesten als unrettbar auf, die Bäume im Schwetzinger Schlossgarten sind am verdursten, weshalb die Gemeinde den Klimanotstand ausruft. Und was meldet der Deutsche Wetterdienst (DWD) für den am 31. August zu Ende gegangenen meteorologischen Sommer für Stuttgart? „Mit 218 Litern Regen pro Quadratmeter war die Periode zwischen dem 1. Juni und Ende August in Stuttgart nur ein wenig zu trocken“, sagt der DWD-Meteorologe Andreas Pfaffenzeller. Konkret fielen knapp 94 Prozent des langjährigen Mittels, der August war mit 91 Litern pro Quadratmeter und 120 Prozent Regenmenge sogar deutlich nasser als der Schnitt. Zum Vergleich – vor einem Jahr wurden im August in Stuttgart gerade mal 31 Liter gemessen.

Der August war zu warm

Der wassertechnisch nahezu normale Sommer bedeutet aber sicher nicht, dass die Trockenheit im Land nur eingebildet ist. Stuttgart hat einfach Glück gehabt, dass sich bei schwachen Winden einige Regenfronten lange über der Stadt gehalten haben. So regnete es allein am 7. August 31 Liter, also genau so viel wie vor einem Jahr im ganzen Monat. Und die Auswirkungen kann man sehen: Die Stadt ist noch ziemlich grün, eine Oase in einem trockenen Land. Das liegt auch daran, dass im Jahresvergleich nur knapp mehr als zehn Liter zu einem Durchschnittsjahr fehlen.

Es sollte aber deshalb keiner auf die Idee kommen, den Klimawandel als Hirngespinst von Umweltschützern abzutun. Ist er nicht und auch alle andere Wetterindikatoren sprechen eine deutliche Sprache. Der August war in Stuttgart im Schnitt um 2,3 Grad zu warm, der gesamte Sommer sogar um satte drei Grad und damit der viertwärmste seit Aufzeichnungsbeginn des DWD 1951. Heißer war es nur 2003, 2015 und vor einem Jahr. Dass der Sommer auch ganz anders kann, zeigte das Jahr 1956 mit einer Durchschnittstemperatur von frischen 15,7 Grad. Auffällig bleibt, dass die heißesten Sommer allesamt in den vergangenen 16 Jahren lagen.

Auch die Sonne machte im August wieder mächtig Überstunden in der Landeshauptstadt. Knapp 239 Stunden Sonnenschein sind etwa 112 Prozent des langjährigen Mittels, der gesamte Sommer war sogar noch wesentlich strahlender. 815 Stunden Sonne pur seit 1. Juni. Mehr gab es in Stuttgart nur 2013 (860 Stunden) und – jetzt kommt der statistische Ausreißer – 1964, als es die Sonne auf 841 Stunden brachte. Es gab also tatsächlich auch schon Supersommer in einer Zeit, in der noch keiner vom Klimawandel sprach. Aber, wie gesagt, das ist eine Ausnahme.

Der Herbst beginnt mit Temperaturen über 25 Grad

Der Trend bleibt aber klar – es wird peu à peu wärmer. Der letzte Sommer unter dem langjährigen Mittel von 17,6 Grad war 1987 (17,4 Grad), also vor 32 Jahren. Stuttgart nähert sich klimatisch immer mehr den Gebieten südlich des Alpenhauptkamms an. „Der Sommer 2018 war zum Beispiel vergleichbar mit dem in der Region Bozen“, sagt Andreas Pfaffenzeller. Und der aktuelle war ja nur ein halbes Grad weniger heiß als der 2018. Insgesamt wurden 2019 insgesamt 54 Sommertage mit Temperaturen über 25 Grad (Durchschnitt 28 Tage) und 18 heiße Tage über 30 Grad (Durchschnitt 5 Tage) in Stuttgart gelistet. Eine Entwicklung, die man auch im Weinbau spürt, wo man bereits mit Rebsorten experimentiert, die hier bisher nicht richtig gedeihen wollten.

Jetzt ist also Herbst – zumindest für die Meteorologen. Aber eher auch auf dem Papier. Die Prognosen sind für die kommenden Tage: Spätsommer vom feinsten mit Temperaturen noch mal um und über 25 Grad. Zum Wochenende könnte es dann kühler und gelegentlich nass werden. Das wäre aber nicht so schlecht, damit der hart erarbeitete Regenbonus nicht gleich wieder zu Staub wird.