Politik und Wirtschaft schreiten Seit’ an Seit’ (von links): Audi-Produktionschef Waltl, Porsche-Vizechef Meschke, Ministerpräsident Kretschmann und Daimler-Chef Zetsche. Foto: dpa

Die baden-württembergische Landesregierung sucht den Schulterschluss mit der Wirtschaft, um sie beim rasanten technologischen Wandel zu unterstützen. Der Südwesten soll damit einer der führenden Produktionsstandorte bleiben.

Stuttgart - Die baden-württembergische Landesregierung will den tiefgreifenden technologischen Wandel in der Autoindustrie mit einer breit angelegten neuen Initiative unterstützen. „Wir haben heute eine strategische Partnerschaft vereinbart, um gemeinsam die Zeitenwende in der Autoindustrie zu meistern“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nach einem ersten Treffen mit Spitzenmanagern von Autobauern, Zulieferern und der Elektrizitätsbranche. An dem dreistündigen Treffen in Stuttgart nahmen auch das halbe Kabinett sowie Wissenschaftler, Vertreter von Kammern und Verbänden teil.

„Baden-Württemberg soll auch zukünftig ein führender Automobilstandort sein, ein Vorreiter für klimaschonende Mobilität mit guten Arbeitsplätzen“, sagte Kretschmann und wies auf die großen Herausforderungen durch den epochalen Wandel in der Branche hin: den Übergang zum emissionsfreien und autonomen Fahren, die zunehmende digitale Vernetzung und die Entwicklung von Geschäftsmodellen, etwa im Bereich neuer Mobilitäts- und Serviceangebote auf Internet-Plattformen.

Die Automanager begrüßen die Initiative der Landesregierung

Die rasanten Veränderungen hätten das Zeug dazu, die Wettbewerbsverhältnisse zu verändern, warnte der Ministerpräsident. Es stehe viel auf dem Spiel. „Die Aufgaben sind gewaltig, aber ich bin überzeugt, dass wir sie gemeinsam stemmen können“, meinte Kretschmann. Damit dies gelinge, habe man einen langfristig angelegten strategischen Dialog gestartet.

Daimler-Chef Dieter Zetsche und Bosch-Chef Volkmar Denner begrüßten die Initiative der Landesregierung in einer Pressekonferenz nach dem Treffen ebenso wie Porsche-Vizechef Lutz Meschke und Audi-Produktionschef Hubert Waltl. Es sei immer besser sei, miteinander als übereinander zu sprechen, sagte Zetsche. Es sei eine gute Veranstaltung in einer konstruktiven Atmosphäre gewesen. Allerdings habe man noch keine wirkliche Diskussion führen können, weil der Kreis dafür zu groß und die Zeit zu kurz gewesen sei. Insgesamt bestand die Runde aus gut 40 Gesprächspartnern. Nachdem Betriebsräte aus der Autobranche einen Protestbrief an Kretschmann geschrieben hatten, durften, anders als zunächst geplant, auch Daimler-Betriebsratschef Michael Brecht und Bosch-Vizebetriebsratschef Hartwig Geisel teilnehmen. Ursprünglich sollte allein Roman Zitzelsberger, der Stuttgarter Bezirksleiter der IG Metall, die Arbeitnehmerinteressen vertreten. Die Mitarbeiter müssten aktiv in den technologischen Wandel eingebunden werden, erklärte Zitzelsberger nach dem Treffen. Enttäuscht zeigte sich das Handwerk, dass es nicht in das Neue Schloss eingeladen worden war. „Die Automobilwirtschaft endet nicht an den Werkstoren von Daimler und Porsche“, sagte Landeshandwerkspräsident Rainer Reichhold. Alternative Antriebe, ein verändertes Mobilitätsverhalten und der demografische Wandel würden auch Handwerksbetriebe mit voller Wucht treffen.

Die Nachrüstung von Dieselmotoren ist nur ein Randthema

Die Nachrüstung von Dieselmotoren der Schadstoffklasse Euro 5, mit der Fahrverbote in Stuttgart vermieden werden sollen, wurde laut Kretschmann bei dem Spitzentreffen nur am Rande angesprochen. Kretschmann wies darauf hin, dass dieses Thema in Verhandlungen des Verkehrsministeriums mit der Autobranche diskutiert werde. Man sei sich jedoch einig gewesen, dass diese Fragen zügig geklärt werden müssten, damit die negative Diskussion über die Stadt und den Standort beendet werden könne. Nach dem Auftakttreffen soll nun laut Kretschmann eine schlanke Arbeitsstruktur für einen kontinuierlichen Dialog zwischen Politik, Wirtschaft und Wissenschaft aufgebaut werden. In welcher Form dies genau stattfinden soll, wird nach Angaben des Ministerpräsidenten bis zum Sommer geklärt. Eine Schlüsselrolle könnte dabei nach seinen Angaben die Landesagentur e-mobil BW spielen, die bisher Anlaufstelle für das Thema Elektromobilität ist und ihr Aufgabengebiet ausweiten könnte.