Das Werkrealschulgebäude soll abgerissen werden – wenn der Beschluss des Gemeinderats Bestand hat. Foto: factum/Granville

Der Gemeinderat will einen Neubau der Konrad-Kocher-Schule, keine Sanierung. Der Oberbürgermeister Michael Makurath prüft rechtliche Schritte gegen das Votum: Es gehe um Steuergelder in Millionenhöhe.

Ditzingen - Am Ende nutzte das Werben des Oberbürgermeisters Michael Makurath nicht: Der Gemeinderat stimmte mit 14 zu neun Stimmen bei drei Enthaltungen für einen Neubau der Konrad-Kocher-Schule in Ditzingen. Dieser Plan soll nun weiter untersucht werden. Der Rat votierte damit – wie der Ausschuss zuvor – gegen den Verwaltungsantrag, das Gebäude zu sanieren. Noch in der Sitzung kündigte der Rathauschef an, rechtliche Schritte gegen den Beschluss zu prüfen. Das Stadtoberhaupt kann Widerspruch einlegen: „Ich hafte, wenn ich nicht widerspreche. Ein Verstoß gegen haushaltswirtschaftliches Handeln ist rechtswidrig“, begründete er den Schritt. Schließlich gehe es um mehrere Millionen Euro.

Der Schulneubau ist die deutlich teurere Variante. Er wird auf 33,7 Millionen Euro geschätzt. Die Sanierung wird mit rund 30 Millionen Euro kalkuliert. „Wir gehen mit dem Geld der Bürger um“, argumentierte der Rathauschef gegen die teurere Variante. Bei einem Neubau verzichte die Stadt zudem auf staatliche Fördergelder in Höhe von rund zwei Millionen Euro. Das habe ein Gespräch mit dem Regierungspräsidium ergeben. „Wir wären die erste Stadt in Baden-Württemberg, die einen Neubau unter Verzicht der Schulbauförderung in Angriff nehmen würde.“

Rathauschef lässt Vorgehensweise prüfen

Nach der Gemeindeordnung muss der Vorsitzende des Gemeinderats dessen Beschlüssen widersprechen, wenn er von deren Gesetzeswidrigkeit überzeugt ist. Und e muss nicht, aber kann widersprechen, wenn er der Meinung ist, dass der Beschluss für die Kommune nachteilig ist – was in Ditzingen der Fall sein könnte. Schließlich wird die Schule über Kredite finanziert. Die Stadt muss mehr Schulden für den Bau der neuen zentralen Grundschule machen als für eine Sanierung.

Makurath hat sich mit dem Regierungspräsidium beraten, seine Entscheidung steht aus. Ein Verwaltungschef muss seinen Widerspruch nicht zwingend der Aufsichtsbehörde vorlegen. Diese hat nach eigenen Angaben deshalb auch keine Übersicht, wie oft widersprochen wird.

Während die Freien Wähler in ihrer Meinung geschlossen der Verwaltung folgten, argumentierte die CDU – die mit Abstand stärkste Fraktion im Rat – vehement gegen eine Sanierung. Dessen Vertreter Sven Sautter begründete dies auch mit der Gestaltung des Bestandsgebäudes, der von einem „unzweckmäßigen, großen Treppenhaus“ geprägt sei – Raum also, der wenig genutzt werden könne.

An diesem Standort werden die beiden Grundschulen der Kernstadt zusammengelegt. Die Schulleiter hatten sich für einen Neubau ausgesprochen. Sie sollten laut CDU für ihr pädagogisches Konzept auch die entsprechenden Rahmenbedingungen haben. Selbst wenn am Ende die Sanierung am Ende 15 Prozent günstiger sei als ein Neubau, „dann stehen wir zu den 15 Prozent“, sagte Sautter.

CDU und Freie Wähler geschlossen

Unterstützung bekam der CDU-Rat dafür aus den Reihen der Grünen und der SPD. Beide Fraktionen waren in der Frage gespalten. Die SPD-Fraktionschefin Sabine Roth hatte Makurath vorgeworfen, die „große Keule“ auszupacken, da er den Rat gar „vor unrechtmäßigen Handlungen gewarnt“ habe. Doch „ich persönlich bin geneigt, das Risiko einzugehen“, so Roth.

Wie die CDU präsentierten sich die Freien Wähler geschlossen – für eine Sanierung. Frank Hagenlocher führte Erfahrungen von Schülern und ihm zufolge auch von Pädagogen an, die das Treppenhaus des Gebäudes nicht als störend erachten, es vielmehr „als Chance empfinden“. Hagenlocher erinnerte an die Sitzung des Fachausschusses, in welcher der Schulamtsleiter darauf verwiesen habe, dass gute Pädagogik eben nicht an einem Raum hänge.

Rathauschef kann gegen Beschlüsse vorgehen

Gemeindeordnung
Wenn der Vorsitzende des Gemeinderats, also der Bürgermeister oder Oberbürgermeister, einem Beschluss des Gemeinderats widerspricht, muss er dies binnen einer Woche dem Gemeinderat mitteilen. Er muss einem rechtswidrigen Beschluss widersprechen. Und er kann einem Beschluss widersprechen, wenn er davon überzeugt, dass dieser zum Nachteil der Kommune ist.

Gemeinderat
Nach einem Widerspruch muss der Gemeinderat binnen drei Wochen nach der ersten Sitzung erneut entscheiden. Er kann seine Meinung revidieren. Bleibt er bei einem rechtswidrigen Beschluss, widerspricht der Rathauschef erneut. Dann entscheidet die Aufsichtsbehörde der Kommune, also das Landratsamt oder Regierungspräsidium. Bleibt es bei einem vermeintlich nachteiligen Beschluss, hat dieser Bestand.