Die Entscheidung der Landesregierung, den Normenkontrollrat aufzulösen, sorgt für heftig Kritik (Archivbild). Foto: IMAGO/Bernd Elmenthaler/IMAGO/Bernd Elmenthaler

Eigentlich hat sich Kretschmann den Bürokratieabbau für seine letzte Amtszeit ganz oben auf die To-Do-Liste gesetzt. Jetzt löst er ausgerechnet das Gremium auf, das ihm dabei helfen sollte. Der Ärger ist gewiss.

Die Landesregierung hat sich den Bürokratieabbau auf die Fahnen geschrieben. Nun muss sie heftige Kritik einstecken für ihre Entscheidung, den Normenkontrollrat zum Jahresende aufzulösen. Die Abschaffung des Rates sei „ein herber Rückschritt für den Bürokratieabbau“, teilte die Vorsitzende des Gremiums, Gisela Meister-Scheufelen (CDU), mit. „Angesichts der enormen Überbürokratisierung, mit der unsere mittelständische Wirtschaft zu kämpfen hat, halten wir diese Entwicklung für sehr problematisch.“ Der Städtetag kritisierte das Aus als „falsches Signal“.

Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen erfahren hatte, wird die Amtszeit des amtierenden Rates nicht verlängert. Der Normenkontrollrat soll demnach inhaltlich wie auch personell neu aufgestellt werden und besser mit den Maßnahmen der Landesregierung zum Abbau von Bürokratie „verzahnt“ werden, hieß es.

Dem Vernehmen nach konnte der Rat die in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllen. Das Gremium kritisiere lediglich und mache keine konkreten Verbesserungsvorschläge, hieß es. Die Kooperation sei dürftig gewesen. Daher habe der Rat in Landesregierung und Landtag keinerlei Beachtung gefunden, so die Kritik nach dpa-Informationen.

So reagiert die Ratsvorsitzende auf die Kritik

Diese Art der öffentlichen Kommentierung sei „stil- und respektlos“, kritisierte nun die Ratsvorsitzende Meister-Scheufelen. „Wer die Vorschläge und Studien des Rats gelesen hat, kann nicht zu diesem Ergebnis kommen.“ Dass bisher zu wenig Bürokratie abgebaut worden sei, liege nicht an fehlenden Vorschlägen, sondern an fehlender politischer Priorisierung. Der Rat habe 160 konkrete Vorschläge seit 2018 gemacht, von denen die Landesregierung 60 umgesetzt habe. Der Regierung fehle es an Entschlossenheit im Kampf gegen Bürokratie. Der Normenkontrollrat hingegen sei im Auftrag der Landesregierung von einer unabhängigen Institution evaluiert und sehr gut bewertet worden.

Der Normenkontrollrat hatte 2018 im Südwesten die Arbeit aufgenommen, um die Politik als unabhängiges Expertengremium beim Abbau von Bürokratie zu beraten und zu unterstützen. Der Rat besteht aus sechs ehrenamtlichen Mitgliedern und ist beim Staatsministerium angesiedelt. Noch-Chefin des Gremiums ist die ehemalige Landtagsabgeordnete Meister-Scheufelen.

Auch der Städtetag reagierte prompt

Auch der Städtetag äußerte sein Unverständnis über die geplante Auflösung. „Der Ministerpräsident kann nicht einerseits einen „Masterplan“ für weniger Bürokratie ankündigen und im gleichen Atemzug das Gremium abschaffen, dessen ureigenste Aufgaben seit nunmehr fünf Jahren die Vermeidung und der Abbau von unnötiger Bürokratie sind“, sagte Ralf Broß, der neue Geschäftsführer des Kommunalverbands. Der jetzige Schritt stimme nicht allzu hoffnungsvoll, dass das Land ernst machen werde mit den deutlichen Veränderungen, die auf allen Ebenen nötig seien.

Die FDP sprach am Wochenende von einer rein politischen Entscheidung der Landesregierung. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) habe keinen der Vorschläge des Normenkontrollrats umgesetzt, sagte FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke: „In einem plumpen Politikmanöver soll die grün-schwarze Untätigkeit nun dadurch kaschiert werden, dass die Verantwortung für den Stillstand auf den Normenkontrollrat abgewälzt und das mittlerweile unliebsame Expertengremium als Sündenbock kurzerhand aufgelöst wird.“