Einbrecher schlagen in den Stadtbezirken unterschiedlich oft zu. Klicken Sie sich durch die Bildergalerie - welche Bezirke sind am wenigsten, welche am meisten betroffen? Foto: dpa

Alarm bei der Polizei in der Region: Die bundesweit bescheidene Aufklärungsquote von 16 Prozent bei Wohnungseinbrüchen wird im Großraum Stuttgart sogar noch deutlich unterboten. Leistet die Polizei schlechte Arbeit?

Stuttgart - Manchmal werden Wohnungseinbrecher auf frischer Tat erwischt. Und manchmal ist es der sechste Sinn, dass mit einem Ford Mondeo aus dem Ennepe-Ruhr-Kreis, von der Polizei in der Stadt gesichtet, etwas nicht stimmen kann. Der Wagen ist auf eine Frau osteuropäischer Herkunft zugelassen. Das ist an sich nicht verdächtig. Doch die in Nordrhein-Westfalen gemeldete Frau hat noch fünf weitere Autos auf ihren Namen angemeldet, und sie ist unter verschiedenen Aliasnamen polizeilich bekannt. Als der Wagen in Untertürkheim gestoppt wird, fliegt eine Gruppe von mutmaßlichen Wohnungseinbrechern auf.

Die zwei 22 und 27 Jahre alten Frauen, begleitet von einem angeblich 14-jährigen Mädchen und 13-jährigen Jungen, sind der jüngste Erfolg der Stuttgarter Polizei gegen Wohnungseinbrecher. 30 Verdächtige, meist Angehörige reisender Einbrecherbanden aus Südosteuropa, sind in den letzten Wochen und Monaten ins Netz gegangen.

Doch die Zahlen sprechen eine andere Sprache: Von 882 Wohnungseinbrüchen, die im vergangenen Jahr laut Kriminalstatistik in Stuttgart verübt wurden, konnte die Polizei nur 6,1 Prozent aufklären. Das liegt erheblich unter der bundesweiten Quote von 16 Prozent, für die Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich am Mittwoch Kritik einstecken musste.

Immer mehr Einbrüche

Dabei liegen die Quoten in der Region sogar durchgängig darunter. Am schlimmsten sieht es statistisch im Kreis Böblingen aus: Nur fünf Prozent Aufklärungsquote – zeitgleich haben die Wohnungseinbrüche letztes Jahr um 30 Prozent auf 271 Fälle zugenommen. Im Kreis Ludwigsburg wurden 11,6 Prozent der 564 Einbrüche geklärt. Im Rems-Murr-Kreis gingen die Einbrüche auf 266 Fälle zurück – bei einer Aufklärungsquote von 12,7 Prozent. Im Kreis Esslingen verzeichnet die Polizei einen Rekordwert von 414 Wohnungseinbrüchen – die Aufklärungsquote liegt unter 15 Prozent.

Für Stuttgarts Polizeisprecher Stefan Keilbach sind das nur Momentaufnahmen. „Die Ermittlungen sind so umfänglich und komplex geworden, dass viele geklärte Fälle in der Statistik gar nicht berücksichtigt sind“, sagt er. Nach den jüngsten Erfolgen werde die Erfolgsbilanz für 2013 viel besser aussehen – etwa wie 2011: „Da hatten wir 21,7 Prozent“, so Keilbach.

Im September 2012 hat die Stuttgarter Polizei mit einem neuen Konzept reagiert, das nun für das Land geprüft wird. Beim Dezernat für organisierte Kriminalität ist eine Koordinierungsstelle Wohnungseinbruch aktiv, die Erkenntnisse zeitnah in einem Lagebild-Atlas sammelt und die Polizeikräfte entsprechend steuert. Unter anderem gibt es verstärkte Fahrzeugkontrollen. Zum Jahresende wurden 3148 Autos und 4057 Personen unter die Lupe genommen. Brennpunkte waren 2012 Bad Cannstatt und Stuttgart-Süd. Der Stuttgarter Norden, unter anderem mit den Villen auf dem Killesberg, war dagegen seltener betroffen.

Großes Netzwerk von Spezialisten

„Natürlich macht uns die Mobilität der Täter und der hohe Organisationsgrad zu schaffen“, sagt Keilbach. Inzwischen gebe es ein Netzwerk von Fahrern, Handy-Beschaffern, Hehlern, Beute-Transporteuren und Einbruchspezialisten – da wird es immer schwerer, den Hintermännern auf die Spur zu kommen, die auf dem Balkan und in Osteuropa reichlich Personal rekrutieren.

Das jüngste Rätsel sind drei Wohnungseinbrüche, bei denen am Dienstag und Mittwoch Schmuck, Bargeld und Elektronikgeräte erbeutet wurde. Die Tatorte sind mit Sillenbuch, Stuttgart-West und Obertürkheim weit verteilt – die Opfer sind allerdings alle vietnamesischer Herkunft.

Den Insassen aus dem Ford Mondeo, Angehörige einer mobilen ethnischen Minderheit mit zahlreichen Aliasnamen, konnte inzwischen ein Einbruch in Degerloch nachgewiesen werden. Die 22 und 27 Jahre alten Frauen sitzen in Haft. Die beiden Jugendlichen sind wohl viel älter als angegeben, doch das müsste aufwendig nachgewiesen werden. Die beiden, die bei der Polizei unter verschiedenen Aliasnamen bekannt sind, wurden in ein Jugendheim gebracht. Schon nach Minuten verschwanden sie dort spurlos.