Der Saal 1 im Amtsgericht Esslingen bietet das ideale Ambiente für eine Theateraufführung. Foto: /Horst Rudel

Das Theater Lindenhof gastiert mit dem Stück „Der zerbrochne Krug“ in verschiedenen Gerichten des Landes. Heinrich von Kleists Lustspiel rund um den straffällig gewordenen Richter Adam soll dasThema Justiz präsenter machen.

Esslingen - Vor dem Kadi geht es selten lustig zu. Wenn Menschen Haft- oder Geldstrafen wegen Delikten wie Diebstahl, Körperverletzung und Beleidigung drohen, gibt es meist nichts zu lachen. Am Donnerstag, 31. Oktober, ändert sich das zumindest für einen Abend. Denn im Saal 1 des Amtsgerichts Esslingen führt das Theater Lindenhof Melchingen an diesem Tag von 20 Uhr an das Lustspiel „Der zerbrochne Krug“ von Heinrich von Kleist auf.

Sechs Aufführungen in fünf Gerichten

Dies bildet den Auftakt für weitere fünf Aufführungen in Gerichten in Hechingen, Pforzheim, Karlsruhe und Aalen. Unterstützt wird die Reihe vom Stuttgarter Justizministerium, das mit der Aktion „das Thema Justiz in die Öffentlichkeit rücken“ will, wie Steffen Tanneberger, ein Sprecher der Behörde erklärt. Die Premiere war bereits am 9. Mai im Amtsgericht Stuttgart gefeiert worden und so gut angenommen worden, dass sich die Behörde für eine Ausweitung des Projekts aussprach. Das Stück „Der zerbrochne Krug“ ist freilich bestens geeignet, um das Thema Recht und Gerechtigkeit aufzugreifen. Schließlich handelt es vom Richter Adam, der über eine Straftat zu verhandeln hat, zu der er selbst am besten berichten könnte. Denn nur er und Eve, die Tochter der Klägerin wissen, was sich in jener dunklen Nacht zugetragen hat.

Es ist sicherlich eine Seltenheit, dass Theaterbühnen in Gerichten aufgebaut werden, ein Novum ist es laut Simone Haug, der Sprecherin des Theaters Lindenhof indes nicht. Denn vor 16 Jahren sei das Stück schon einmal im Gericht in Tübingen zum Besten gegeben worden.

Dass das Theater und die Dritte Gewalt im Staat zueinander gefunden haben, liegt sicherlich auch am Justizminister Guido Wolf, der nicht nur ein Freund der Melchinger Schauspielkunst ist, sondern auch dem Rat der Stiftung Theater Lindenhof angehört.

„Gericht muss erlebbar werden“

In Zeiten, in denen laut Steffen Tanneberger „staatlichen Organen mitunter Hass und Geringschätzung entgegen gebracht“ werde, seien die Theateraufführungen in diversen Gerichtssälen eine Gelegenheit, die „in der Öffentlichkeit etwas unterrepräsentierte Justiz sichtbar und transparent“ zu machen. Darüber freut sich auch Andreas Arndt, der Direktor des Amtsgerichts Esslingen. Für ihn sei es keine Frage gewesen, den altehrwürdigen Saal 1 zur Verfügung zu stellen, der mit seinen prunkvollen Deckengemälden ein ideales Ambiente für das Kulturprojekt bietet. „Das Gericht muss erlebbar werden“, sagt Andreas Arndt, und offensichtlich teilen viele Theaterfreunde diese Meinung. Denn für die Aufführung in Esslingen sind sämtliche 200 Eintrittskarten verkauft worden.

Dem Justizminister und Theaterliebhaber Guido Wolf war es ein Anliegen, dass sich „Kultur und Justiz in Baden-Württemberg auf schauspielerische Art und Weise für einen Moment aufeinander einlassen“, wie er in einem Grußwort schreibt. Das Stück „Der zerbrochne Krug“ sei dafür „geradezu wie geschaffen“, befindet Guido Wolf.