Während die Badegäste im Stadtbad schwimmen, greift ein Unbekannter in der Umkleide zu. Foto: Christian Günther

Hallenbad-Besucher aufgepasst: Geld, Ausweise und Bankkarten sollten wirklich lieber in den Wertfächern deponiert werden. Warum, zeigt sich akut im Stadtbad Heslach.

Stuttgart - Irgendwie sieht das jetzt komisch aus. Eine 48-jährige Badbesucherin wundert sich, als sie an ihren Schrank zurückkehrt. Im Schloss steckt ein Schlüssel, obwohl sie den Spindschlüssel bei sich trägt, und ganz offensichtlich hat da jemand die Tür geöffnet. „Alles schien noch da zu sein“, sagt die Betroffene. Doch dann muss sie feststellen, dass ein Dieb sich in aller Seelenruhe bedient haben muss. Im Geldbeutel fehlt ein Geldschein und die EC-Karte – die Schutzhülle steckt noch an ihrem Platz. „Der Täter muss ja reichlich Zeit und Ruhe gehabt haben“, sagt sie.

Die Ruhe erstaunt. Denn dieser Diebstahl spielte sich nur drei Tage nach einer Reihe von Spindaufbrüchen im Stadtbad Heslach ab. Offenbar hatten sich Aufregung und Präventionsmaßnahmen in Grenzen gehalten. Denn das Stadtbad ist von dem unbekannten Spindknacker inzwischen schon an drei verschiedenen Tagen heimgesucht worden.

Zeugin hat sich noch nicht gemeldet

„Wir haben inzwischen zehn Fälle registriert“, sagt Polizeisprecherin Ilona Bonn, „aber nur in zwei Fällen hat der Täter auch Beute gemacht. Die 48-Jährige gehört dazu. Der materielle Schaden scheint gering – doch der Ärger hinterher ist umso größer. „Das ist bis jetzt noch nicht ausgestanden“, sagt die Betroffene.

Öffentlich gemacht hat die Polizei lediglich eine Aktion des Täters. Am 6. Oktober, einem Sonntag, hatte er sich mittags an vier Spinden zu schaffen gemacht. Er hatte schon einen geringen Bargeldbetrag erbeutet, als er von einer Zeugin überrascht wurde. Der 30 Jahre alte, 1,80 Meter große Täter mit lichtem Haar einem großen Tattoo auf der Brust flüchtete. Die Besucherin verständigte eine Mitarbeiterin, die wiederum den Bademeister. Die Polizei wurde aber erst gut anderthalb Stunden später verständigt.

Da war nicht nur der Täter über alle Berge, sondern auch die Zeugin. „Diese Frau ist uns weiterhin nicht bekannt, sie hat sich auch nachträglich nicht bei uns gemeldet“, sagt Polizeisprecherin Bonn.

Die 48-Jährige, die am 9. Oktober bestohlen wurde, hatte von den Vorgängen nichts mitbekommen. „Vielleicht hätte man mit einem Aushang offensiver warnen können“, sagt sie. Gegen 17.30 Uhr habe sie den Diebstahl bemerkt, den der Täter sorgfältig zu vertuschen versucht hatte. Alles lag scheinbar an seinem Platz. Kurz nach 18 Uhr habe sie ihre gestohlene EC-Karte sperren lassen. Zu spät.

Derweil kauft der Täter seelenruhig ein

Der Täter hat um 17.10 Uhr und dann nochmals um 17.45 Uhr in aller Seelenruhe in einem Supermarkt eingekauft. 800 Meter vom Tatort entfernt in der Heusteigstraße. Dabei hatte er offenbar keine Probleme, weil seine Einkäufe jeweils unter 50 Euro wert waren. „Das muss nun wieder zurückgebucht werden“, sagt die 48-jährige.

Der Täter fühlt sich offenbar bestärkt. Am 13. Oktober, einem Sonntag, schlug er erneut im Stadtbad Heslach zu. „Es war wieder zur Mittagszeit“, sagt Polizeisprecherin Bonn. Der Spindknacker habe sich an fünf Schränken zu schaffen gemacht, sei letztlich aber gescheitert.

Warum aber wurde schon beim ersten Fall nicht schnell genug reagiert? „Zunächst ging man davon aus, dass sich der Täter noch im Bad aufhält und suchte dort nach ihm“, sagt Jutta Silbereisen von den Bäderbetrieben Stuttgart. Aus diesem Grund sei die Polizei erst zeitlich verzögert verständigt worden. Um kurz nach zwölf sei allerdings noch nichts gestohlen gewesen. Die Zeugin habe keine Zeit zum Warten gehabt, deshalb habe sie eine Täterbeschreibung bei den Mitarbeitern hinterlassen.

Rätsel um den Schlüssel im Schloss

Warum bei der bestohlenen 48-Jährigen ein Schlüssel im Spind steckte, ist unklar. Es handelte sich um einen Schlüssel eines anderen Schranks, der gar nicht passte. Sollte alles nur in Ordnung aussehen? Die Polizei sagt, sie habe nach den jüngsten Vorfällen nochmals mit der Leitung des Bades Kontakt aufgenommen und diese sensibilisiert. Jutta Silbereisen von den Bäderbetrieben verweist auf ein „deutlich sichtbares“ Schild mit der Aufschrift: „Wertsachen gesichert?“

Mit der Hausordnung sehen sich die Betreiber der städtischen Bäder aus dem Schneider. Darin heißt es unter Paragraf 7: „Wertsachen sind in die dafür vorgesehenen Wertsachenfächer einzubringen. Garderobenschränke sind nicht für Wertsachen zu benutzen.“