Die Elbphilharmonie in Hamburg: ihre Entstehung verdankt sie einer Bürgerinitiative. Foto: dpa

Aufbruch Stuttgart lässt sich im Hospitalhof erklären, wie Bürger einst die Elbphilharmonie entwarfen – Vorbild für den Neckar?

Stuttgart - Jetzt soll der Schwabe größenwahnsinnig werden. „Elbphilharmonie?“ war auf den vielen knallig-bunten Einladungskarten zur Veranstaltung am Montagabend im Hospitalhof zu lesen gewesen, denen ein zahlreiches Publikum prompt Folge leistete. Aber was sollte es heißen? Würde es die Bürgerinitiative Aufbruch Stuttgart zum Ende ihres gerade mal ersten Jahres, in dem sie kulturpolitisch enorm viel bewegt hat, nun auch noch wagen, der Stadt am Neckar eine Prachtkonzerthalle vom Schlag des Hamburger Megaprojektes aufzudrücken? Dann wäre es um den Ruf des hochengagierten Kreises rund um den Aufbruch-Chef Wieland Backes vielleicht doch langsam kritisch geworden.

Denn es stimmt zwar, seit der Eröffnung des wunderbar anzuschauenden Gebäudes des Schweizer Architekturbüros Herzog & de Meuron direkt an der Elbe hat Hamburg ein neues, längst weltweit bekanntes Wahrzeichen – und das Interesse der Welt daran ist überwältigend. 4,2 Millionen Besucher haben im ersten Jahr die „Plaza“ der Elbphilharmonie besucht, jenen großen Platz genau zwischen alter Speicherbasis und glänzendem Überbau, der einen traumhaften Blick auf die Stadt, den Fluss und die Häfen gewährt. Und rund 560 000 Musikfreunde haben eines der im Innern stattfindenden Konzerte besucht – das sind über 100 000 mehr, als der HSV in sein Volksparkstadion lockt. Gerade hat die „New York Times“ zum Jahresende ihr traditionelles Städteranking vorgelegt, und erstmals zählt Hamburg zu den Top Ten.

Weniger Nerven und Geld

Aber das sind natürlich nur die guten Zahlen – und auch die schlechten wollen nicht in Vergessenheit geraten: zum Beispiel die gigantische Baukostenvermehrung für den Steuerzahler von 186 auf 789 Millionen Euro oder die Bauverzögerung um geschlagene sieben Jahre. Und richtig toll ist es ganz sicher nicht, wenn wenige Wochen nach Eröffnung und mehreren schweren Knochenbrüchen von Besuchern gleich mal für ein paar 100 000 Euro die Treppensicherung nachgerüstet werden muss oder im kleinen Saal schon der Schimmel wuchert. Dass Stuttgart angesichts seiner Musiklandschaft von internationalem Rang ein neues Konzerthaus braucht, bestreitet auch der Stuttgarter OB Fritz Kuhn nicht mehr. Aber es sollte doch bitte deutlich weniger Euro und Nerven kosten als bei den Hanseaten.

Indes agieren die Aufbruch-Kämpfer ja bekanntlich viel schlauer und differenzierter, als es einige Beobachter und ihre Kritiker glauben wollen: Der Architekt und Projektinvestor Alexander Gérard, den sie sich aus Hamburg als Referent und Gesprächspartner eingeladen hatten, ist alles andere als ein unkritischer Elbphilharmonie-Schön- und -Jubelredner. Er gehörte einst zu jenem kleinen Bürgerkreis, der kurz nach der Jahrtausendwende die Idee eines neuen Konzerthauses an prominenter Stelle entwickelte und mit großem Geschick vorantrieb – aber das war eben nur der Anfang der Geschichte.