Foto:  

In der Träubles-Zeit beschäftigt sich Leserin Ruth Horak mit der Ernte der Johannisbeeren.

Stuttgart - In der Träubles-Zeit beschäftigt sich Leserin Ruth Horak aus Waiblingen mit der Ernte der Johannisbeeren, deren einzelne Rispen in ihrem Gebiet „Zäadrla“ genannt werden. Woher diese Bezeichnung stammt, möchte sie gern erfahren.

Um die Herkunft aufzuzeigen, ist es am verständlichsten, den Werdegang dieses Wortes von hinten her, also von der heutigen Zeit aus, darzulegen. Insofern fangen wir mit dem Zäadrla, lautgetreu geschrieben „Zäådrle“ oder „Zäddrle“ (mit einem kurzen „ä“), an, das die Verkleinerungsform des Wortes „Zatter/Zetter“ (mask.), gesprochen Zäddr, ist. Laut dem „Schwäbischen Wörterbuch“ bedeutet Zetter „Zweiglein einer Traube, woran die Beeren weit auseinander stehen, häufig von der Rispe der Johannisbeere“.

Wie im „Deutschen Wörterbuch“ zu lesen ist, geht Zetter auf „Zette“ (fem.) in der Bedeutung „niederhangender, buschiger oder mit hangenden Beeren besetzter Zweig“ zurück, wobei es in oberdeutschen Regionen verschiedene Sonderbedeutungen hat wie Heidekraut oder Gesträuch. „Zette“ ist selbst eine Ableitung des althochdeutschen „zata“ (= Lumpen), das sich zu „Zattel“ in der allgemeinen Bedeutung „etwas Herabhängendes“ entwickelte, wozu auch die Wilde Stachelbeere und die Kätzchen der Haselstaude gezählt wurden. Bekannt wurde „Zattel“ durch die im 13./14. Jahrhundert aufgekommene „Zatteltracht“.

In anderen schwäbischen Regionen hört man statt „Zäådrle“ das Wort „Zeddrle“ (= Zötterlein). Es ist die Verkleinerungsform von Zotter, was ebenfalls von „zata“ abgeleitet ist. Man versteht darunter: Dolde, weiterhin Zweig, an dem mehrere Früchte (Kirschen, Birnen, Hopfen) hängen, sowie die Traube als Fruchtstand mit ihren Weinbeeren. Von Zotter stammt das Adjektiv „zotteret/zottlig“ in der Bedeutung „voll besetzt“: Däår Bõm isch zoddåråt vol mit Epfl.

Zurück zu „Zetter/Zatter“: Diese Wörter werden auch im Sinne von „kleiner, verstreut losgelöster Teil“ verwendet, wobei im „Schwäbischen Wörterbuch“ als Beispiel genannt wird: Å darmgrãks Kend lòht bei Dennschiss ämòl wiedr å Zäddr/ Zaddr fallå. Der schwäbische Spruch des Tages lautet: „Des hot mr no nie verhört, dass s’Loch dr Maus nochlauf!“