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Es ist vielerorts Sitte, dass im Anschluss an eine Beerdigung zu einem Leichenschmaus eingeladen wird. Angelika Franz fragt, woher der Begriff „Leichenschmaus“ stammt.

Stuttgart - Es ist vielerorts Sitte, dass im Anschluss an eine Beerdigung die Verwandten und Bekannten zu einem Leichenschmaus eingeladen werden. Angelika Franz aus Bad Cannstatt fragt, woher der Begriff „Leichenschmaus“ stammt.

Um diese Frage zu beantworten, muss man zuerst das Wort „Leichenschmaus“ in seine Bestandteile „Leiche“ und „Schmaus“ trennen. Beginnen wir mit „Schmaus“. Im Deutschen Wörterbuch der Brüder Grimm erfährt man, dass dieser Begriff unsicheren Ursprungs, jedoch seit dem 17. Jahrhundert im Hochdeutschen belegt ist. Man versteht darunter „Gastmahl, Festmahl, Tisch- und Trinkgesellschaft“. Auch das Verb „schmausen“ ist erst seit dem 17. Jh. nachgewiesen, so dass davon ausgegangen werden kann, dass das Wort „Leichenschmaus“ nicht älter ist. Doch das heißt noch lange nicht, dass der Leichenschmaus zuvor nicht stattgefunden hat. In früheren Zeiten nahm man bei einem solchen Anlass das Totenmahl ein, schwäbisch gesprochen „Dodåmòhl / Daodåmòhl“. Dazu hat der Daodågräbr die Teilnehmer im Auftrag der Trauerfamilie am Grabe eingeladen. Anderswo sprach man von „Leich(å)ässå, Leich(å)supp, Leich(å)dronk“, die nach der Beerdigung im Wirtshaus abgehalten wurden bzw. auch heute noch werden. Da es noch keine Todesanzeigen gab, hatte der Leichenbitter die Einladung zur Leichenfeier zu besorgen, im Schwäbischen auch „Leichåsägr“ (= Leichensager / Leichenansager) genannt.

Im Gegensatz zu dem Begriff „Schmaus“ hat das Wort „Leiche / Leicht“ eine lange Vergangenheit. Schon im 4. Jh. wurde im Gotischen das Wort „leik“ in der Bedeutung „Fleisch, Leib, Leichnam“ verwendet. Im Althochdeutschen hieß es „lih“ und im Mittelhochdeutschen „lich“, gesprochen mit einem langen „i“. Etwa im 15. Jh. wurde durch eine Lautumwandlung aus dem langen „i“ ein „ei“, somit aus „lich“ die „leich“. In diesen zurückliegenden Jahrhunderten war in den Wortformen immer schon neben „Körper, Leib“ auch der „tote Körper“ gemeint. Heute wird unter „Leich“ nur noch der Leichnam und seine Bestattung verstanden, wie man an der Aussage „Däår hòt å graoße Leich khett“ erkennen kann.

Interessant ist in diesem Zusammenhang der Begriff „Leichnam“, ahd. lihhamo, mhd. lichame / licham. Die Silbe „ame“ geht auf das Wort „hamo“ (= Hemd) zurück, so dass Leichnam eigentlich „leibliche Hülle“ im Gegensatz zu der darin weilenden Seele bedeutet. Nur als Hinweis: In Stuttgart wohnte früher in der Wagnerstraße Nr. 30 ein Leichenansager.

Dazu auch ein Beitrag von Siegfried Glemser aus Herrenberg. Er schreibt: „Neilich isch mr em a alta Kirchabuach dr Beruaf vom a Leichabidder (Leichenbitter) ufgfalla. No han e me wieder an mei friahe Kendheid erennerd. Do send sodde Kerle no ällamol ens Haus komma. Se hend a abgschabts schwaarz’ Azigle aghet ond an Zylender uff’m Kopf, hend a drauriche Miene uffgsetzt ond gsaid, en dr Bekanntshaft oder en dr weidere Verwandtschaft sei ebber gschdorba, ond mr soll au zur Leich ond nadierlich au zom Leichaschmaus komma. Weil, was wär a Leich ohne Leichaschmaus.

Heit däd mr sage, die Leichabidder hend an Teilzeitberuf ghedd. Em Hauptberuf wared se kleine Handwerker wia Weber oder Säckler. Se hand halt nebaher no a weng verdiena miasa, dass se ihre kenderreiche Familia hend durchbrenga kenna. Weil so guat waret de guate alte Zeita halt au net, ond Kendergeld ond Herdprämie hot’s soviel i woi, au net gea.‘“ Der schwäbische Spruch des Tages lautet: „Bloß Domme moinet, de Gscheide wissdet älles.“