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Aus dem Kreis Tuttlingen stammt Rosemarie Bauer. Sie hat viele Begriffe zugesandt, darunter „gotzig“.

Stuttgart - Aus dem Kreis Tuttlingen stammt Leserin Rosemarie Bauer. Sie hat viele schwäbische Begriffe zugesandt, darunter „gotzig“. „I hãnn no-noh ãnn gotzigå Eiro ênn då Dasch“, kann jemand sagen, dem das Geld beim Einkauf gerade nicht reicht. Daraus ist zu entnehmen, dass mit „gotzig“ das Wort „einzig“ gemeint ist. Es ist eine Kontraktion von „got(tesein)zig“. Die Verwendung des Wortes „gottes“ dient der Verstärkung. Literarisch wurde gotzig nur in mundartlichen Texten verwendet wie etwa bei Berthold Auerbach in seinen Schwarzwälder Dorfgeschichten: „Ich möchte sie nur ein gotzig’s mal sehen.“ Eine regional begrenzte Variante zu dem im Oberdeutschen weit verbreiteten gotzig ist goddig. In einem Schweizer Volkslied heißt es: „Ach, vater, lasz das balge si, es hilft kei gottigs bitzeli“. (Grimm’sches Wörterbuch).

Leser Harry Thiede, ein Norddeutscher, doch seit 1964 im Ländle wohnhaft, ist beim Besuch eines „Besens“ in einem lebhaften Gespräch über Lokalpolitik die Aussage „Des ischt doch a rechter Stadtratsluppel“ aufgefallen. Das Wort „Luppel“ ist ihm nicht bekannt, seine Begleitung, „eine rechte Bad Cannstatterin“, wie er schreibt, meinte, dass damit „Lippen“ oder „Mund“ gemeint sein könnte.

Leider ist „Luppel“ im Deutschen Wörterbuch nicht enthalten. In der „Etymologie des Schwäbischen“ von H. Wax wird „Luppel“ auf das lateinische Wort „lupa“ (= Wölfin) zurückgeführt, das dem sogenannten Wolfsgeschwür, kurz „Wolf“ genannt, Fachbezeichnung „Intertrigo“, den Namen gab. Im „Reallexikon der germanischen Altertumskunde“ von Johannes Hoops kann man lesen: „Des öfteren wurden in der alten oder volkstümlichen Medizin für Geschwür oder geschwürige Hautkrankheiten Tiernamen verwendet; hierzu gehört nicht nur Krebs (cancer), sondern auch etwa lupus, Wolf . . .“ Im Volksmund spricht man „vom Wolf am Arsch“. Im übertragenen Sinne ist diese Geschwulst als „Luppe“ namengebend für einen großen Mund bzw. für große Lippen. Eine Luppel ist eine große unschöne, herabhängende Lippe. „Däår hêgt å Lubbl ra“ oder „Halt dãê Lubbl!“ sind entsprechende Redensarten. Laut Wax ist der Träger dieser geschwollenen Lippe als „Luppel“ ein einfältiger Mensch. Bezogen auf die Anfrage dürfte mit Luppel jedoch jemand gemeint sein, „däår å graoße Gosch hòt“. Der schwäbische Spruch des Tages kommt von Leser Otto Merz aus Mutlangen. Er schreibt: „Meine Großmutter pflegte sehr aufopferungsvoll ihre kranke Schwester Anna. Dies fand nicht immer die volle Zustimmung meines Großvaters. In dem Zusammenhang erinnere ich mich noch an einen Ausspruch von ihm: „Ama scheena Daag schmeißt dei Anna mit deine Knocha no d’ Biera ra!‘“