Foto: Lange

Auf dem Land nannte man früher das Abendläuten „ufm Erga-Leuta“ und Kinder mussten dann daheim sein.

„Auf dem Land nannte man früher das Abendläuten ,ufm Erga-Leuta‘. Wir Kinder mussten beim ufm Erga-Leuta schnell heim beziehungsweise schon zu Hause sein.“ Dies berichtet Hilde Lenz aus Waiblingen.

Was unsere Leserin hier beschreibt, geht auf altes Brauchtum zurück. Es war früher in den Dörfern und Städten Sitte, morgens, mittags und abends die Kirchenglocke(n) zu läuten. In der Katholischen Kirche waren die Gläubigen dabei angehalten, während des Morgen- und noch mehr während des Abendläutens das Angelus-Gebet zu sprechen. Das lateinische Wort „angelus“ bedeutet „Engel“, das Gebet heißt deshalb auch „Engel des Herrn“. Es geht auf einen Brauch des Franziskanerordens seit 1263 zurück.

Das Gebet beginnt mit „Ave Maria, gratia plena . . .“, und der Anfang „Ave Maria“ ist die Quelle für das von Hilde Lenz genannte Abendläuten. Wie bereits in dem Beitrag „ãmärgålich“ erklärt, war „Märg(å)“ im Altschwäbischen der Heiligenname für „Maria“, dagegen wurde (wird?) „Avemaria“ schwäbisch „’s Òfåmarå“ gesprochen. Zur Aussprache und zur Schreibweise von „ave“ hier einige Erläuterungen. 1. Das lange „a“ wird als offenes „o“ (= ò) gesprochen. 2. Um das „v“ nicht als „w“ zu sprechen, wird es als „f“ wiedergegeben.

Zurück zum Abendläuten: Sowohl das Läuten selbst als auch die dazu gehörende Tageszeit werden „Avemerge/Avemerget“ genannt, schwäbische Sprechformen sind „afemärgå, òfmärgå, aofmärgå, aufmärgå, ufmärgå“. Das Wort „leidå“ für „läuten“ kann wie bei Hilde Lenz noch angehängt sein. Was den Namen Maria betrifft, ist zu erwähnen, dass das Läuten mit dem englischen Gruß nur an katholischen Orten üblich ist, in protestantischen Orten ist lediglich das Läuten ohne das Gebet gebräuchlich. (Quelle: Schwäbisches Handwörterbuch) Hermann Wax ergänzt in seinem Buch „Etymologie des Schwäbischen“: „a) Avemerge, Avemerget nördlich der Donau im altwürttembergischen Gebiet. b) Das Ave-Maria-Läuten betrifft das Läuten wie das Gebet, es ist die Form südlich der Donau. Diese Form lehnt sich eher an das Lateinische an, da die lat. Form durch den katholischen tagesrythmischen Gebrauch bewahrt wurde.“ Ein Synonym zu Avemerget ist „Betläuten“.

Leser Gottfried Rommel weist uns darauf hin, dass das am Samstag veröffentlichte Gedicht „Kühnheit“ von Werner Veidt stammt, „von dem auch das vertonte Gedicht ,I möcht amol wieder a Lausbua sei‘ ist und der mit Walter Schultheiß zusammen viele Jahre das legendäre Straßenkehrer-Duo ,Karle ond Gottlob‘ spielte“. Herr Rommel verweist auf das Veidts Gedichtbändchen „I möcht amol wieder a Lausbua sei“ (11. Auflage 1966, Verlag Adolf Bonz & Co. Stuttgart). Der Spruch des Tages, ein bei den Lesern besonders beliebtes Zitat, kommt heute von Albert Liesch aus Herrenberg. Wenn jemand anders war als er, sagte sein Großvater (Jahrgang 1868): „Wenn no älle Leit so wäret, wiai I sai sod.“