Zaubern mit schwäbischer Note: der (Fast-)Alleskönner Peter Leonhard alias Karl-Heinz Dünnbier Foto: Lichtgut/Verena Ecker

Der 18. „Auf gut Schwäbisch“-Stammtisch im Zeppelinstüble war ein Abend der Überraschungen. Dafür sorgten der Kabarettist und Zauberer Peter Leonhard – und die Gäste selbst mit einer Begegnung der besonderen Art.

Stuttgrat - „Berge und Täler kommet net zsamma, aber d’Leut.“ Der „Auf gut Schwäbisch“-Stammtisch im Zeppelinstüble des Hotels Steigenberger Graf Zeppelin ist der lebende Beweis für den Wahrheitsgehalt dieses schwäbischen Spruchs. Vier- bis fünf- mal im Jahr kommen Freunde der gleichnamigen Mundartkolumne dort zusammen – viele davon selbst Autoren –, um sich zu unterhalten und sich unterhalten zu lassen. Diesmal, bei der 18. Ausgabe des Stammtisches, kamen darüber hinaus Leute zusammen, die sich jahrzehntelang aus den Augen verloren hatten. Eine Mischung aus Zufall und liebevoller Vermittlung.

Die Freundschaft zweier „Jahrgangswachteln“

Die Geschichte dazu: Constantin Crais, regelmäßiger Leser von „Auf gut Schwäbisch“, findet an den Mundartbeiträgen der Weilimdorfer Schwäbisch-Autorin Aline Groß besonderen Gefallen. Regelmäßig schneidet er sie aus und schickt sie über den Großen Teich nach Texas, wo seine Tante Reingard lebt, eine gebürtige Schwäbin. Ihre Freude darüber drückte sie in einem Brief an Aline Groß aus. Dabei stellte sich heraus, dass beide Damen aus demselben Jahrgang stammen, „Jahrgangswachteln“ sind, wie Tante Reingard in reinstem Schwäbisch formulierte. Das Ergebnis war – und ist – eine Brieffreundschaft, über die wir wiederum in unserer täglichen Dialekt-Spalte berichteten („Schwobagrüaß aus Texas“). Damit ist die schöne Geschichte aber noch nicht zu Ende. Gerhard Gall, ebenfalls „Auf gut Schwäbisch“-Leser, wurde auf diesen Beitrag aufmerksam und fragte sich, ob es sich bei besagter Tante Reingard, die einst in Bittenfeld lebte, möglicherweise um eine Verwandte von ihm handelte? Und tatsächlich. Es stellte sich heraus, dass Tante Reingard und die Mutter von Herrn Crais seine „G’schwisterskendskender“ sind, wie man im Schwäbischen sagt, sie also denselben Urgroßvater haben. Vor 35 Jahren hatten sich die Ehepaare Crais und Gall das letzte Mal gesehen und dann aus den Augen verloren. Jetzt saßen sie sich im Zeppelinstüble gegenüber, lachten, tauschten Erinnerungen aus und erhoben das Glas auf Tante Reingard aus Texas. Mittendrin: Aline Groß, die die Familienzusammenführung in Gang gebracht hat.

Das Seil verwandelt sich in ein Spätzle

Auf dem Abend im Zeppelinstüble liegt noch aus einem anderen Grund ein besonderer Zauber. Das hat mit dem Künstler zu tun, der die Stammtischrunde am Donnerstag beehrt: Peter Leonhard alias Karl-Heinz Dünnbier . Vor wenigen Wochen ist er in Rottenburg mit dem renommierten Sebastian-Blau-Preis für Kabarettisten ausgezeichnet worden. Außer Musik macht der Tübinger Kleinkünstler eigentlich alles: Jonglieren (mit einem Kehrwoche-Besen), als Bauchredner auftreten und eben zaubern – mit schwäbischer Note. Dank seiner Zauberkunst verwandelt sich ein Seil in ein Spätzle, und aus David Copperfield wird „David Rülpsgärtle“.

Leonhard unterhält die Stammtischgäste prächtig – allein und im Zwiegespräch mit einer alten Dame, die sich selbst als „Feger“ bezeichnet, um dann einen Flirt mit einem Stammtischgast zu beginnen. In Wahrheit sind es Leonhards Worte, die er seiner Bauchrednerpuppe Käthe in den Mund legt. Die Kunstfigur Karl-Heinz Dünnbier könnte auch Karl-Heinz Kurzweil heißen. So schnell wechseln die Szenen. In einem Augenblick spricht er „Oxford-Schwäbisch“, im anderen lässt er im Gespräch mit Moderator Tom Hörner Lebensweisheiten fallen, die ohne Weiteres das Potenzial zum „Spruch des Tages“ haben – etwa den Satz eines alten Bäuerle zum Thema Scheidung: „In unserer Zeit hot mr Sacha, die kaputtganga send, no repariert.“ Dafür gibt’s viel Applaus und lobende Einträge im Gästebuch wie den von Carla und Erik Kastner: „Mit wared ganz verzaubert.“