Zigarette Foto: dpa

- Die Geschichten rund um den Kippensammlerblues stellen ein Stück Nachkriegsgeschichte dar.

Stuttgart - Die Geschichten und Erlebnisse rund um den Kippen- oder Kippensammlerblues stellen ein Stück Nachkriegsgeschichte dar. Sie sind so eindrücklich, dass wir weitere Leserbeiträge dazu veröffentlichen. Sie enthalten Varianten des damals beliebten Spottliedes.

Den Anfang macht Harald Allgayer: „Nach dem Krieg waren alle Dinge des täglichen Lebens rationiert! Rauchen und sonstige Genüsse konnte sich nur der leisten, der Devisen hatte oder Tauschhandel betrieb! In vielen Gärten wurde Tabak gepflanzt und das Produkt, fermentierte Tabakblätter zur Sammelstelle am Wilhelmsplatz Cannstatt zum Eintausch abgeliefert! Die Raucher, die nichts hatten, gingen Kippen sammeln.“

Leser Hans-Joachim Wayss schreibt: „,Ami-Zigaretten‘ waren damals eine sehr stabile Währung. Die GI machten sich einen Riesenspaß daraus, die Kippen auf die Straße zu werfen. Dort wurden dieselben von uns Kindern eifrig gesammelt. Der Vater drehte aus dem Resttabak zu Hause neue Zigaretten. Bei den älteren Jungs war der kernige Spruch zu hören:

,Für eine Schachtel Chesterfield,

do wird mei großa Schwester wild!‘“

Manfred Schrauder berichtet: „Ich habe als kleiner Bub in den 50er Jahren erlebt, wie ein offener Ami-Jeep heranrollte und eine gerade angezündete Zigarette herausgeschnipst wurde. Schnell war da einer, der das glusende Stück aufhob und zu Ende rauchte. Mein Vater nahm mich manchmal mit in die Wirtschaft ,Neckartal‘. Draußen auf der Terrasse (das Wort Biergarten gab’s noch nicht) sangen Studenten dann jenes Bänkellied:

,Gugga mol, do vorne leid a Kippe

heben uff; sonscht ischer weg.‘

Eine Variante lautete:

,Er ist vomma Ami über blieba,

ond jetzt leid er do em Dreck!‘

Zu jener Zeit zogen wir Kinder mit Blechschachteln durch den Ort und sammelten Kippen, die wir dann den Halbstarken abgeliefert haben. Die Kippen wurden entkernt und mit Efka-Blättle neue Zigaretten gedreht, die aber auch nur ,Kippen‘ hießen. Am beliebtesten waren ,Ami-Kippen‘, die so lang waren, dass man bereits aus zwei alten eine neue Kippe drehen konnte. Zur gleichen Melodie gab es einen weiteren Gassenhauser. ,Johnny komm, wir klauen eine Leiche . . .‘“

Hannelore Jäger schreibt: „Wir sangen auf die Melodie ,Sentimental Journey‘:

,Babba guck,

dahanna liegt a Kippe,

Babba guck – a Chesterfield!

Eine andere Variante nennt Hans Neff:

,Babba buck, do hanna leid a Hugo,

Babba guck, ahalba Zigarett’.

Babba guck, do hanna kommt a Schupo.

Babba guck, jetzt isch sei weg!‘

Leser Gregor Hoppen zitiert eine unterfränkische Version, die er ins Hochdeutsche übersetzt hat:

„Das ist der Kippenboogie,

rauchst du Camel oder Lucky,

no no Strucky,

die Länge ist egal.

Der Vater sitzt im Zuchthaus,

die Mutter in Sing Sing,

die Mädchen geh’n mit Neger aus,

die Buben tanzen Swing.

Das ist der ...“

Leser Eugen Röder kennt die Variante:

„Schtell Dir vor,

wir hätten was zu rauchen,

Chesterfield ond Lucky Strike

Schtell Dir vor, wir müssten

nicht nach Kippen laufen.

Schtell Dir vor, wie schee des wär!“

„Gesungen ist das Ganze natürlich viel schöner als geschrieben“, schreibt Leserin Renate Arin. Gesagt getan. Leser Rolf Schippert griff am Montag zum Telefonhörer und sang den ,Kippensammlerblues‘ voller Inbrunst. Leser und Musiker Eberhard Lenz hat das Stück noch in seinem Repertoire: „Den Kippenblues singe ich immer noch, wenn ihn die Fans hören wollen. Wir haben eine kleine Band, die nennt sich Flößer Band aus Beutelsbach, in dieser Band spiele ich Trompete und singe.Unter anderem den Kippenblues. . .“ Der schwäbische Spruch des Tages lautet: „Mit eme Löffel Honig fangt mr maeh Mucka als mit ama Fass voll Essig.“

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