Zigarettenkippen Foto: dpa

Selten gingen so viele Zuschriften zu einem einzelnen Thema ein wie zum „Kippensammlerblues“.

Stuttgar - Selten gingen so viele Zuschriften zu einem einzelnen Schwäbisch-Thema ein wie zum „Kippensammlerblues“, der uns bis dato unbekannt war. Ein herzliches Dankeschön für die kundige Aufklärung gilt den Lesern Irmgard Abt aus Steinenbronn, Harald Allgayer aus Affalterbach, Renate Arin, Franz Barth aus Schwäbisch Gmünd, Klaus Becker aus Leinfelden-Echterdingen, Helmut Berroth aus Obergröningen, Wolfgang Bihrer aus Diefenbach, Rolf Dieter Braun aus Beutelsbach, Klaus K. Buder aus Backnang, Hans Ditting aus Sindelfingen, Jörg Eberhardt aus Stuttgart-Botnang, Gaby Ertel aus Rietenau, Hermann Hepp aus Wernau, Brigitte Hummel aus Ditzingen, Gregor Hoppen, Lilo Huttenlocher aus Schwäbisch Gmünd, Hannelore Jäger aus Magstadt, Helmut Keinert aus Nürtingen, Eberhard Lenz, Renate Nägele aus Schwäbisch Gmünd, Hans Neff, Gisela und Herbert Pfaff, Eugen Röder aus Stuttgart, Jürgen Schmid aus Fellbach, Manfred Schrauder aus Nürtingen. Dorothee Steiner, Heinz Vaas aus Lorch und Hans-Joachim Wayss aus Unterensingen.

Wie sich zeigt, existieren vom „Kippensammlerblues“ verschiedene Varianten. Die Entstehungsgeschichte ist in allen Fällen dieselbe. Brigitte Hummel fasst sie so zusammen: „Nach dem Krieg schnippten die amerikanischen Soldaten angerauchte Zigaretten aus den Jeeps. Sie amüsierten sich, wenn Kinder und Erwachsene rannten, um die Kippen aufzuheben. Der Tabak wurde gesammelt und daraus Zigaretten gedreht. Das inspirierte die Leute zu einem Text, den man zur Melodie von Glenn Millers „Sentimental Journey“ sang:

,Babba, guck,

dohanne leit a Kippe,

bick de schnell,

sonscht isch se fort . . ..‘“

Hans Ditting aus Sindelfingen bemerkt dazu: „Es war traurig, aber wahr. Ich bin Jahrgang 1941, und als Kinder sahen wir, wie erwachsene Männer Zigarettenkippen auf der Straße sammelten, um aus den Tabakresten neue Zigaretten zu drehen oder in der Pfeife zu rauchen. Wir Kinder sangen den Spottvers nach Glenn Millers Melodie. Franz Barth schreibt: „Die amerikanischen Besatzungssoldaten haben Zigaretten grundsätzlich nur bis zur Hälfte oder zu drei Vierteln geraucht. Wir Kinder haben die Kippen gesammelt und stolz dem Vater gebracht, der aus zwei bis drei Stummeln eine neue Zigarette drehte. Aus dieser Zeit stammt der Zigarettenblues.“

Irmgard Abt erzählt: „Die amerikanischen Soldaten gingen sehr großzügig mit ihrem Geld, mit Schokolade, Whisky und Zigaretten um, was auch uns Kinder erfreute. Sie rauchten oftmals nur die Hälfte der Zigarette und schmissen den angefangenen Glimmstängel fort.

Unsere Väter, auch die großen Brüder, hatten damals kaum Geld, um sich Tabak oder gar Zigaretten zu kaufen. Sie sammelten die Kippen. Zu Hause wurden dann Mund und Glutstück abgeschnitten, der Stummel auseinandergepult und der Tabak in ein neues Zigarettenpapier eingerollt. Wenn sie den Tabak aber auf dem Küchentisch ausbreiten wollten, war meine Mutter gleich zur Stelle und rief: ,Machet bloß, dass ’r wegkommet vo deam Küchedisch mit eure a’gschmauchta ond g’schenkete Kippan’a. Sott me gar net wondera, wenn’r krank werda dädet!‘

Aus dieser Notlage heraus entstand der gut rhythmische ‚Kippensammlerblues. Mein Mann und ich haben ihn beim Zeitungslesen gleich gesungen, jeder von uns kannte den Text noch gut. Und so ging er:

‚Babba gugg, dahanna leid a Kippe,

Babba gugg, se gloschded no

(oder: a halbe Zigarett)

Babba guck, jetzt duat sich oiner bigga,

Babba gugg, jetzt ist dui Kippe weg.‘“

Jürgen Schmid erinnert sich, dass ihm seine Mutter dieses Lied vorsang, als er noch ein Kind war. „Sie war in Fellbach eine bekannte Sängerin und trat unter anderem bei Operettenaufführungen des Gesangsvereins Vorwärts (heute Singchor) in der alten Fellbacher Stadthalle auf.“ Der Kippensammlerblues aus dem Mund einer Operettensängerin, alle Achtung! (Fortsetzung, Kippensammlerblues II.,folgt) Der schwäbische Spruch des Tages kommt aus der beliebten Reihe: Wie komplimentiert man Besuch hinaus? Er stammt von Leserin Dorothee Steiner: „Also Leit, wenn i jetzt irgendwo wär’; i glaub, i dät jetzt hoimganga!“ Es geht auch wortlos: „Man secht gar nix ond legt oifach dr Schlofanzug uff dr Disch.“