„Oh send dees aber häelouse Leut“ Foto: StN

„Oh send dees aber häelouse Leut“, sagte Ulrike Walters Großmutter, wobei sie den Begriff „häelous“ mit der Nuance übersensibel und nicht belastbar benutzte.

Stuttgart - „Oh send dees aber häelouse Leut“, sagte Ulrike Walters Großmutter, wobei sie den Begriff „häelous“ mit der Nuance übersensibel und nicht belastbar benutzte u. a. mit dem Zusatz, dass sie zwei Weltkriege durchleben musste und eine gewisse Härte zu sich selber zum Leben dazugehört. Unsere Leserin möchte jetzt wissen, woher dieses Wort stammt. Schauen wir, was bei der Recherche herauskommt.

 

Zunächst kann festgestellt werden, dass das erfragte Wort als „heillos“ auch in der deutschen Sprache existiert. Hier einige Beispiele aus der Presse: ein heilloses Durcheinander, heillos überfordert, heillos zerstrittene Eltern, ein heillos überfüllter Saal . . . Wenn man hier „heillos“ ersetzen möchte, könnte man „ungeheuer, beispiellos, außerordentlich“ und ähnliche Steigerungswörter verwenden. Doch „heillos“ reicht zurück bis ins 16. Jahrhundert und mit seinen Wortbestandteilen bis ins Gotische. So hieß „heil“ im Gotischen „hails“, seit dem Althochdeutschen „heil“ und bedeutet „unverletzt, frei von Krankheiten und Wunden“, während „los“, got. „laus“, ahd. „los“, die Bedeutung von „frei, ledig“ hat. Eine wichtige Rolle hat „los“ seit alters her in Zusammensetzungen wie bei „arglos, endlos, grenzenlos . . .“ und nicht zuletzt „heillos“. Der Begriff „heillos“ bedeutet laut dem Deutschen Wörterbuch erst einmal „ohne Gesundheit, körperlich gebrechlich, entkräftet“, dann in Bezug auf Stand und Vermögen „arm, elend, niedrig“ und im weiteren Sinne „ohne Rettung, ohne Hilfe“. Moralisch gesehen wird es gebraucht für „böse, abscheulich“, wie es in einem Zitat heißt: „er ist ein heiloser man, dem niemand etwas sagen (kan)“ (1 Sam. 25). Auch auf irgendwelche Dinge wird „heillos“ übertragen: „ein hailloser strick, strick der nicht hält, nicht zu brauchen ist“.

Nun aber zur schwäbischen Aussprache von „heillos“: Je nach Region hört man hòål-, hòel-, hael-, verbunden mit -los oder -laos oder -lòås. Die Version mit „ä“ ist als häälos im pfälzischen Dialekt zu Hause. Der Balinger Heimatdichter Karl Hötzer bietet in seinem Gedicht „Em Stadtgaarte“ eine an das Alemannische angepasste Sprachform:

„Ond onter de Böm uff de Bä’k neabe danne. Hot s heardeweis hollaose Weible ond Manne.“

Nochmals zurück zur Bedeutung: In Fischers Wörterbuch erfährt man, dass „heillos“ auch als bloß steigernder Zusatz im Sinne von „arg, fürchtig, sehr“ verwendet wird wie „Hãẽt isch hòållaos kalt“, und damit ist der Bezug zu den Pressenotizen hergestellt.

Leserin Elisabeth Breitkopf aus Stuttgart interessiert sich für den Ausdruck „Blòs“. Sie schreibt dazu: „Wenn jemand auf Besuch kommt, hört man das öfters.“

Da ein offenes „ò“ sehr oft auf ein lang gesprochenes „a“ zurückgeht, müsste „Blòs“ eine Umformung von „Blase“ sein. Bei der Recherche hat man jedoch Pech: Sowohl das Grimm’sche als auch Fischers Wörterbuch führen zwar das Wort „Blase“, geben aber keine Hinweise zu „Blòs“. Daraus lässt sich schließen, dass dieser Ausdruck noch nicht allzu lange benutzt wird. In der neuzeitlichen „Etymologie des Schwäbischen“ von Hermann Wax ist die „Blòs“ aufgenommen, mit der Bedeutung „Sippschaft, Clique, Gesellschaft“, wobei die damit gemeinten Leute in geringschätziger Weise bewertet werden, wie die folgenden Beispiele aufzeigen: „Dess isch so å Blòs, diå daogåt ibrhaopt niks.“ oder „Dò hoggåt so å Blòs beiånandr“.