Schweine Foto: dpa-Zentralbild

In Fortsetzung des gestrigen Beitrags veröffentlichen wir eine Geschichte aus dem Fundus von Egon Eisele aus Esslingen-Berkheim.

Stuttgart - In Fortsetzung des gestrigen Beitrags („Schwarzwälder Suppe“) veröffentlichen wir eine Geschichte aus dem Fundus von Egon Eisele aus Esslingen-Berkheim: „Ich möchte heute an Kriegs- und Nachkriegsjahre erinnern. Wer Glück hatte, konnte eine Sau schlachten. Dazu gab es behördliche Vorgaben. Also ging man aufs Rathaus und holte einen Schlachtschein. Gleichzeitig vereinbarte man mit dem Amtsboten, der auch Wiegemeister war, einen Termin, um die Sau auf der Konsumbrückenwaage wiegen zu lassen. Die Sau wurde dann im Gatter auf einen Karren geladen und zur Waage gefahren. Das beladene Gefährt wurde gewogen, und das Bruttogewicht wurde auf dem Schlachtschein eingetragen.

Danach wurde die Sau wieder zurückgefahren und der Karren und das Gatter gewogen. Anschließend wurde das Taragewicht (die Differenz zwischen dem Brutto- und dem Nettogewicht des Wägeguts) ordnungsgemäß in den Schlachtschein eingetragen. Dieses Gewicht wurde dann von der Behörde auf Fleischmarken gegengerechnet, und so bekam man dann auf Monate hinaus weniger Fleischmarken.

Was ist dann findigen Köpfen eingefallen? Sie haben vor dem Zurückwiegen den Karren mit Ketten, Radschuhen und allem Möglichen beschwert, damit ein hohes Taragewicht erzielt wurde und man weniger Nettogewicht bekam, was gleichzeitig wieder mehr Fleischmarken bedeutete. Der Amtsbote drückte bei diesen schwer beladenen Karren meistens beide Augen zu, war es doch ein ungeschriebenes Gesetz, dass er am Abend seine Metzelsuppe abholen konnte.

Einmal hat er jedoch eingreifen müssen. Ein Geschäftsmann aus Berkheim kam mit einem Dreirad mit Plane und Spriegel, darauf die Sau im Gatter. Das Bruttogewicht wurde festgestellt und notiert. Anschließend fuhr er erneut vor, um das Taragewicht feststellen zu lassen. Aber, oh Schreck, die Sau wog netto nur noch 25 Kilo. Normalerweise lag der Wert zwischen 150 und 200 Kilo. Das war dem Wieger aber doch nicht geheuer, und er lupfte die Plane. Was war auf dem Dreirad? Ein schwerer Schmiedeamboss. Der Geschäftsmann musste nochmals vorfahren. Beim zweiten Wiegen kam dann ein einigermaßen vertretbares Gewicht heraus, was dem Amtsboten sicher einige Würste mehr eingebracht hat.“

Egon Eisele kennt noch eine zweite Geschichte aus dieser Zeit – sie soll sich im Neckartal an der Bahnlinie in Zell oder Altbach zugetragen haben: „Zwei Nachbarn hatten zusammen eine Sau gemästet, sie aber nicht angemeldet. Als der Tag der Schlachtung heranrückte, wurde beratschlagt, wie man die Sau am besten um die Ecke bringt, ohne dass die ganze Nachbarschaft davon erfährt. Man kam überein, die Sau bei Nacht in den Keller zu verfrachten, wenn ein Zug vorbeifährt.

Nachdem in der Kriegszeit aber wenig Züge in der Nacht fuhren, vertrieb man sich im Keller mit neuem Most die Zeit. Es muss ein sehr süffiger Most gewesen sein, denn man überhörte zwei Züge.

Beim dritten Zug, der von dem kleinen Karle, den man vors Haus gestellt hatte, gemeldet wurde, hatte schon jeder seine Position eingenommen. Einer am Sauschwanz, einer mit dem Seil am Vorderfuß, der Dritte mit der Axt in Position. Jetzt rauschte der Zug vorbei, und der Mann mit der Axt schlug zu . . . Aber entweder drehte die Sau den Kopf zur Seite oder der Axtschwinger sah doppelt, jedenfalls sauste die Axt zentimeternah am Kopf der Sau vorbei und schlug mit gewaltiger Kraft in die Daube eines 600-Liter-Mostfasses ein. Es ist nicht überliefert, ob selbige Sau nun im Keller ersoffen ist oder ob sie doch noch eines anderen Todes gestorben ist.“ Der schwäbische Spruch des Tages kommt von Helmut Laue aus Affalterbach: „Mein Vater sagte immer zu mir, wenn ich nicht nach seinen Vorstellungen gespurt habe: ,Du bisch a Kerle wie am Herrgott sei Gaul ond solsch obedengt Zuckerbeck lerne, weil da kannsch dein Ausschuss selber esse!‘“

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