Auf der Fahrt in die neue Zeit: Wilhelm Maybach (li.) und Gottlieb Daimler. Hinten: Oskar Junghans, Sohn des Erfinders Arthur Junghans, 1895 Foto: MZ

In den bald 152 Jahren ihrer Firmengeschichte hat die Uhrenfabrik Junghans oft von sich reden gemacht – nicht nur mit der weltweit ersten Funk-Armbanduhr.

Stuttgart - In den bald 152 Jahren ihrer Firmengeschichte hat die anno 1861 gegründete Schramberger Uhrenfabrik Junghans oft von sich reden gemacht – nicht nur mit der weltweit ersten Funk-Armbanduhr. Für seine zündenden Ideen berühmt ist nicht zuletzt Arthur Junghans (1852–1920): ein „schwäbischer Tüftler“. Dass bei ihm die Funken sprühten, sprach sich rasch herum: Die großen Erfinder Württembergs freundeten sich mit ihm an – nicht ohne Folgen.

So begeisterte sich der findungsreiche Sohn des Firmengründers früh für die „pferdelosen Kutschen“ und war spätestens seit der Columbian World Exposition 1893 in Chicago an den Motorwagenversuchen Gottlieb Daimlers (1834–1900) interessiert, der 1886 den vierrädrigen Kraftwagen erfunden hatte. Er nahm an Probefahrten teil, gab gar Wilhelm Maybach (1846–1929) die Anregung zum Bau eines grundlegend neuen Wagens mit Riemengetriebe. 1894 bestellte Junghans einen „viersitzigen Motor-Viktoriawagen“; vom 16. Jänner 1895 datiert das Angebot Maybachs. Für einen „Wagen mit 3,5 PS Benzinmotor“ hat er 5000 Mark zu berappen; 4800 Mark für die Grundausstattung zuzüglich 120 Mark für eine „Reversiervorrichtung für Rückwärtsfahrt“ und 80 Mark für eine „Heizvorrichtung für den Wagenboden, regulirbar“.

Die Vereinbarung, „Ihren Diener, wie auch Sie selbst in Bezug auf die Manipulation beim Betrieb des Wagens“ zu informieren und kostenlos anzulernen, führte nach Auslieferung in Schramberg zu einem dramatischen Zwischenfall. Denn vor der ersten gemeinsamen Ausfahrt musste Maybach die defekte Benzinleitung reparieren. Als er danach die Glühkolbenzündung betätigte, fing sein mit Benzin getränkter Anzug Feuer. Junghans fackelte nicht lange. Er „packte schnell Maybach und warf ihn in ein Wasserbecken im nahen Gemüsegarten“. Dennoch erlitt Maybach so schwere Brandwunden, dass er viele Monate im Schramberger Krankenhaus verbringen musste.

Derweil sann Junghans über eine weniger gefährliche Zündung nach – und schlug schließlich dem befreundeten Baurat Professor Dietrich an der Baugewerkschule in Stuttgart vor, sich mit der Idee einer elektrischen Zündung zu befassen. Dieser zog Robert Bosch (1861–1942) bei. Diesem gelang es, einen Magnetzünder an den hochtourigen Kraftfahrzeugmotor zu adaptieren. Die Lösung missfiel Gottlieb Daimler – was ihren Erfolg nur kurzfristig aufhalten konnte.

Not macht erfinderisch. Wird man zudem aus Schaden klug, kann auch ein Unfall Gutes bewirken. Bei einem gemeinsamen Ausflug von Daimler und Junghans nach Zürich versagten auf dem steilen Gefälle beim Zollhaus Randen die Bremsen, dem Fahrer Gottlob Melchior wurde der Lenkhebel aus der Hand gerissen . . . Die unkontrollierbare Fahrt endete glimpflich, und die Herren landeten weich auf einem Misthaufen.

Das Erlebnis bereitete Missbehagen – und Arthur Junghans sann auf Abhilfe. Die Hebellenkung ersetzte er durch eine Schneckenlenkung und riss so das Steuer in Württembergs Automobilgeschichte herum. Wird das Steuerrad gedreht, wird das Schneckenrad, das in die Lenkschnecke eingreift, nach links oder rechts bewegt. Der fest auf die Schneckenradwelle aufgekeilte Lenkstockhebel verwandelt diese kurze Dreh- in eine Schwenkbewegung und gibt sie direkt an das Lenkgestänge und damit an die Räder weiter. Auf diese Weise drehte ein tüchtiger Uhrenfabrikant am Rad der Automobilgeschichte.

Der schwäbische Spruch des Wochenendes kommt von Aline Gross aus Stuttgart: „Oine hot, nochdem se sieba Kender ghet hot, gsait: ‚Jetzt isch aber Schluss!‘ ‚Aber‘, hot dui ander g’moint, ‚solang mr sengt, ischt Kirch net aus!‘“