Auf der Erfolgswelle: Audi Werkpilot René Rast feierte innerhalb von vier Jahren seinen dritten Titel in der DTM. Foto: imago//Thomas Pakusch

René Rast gewinnt das DTM-Finale in Hockenheim und sichert sich damit seinen dritten Titel in der Tourenwagen-Serie. Der Audi-Pilot musste in seiner Karriere jedoch einige Umwege einschlagen.

Hockenheim/Stuttgart - Das sollte ein jeder Autofahrer tunlichst bleiben lassen: sich am Steuer immer wieder mit beiden Händen vor die Augen fassen. René Rast hat es trotzdem gemacht, und gut: Der Mann bekommt mildernde Umstände angerechnet. Der 34 Jahre alte Rennfahrer hatte wenige Sekunden zuvor das DTM-Finale in Hockenheim überlegen gewonnen und damit den dritten Titel in der renommierten Serie eingesammelt. „Ich bin so was von emotional, ich kann es nicht in Worte fassen“, sagte der Audi-Pilot, der sich auf der Ehrenrunde vor leeren Rängen immer wieder Tränen aus den Augen wischen musste. Trotz der verschwommenen Sicht erreichte der frischgebackene Dreifach-Titelträger unfallfrei die Boxengasse. Ein echter Champion.

Die Entscheidung im Finalrennen war früh gefallen, nachdem Rast an seinem Titelkonkurrenten Nico Müller (Schweiz) vorbeigezogen war und seinen Vorsprung schnell ausbaute. „Das Auto war so hervorragend – danke ans Team“, freute sich Rast, „ich hätte bis morgen früh durchfahren können.“ Audi-Markenkollege Müller konnte wegen abbauender Reifen nicht mehr angreifen. Er war enttäuscht, da er die Gesamtwertung lange dominiert hatte, seine Führung in den letzten drei DTM-Stationen aber an Rast abgeben musste. „Es tut mir leid für mein Team“, sagte der 28-Jährige aus Thun, „schade, dass wir die Krönung verpasst haben.“ Der Deutsche lag am Ende mit 353 Punkten klar vor dem Schweizer mit 330 Zählern. „Ich wollte diesen Titel unbedingt“, betonte der Rennfahrer, der in Bregenz am Bodensee mit seiner Partnerin Diana und dem gemeinsamen Sohn Liam (4) lebt.

Nur Bernd Schneider hat mehr DTM-Titel

Drei DTM-Titel. Genauso viele wie Tourenwagen-Legende Klaus Ludwig. Nur Bernd Schneider, genannt Mister DTM, liegt mit fünf Gesamterfolgen noch vor Rast. Dabei hätte die Karriere des gebürtigen Mindeners schon vor 16 Jahren in einer Sackgasse enden können. Zu wenig Budget, das falsche Team – an einer der ersten Sprossen der klassischen Formel-Karriereleiter hing Rast wie ein nasser Sack, während zeitgleich der ein Jahr jüngere Sebastian Vettel behände nach oben kletterte. Nach der Formel BMW fehlten Rast zum Aufstieg in die Formel 3 das Geld sowie die Fürsprecher. Er machte einen Schritt zurück in den VW-Polo-Cup. Der Pennäler in der Tourenwagen-Schule räumte den Titel ab, und der Bursche erhielt einen Platz in der VW-Nachwuchsförderung. Diese zweite Chance nutzte René Rast. Vorbildlich. Von VW ging es zu Seat, dann weiter zu Porsche, wo er fünf Titel in Markenpokalen holte – dreimal sicherte er sich dabei den prestigeträchtigen Gewinn im Porsche-Supercup. Im Audi R8 LMS gewann er seit 2011 die 24-Stunden-Rennen in Daytona, auf dem Nürburgring und in Spa-Francorchamps, zudem das ADAC GT Masters. 2015 folgte die Beförderung ins Audi-Werkteam, wo er im Audi LMP1 beim 24-Stunden-Klassiker in Le Mans startete.

Rast stand schon vor dem Karriereende

Nur ein Traum schien unerreichbar. Die Tür zur DTM blieb verrammelt. Schon 2012 war er von Audi erstmals zur Sichtung eingeladen worden – und wurde für zu langsam befunden. Weitere Sichtungen folgten mit dem gleichen niederschmetternden Ergebnis. „Das war keine schöne Zeit“, erinnert sich Rast. Dann kam der 16. Juli 2016: ein Anruf, eine Blitzreise nach Zandvoort und die DTM-Premiere als Ersatz für den verletzten Adrien Tambay. Der Mindener packte die neue Chance beim Schopf, 2017 erhielt er ein Audi-Cockpit in der DTM. Und nun legte René Rast los: Meister 2017, Vizemeister 2018, Meister 2019 und 2020.

Nun ist er dreimaliger DTM-Champion, ob Nummer vier dazukommt, ist jedoch fraglich – die Serie stellt sich 2021 technisch neu auf, geht mit kostengünstigeren GT3-Fahrzeugen an den Start, und es ist unsicher, ob Audi seine Werkpiloten für einen Einsatz abstellt. René Rast muss sich aber keine Sorgen machen. Er besitzt für kommendes Jahr ein Cockpit und startet im Audi in der Formel E, wo er dieses Jahr schon beim Saisonfinale im August in Berlin gefahren ist. Der Mann ist doch noch in einer Formel-Serie angekommen. Eben über einen Umweg, aber das ist für René Rast ja nichts Neues.