Auf dem Innovationscampus Cyber Valley wurde schon im vergangenen Jahr emsig gebaut. Foto: dpa/Bernd Weißbrod

Tübinger OB Palmer will den Technologiekonzern im Innovationscampus Cyber Valley unterstützen. Gemeinsame Lösung in der Diskussion.

Bosch baut in Tübingen kein eigenes Zentrum für Künstliche Intelligenz (KI). Doch für Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Er ließ ausrichten: „Die Stadt hat weiterhin großes Interesse an dem Projekt und wird mit dem Staatsministerium versuchen, ein Engagement von Bosch im Cyber Valley zu ermöglichen.“

Das Staatsministerium sieht da zunächst andere gefragt. Ausschlaggebend sei, dass Bosch sich nicht vom Cyber Valley abkehre, auch wenn der Technologiekonzern kein eigenes Zentrum mehr bauen will. „Bosch ist bereits und bleibt wichtiges Mitglied des erfolgreichen und international sichtbaren Innovationscampus Cyber Valley, um die KI-Forschung in Baden-Württemberg zu stärken und die Vernetzung von Industrie und Spitzenforschung voranzubringen“, unterstrich eine Sprecherin von Ministerpräsident Kretschmann (Grüne). Nach Kenntnis des Staatsministeriums gebe es inzwischen erste Gedanken zu einem gemeinsamen Gebäude von Bosch, den Max-Planck-Instituten, Universität und Stadt Tübingen.

Staatsministerium würde gemeinsame Lösung begrüßen

„Das würden wir sehr begrüßen, da räumliche Nähe immer der Zusammenarbeit nutzt und eine kritische Masse an Forschungs- und Entwicklungsressourcen die Umsetzung von KI-Anwendungen noch schneller voranbringt“, erklärte die Regierungssprecherin gegenüber unserer Zeitung.

Die Überlegungen zu einer gemeinsamen Lösung bestätigte eine Sprecherin von Bosch. „Denkbar ist ein gemeinsames Gebäude, in dem Bosch dann einen Teil in Anspruch nehmen könnte“, sagte auch sie.

Nach früheren Angaben wollte Bosch in seinen eigenen KI-Campus in Tübingen 100 Millionen Euro investieren. Die künftige finanzielle Beteiligung werde davon abhängen, wie genau die gemeinsame Lösung aussehen werde.

Zusammenarbeit geht weiter

Auch ohne eigenes KI-Zentrum gehe die Zusammenarbeit mit den Partnern im Cyber Valley weiter. „Bosch bleibt Mitglied der Forschungskooperation Cyber Valley, um KI-Forschung in Baden-Württemberg gemeinsam mit den Partnern weiter voranzutreiben und zu stärken“, unterstrich die Unternehmenssprecherin.

Bosch finanziere im Cyber Valley seit 2018 eine Stiftungsprofessur. Zwei Bosch-Forscher leiten zudem sogenannte Industry on Campus Arbeitsgruppen. Mit den Arbeitsgruppen bindet die Universität Tübingen externe Experten praxisnah in Lehre und Forschung ein. Beide Arbeitsgruppen befassen sich mit maschinellem Lernen.

Cyber Valley-Chef „nicht überrascht“

Michael Black, der Sprecher von Cyber Valley und Direktor am Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme im Tübingen, reagierte gelassen. Er verweist auf den Wandel in der Arbeitswelt, den die Coronapandemie eingeleitet habe: „Im aktuellen Wirtschaftsklima bedeutet dies, dass jedes Unternehmen seinen Raumbedarf neu bewertet. Die Tatsache, dass Bosch den Raumbedarf zurückgeschraubt hat, ist vor diesem Hintergrund nicht überraschend“.

Black hob die engen Verbindungen und Kooperationen mit Bosch hervor: „Bosch bleibt ein wichtiger, langfristiger und sehr engagierter Cyber Valley Partner.“

Bosch sei von Anfang an Teil des „bemerkenswerten Wachstums“ im Cyber Valley gewesen und werde auch in Zukunft Teil davon sein. Black erklärte: „Wir wollen alle das Gleiche – eine florierende und vielfältige Wirtschaft. Wir sind alle überzeugt davon, dass KI eine wichtige Triebkraft dafür sein wird.“

Chance für Start-ups

Die Entscheidung von Bosch und eine mögliche gemeinsame Lösung betrachtet Black als „eine Chance für Cyber Valley Start-ups, die Raum für ihr Wachstum benötigen“. Aktuell zählt er im Start-up-Netzwerk 39 Unternehmen und verzeichnet ein schnelles Wachstum.

Die Zukunft der KI-Wirtschaft werde „von neuen, bahnbrechenden Unternehmen kommen, die sich zu globalen Akteuren entwickeln“. Cyber Valley will laut Black sicherstellen, „dass die Region Stuttgart/Tübingen der attraktivste Standort für KI-Startups ist“.