In Karlsruhe drehen Porsche-Loks ihre Runden. Zwei bis zu 75 PS starke Miniatur-Lokomotiven fahren im Schlossgarten – optisch angelehnt an die Sportwagen.
Man könnte meinen, es seien Glubschaugen, die die Frontseite der drollig wirkenden Freizeitbahn zieren. Optisch und baulich angelehnt sind die blauen und gelben Miniatur-Bahnen in Karlsruhes Schlossgarten an den legendären Porsche 356er. An den schnittigen Fahrzeugen von Porsche gelten die Scheinwerfer – die manchen durchaus an kugelrunde Augen erinnern – eher als Zeichen von besonderer Eleganz.
Bei der Freizeitbahn, die nördlich des Karlsruher Schlosses ihre Runden dreht, handelt es sich aber nicht um den zwischen 1948 und 1965 rund 76 000 mal gebauten Wagen vom Typ 356 – dem einstmals ersten Serienwagen der Sportwagenschmiede – sondern schlicht um die Schlossgartenbahn, wie die Karlsruher sie nennen. Die bei Insidern nur als Porsche-Lok firmierende Zugmaschine ist dabei fast exakt so lang und breit, wie es einst der 356-er war. Und ähnelt auch dem Urtyp des VW Käfer.
Porsche-Loks gab es nur in wenigen Exemplaren
Die ab 1959 in Dortmund von Henry Escher gebauten Porsche-Loks gab es nur in wenigen Dutzend Exemplaren, die schmucken Ausstellungsbahnen waren bis 1979 in fast allen Gartenschauen in Deutschland im Einsatz, ebenso in Rotterdam und Amsterdam. Porsche-Loks gab es 1961 und 1977 bei den Bundesgartenschauen (Buga) in Stuttgart, 1975 bei der Buga in Mannheim – und 1967 eben auch in Karlsruhe. Dort gehören sie nun zu den letzten verbliebenen Exemplaren. Während in Mannheim und Stuttgart die Bahnen nach den Gartenschauen wieder abgebaut wurden, sind sie im Karlsruher Schlossgarten bis heute im Einsatz; zunächst als Teil der privat betriebenen Schlossgartenbahn. 1988 wurden Fahrzeuge und Anlagen übernommen von den Verkehrsbetrieben Karlsruhe.
Der Karlsruher Schlossgarten hat für Stephan Viel eine ganz besondere Bedeutung. Als Knirps war die Grünanlage eine Art Ersatzspielplatz für ihn. Zweieinhalb Jahre alt war er, als er erstmals in einem Wagen der Porsche-Lok fotografiert wurde. Und womöglich brachte ihn der frühe Kontakt zur Schlossgartenbahn auch zum späteren Beruf. Viel ist seit 1989 Lokführer, hat Prüfungen für mehr als zwei Dutzend Diesel- und E-Loks absolviert, von der Baureihe 140 (die im Güterverkehr eingesetzt wird) über die legendären 425-er und 628-er Triebwagen bis zu großen E-Loks und Karlsruhes einzigartigen Zweisystem-Wagen.
Die zweite Lok ist am Start
Im März ging im Schlossgarten die zweite Porsche-Lok an den Start. Stephan Viel begleitete die Restaurierung im Betriebshof der Verkehrsbetriebe von Anfang an. 2018 war die Lok im benachbarten Saarbrücken ausrangiert worden, der Umzug nach Karlsruhe eine Art späte Heimkehr. Schon 1967 war sie dort bei der Buga im Einsatz. „Damals noch als rote lackierte Lok mit weißem Streifen in Dienst gestellt, war sie seit Ende der Buga nicht mehr in Karlsruhe gewesen“, erzählt Viel. Von 2018 bis 2023 dauerte die Restaurierung, das Bähnle wechselte die Optik in ein Himmelblau und kurvt nun umher mit 75 PS und 1600 Kubik Hubraum.
Eine zweite betriebsfähige Porsche-Lok ist seit 1967 durchgängig in Betrieb, sie war zwischendurch – von 1988 bis 2007 – ganz in Rot lackiert. Seit 2007 trägt sie wieder die einstige Originallackierung in Gelb – angetrieben mit einem 36 PS Benzinmotor, wie diese auch im VW Käfer zum Einsatz kamen. Die beiden Porsche-Loks, seit März 2024 nun ein Tandem, fahren immer samstags: „Regulär ist es jetzt die restaurierte blaue Lok, die im Einsatz ist“, sagt Viel. An Sonn- und Feiertagen werden Familien mit Kindern von einer rot-schwarzen Dampflok namens „Greif“ durch den Schlossgarten gezogen. Diese betreiben Marco Müller und Steffen Waidelich im Auftrag der VBK.
In Amsterdam gibt es auch eine Porsche-Lok
Auch 57 Jahre nach der Bundesgartenschau in Karlsruhe scheint die nun ins Oldtimer-Alter gekommene Schlossgartenbahn nichts von der Faszination verloren zu haben – bei ihrer Bahnfahrt unter Bäumen, an Liegewiesen vorbei und mitten durch die grüne Oase der Fächerstadt. Ein ganzes Team von Lokführern wechselt sich regelmäßig ab im Betrieb. Der hauptberuflich als Lokführer der Deutschen Bahn AG tätige Stephan Viel, der im Hobby auch der Vorsitzende der Modellbahn- und Eisenbahnfreunde Karlsruhe ist Mitglied der siebenköpfigen „IG Porsche-Lok“, die von Holger Schuett, initiiert wurde. Schuett, der auch für Homepage der Interessengemeinschaft verantwortlich ist, wohnt in Hamburg. Aus Saarbrücken stieß der einstige Betriebsleiter der 2,1 Kilometer langen Fahrstrecke im dortigen „Deutsch-Französischen Garten“, Wolfgang Schöneich, mit zu den Idealisten dazu. Der heute 87-Jährige gilt gemeinhin als DER Fachmann für Porsche-Loks. Von 1960 bis Pensionierung 2011 war er an der Saar verantwortlich – die letzte dort verbliebene Porsche-Lok kam nach Karlsruhe. Nur an einem weiteren Ort ist eine Porsche-Lok im Betrieb: im Amstelpark in Amsterdam.
Der DB-Lokführer Stephan Viel schrieb kürzlich einige seiner Kindheitserinnerungen an die Schlossgartenbahn seit 1967 nieder. „Oma, dürfen wir Bähnle fahren“, so lautet der Titel. Sein Rückblick auf 57 Jahre Schlossgartenbahn endet mit dem Sympathie versprühenden Satz: „Allzeit gute Fahrt, kleine Bahn“. Natürlich war Viel im März mit dabei bei der (neuerlichen) Jungfernfahrt der frisch restaurierten blauen Lok – die fast exakt genauso alt ist wie er selbst. Er habe „einige Tränen in den Augen gehabt, als der Zug in ruhiger Fahrt die Schienen im Schlossgarten befuhr“, lässt er gerührt wissen. Und fügt mit einem verschmitzten Achselzucken hinzu: „Was soll man auch machen, wenn ein Leben lang ein Bähnle im Kopf sein Unwesen treibt.“
Was der Spaß kostet
Betrieb
Die Saison der Schlossgartenbahn dauert bis Sonntag, 3. November. Die Dampf-Lok „Greif“ fährt an Sonn- und Feiertagen. Samstags findet der Fahrbetrieb mit einer der beiden Porscheloks von 12 bis 19 Uhr statt. An Sonn- und Feiertagen fährt die Schlossgartenbahn von 11 bis 19 Uhr. Die letzten Fahrten finden jeweils um 18.30 Uhr statt.
Preise
Erwachsene 3,50 Euro; Kinder (2-14 Jahre) 1,90 Euro; Familienkarte (max. 2 Erwachsene und 2 Kinder. Bei Familien 2 Erwachsene und alle Kinder bis einschl. 14 Jahre) 7 Euro; Schulklassen pauschal (max. 30 Personen) 18 Euro. js