Wer zurzeit in Wald und Flur joggt, muss mit Angriffen aus der Luft rechnen. Die Attacke erfolgt meist lautlos und von hinten. So wie in Leonberg, wo jetzt vier Menschen von Greifvögeln verletzt wurden.

Leonberg - Wer zurzeit in Wald und Flur joggt, muss mit Angriffen aus der Luft rechnen. Die Attacke erfolgt meist lautlos und von hinten. So wie in Leonberg, wo jetzt vier Menschen von Greifvögeln verletzt wurden. Der Förster hat Warnschilder aufgestellt. "Meiden Sie dieses Waldgebiet."

Waren es Mäusebussarde oder Habichte? Das ist nicht bekannt. "Da sie von hinten angegriffen wurden, konnten sie die Vögel nicht genau erkennen", weiß Leonbergs Stadtsprecherin. Fest steht, dass in der vergangenen Woche wenigstens vier Jogger schmerzhafte Begegnungen mit Vögeln hatten. Drei erlitten blutende Kratzwunden am Kopf, eine Frau berichtet von "einem Schlag auf den Hinterkopf". "Zwei haben sich bei uns, zwei beim Förster gemeldet", sagt die Sprecherin. Der dringende Wunsch der Verletzten: Andere warnen, dass nicht noch mehr passiert.

Förster Ulrich Greß hat dies umgehend getan. Acht DIN-A-4 große Schilder hat er gemacht und dort platziert, wo die Läufer von Vögeln gewaltig aus dem Tritt gebracht wurden. Es ist das Waldgebiet zwischen Eltingen und Warmbronn. Für Kenner der Örtlichkeit: Das Dreieck zwischen Eltinger Blick, Feinau und Trimm-Dich-Pfad Warmbronn. "Brütende Raubvögel verteidigen in diesem Waldgebiet derzeit ihren Brutbereich auch gegen Menschen. Es ist mit Angriffen zu rechnen", warnt Greß.

Hinter den Vogelattacken, die in den vergangenen Jahren bekannt wurden, steckten meist Mäusebussarde. Selten sind die Attacken so heftig, dass die Polizei davon erfährt. Die aktuellen Angriffe in Leonberg haben die Betroffenen jedenfalls nicht gemeldet, erklärt ein Böblinger Polizeisprecher. Im Juli 2008 aber wurde in Deckenpfronn (Kreis Böblingen) ein 46-jähriger Jogger so schwer am Kopf verletzt, dass er sich von einem Arzt behandeln lassen musste. 2007 machten die Tiere im Rems-Murr-Kreis Schlagzeilen, als sie im Remstal mehrfach Jogger und Radfahrer angriffen.

"Das kommt bundesweit, ja weltweit vor", sagt Daniel Schmidt, der Leiter des Vogelschutzzentrums Mössingen. Der Diplom-Biologe kennt das Problem der Angegriffenen: "Man merkt es oft nicht rechtzeitig". Dabei gibt es durchaus Warnsignale, doch "die meisten Menschen kennen sie nicht". Es sind "die Rufe der Jungen, die um Futter betteln". Anfangs, wenn sie noch ganz klein sind, ein helles piij piij", später ein tieferes biijüüi. Mäusebussarde schlüpfen meist im Mai und sind Ende Juli oder Anfang August groß genug, um sich selbst zu versorgen. Dann gibt es für die Vogeleltern nichts mehr zu verteidigen und Jogger können wieder ungestört ihre Runden drehen.

Bis dahin allerdings ist Vorsicht angebracht. Wer ganz sicher sein will, meidet bekannte Brutgebiete von Greifvögeln wie die im Wald bei Leonberg. Damit tut er sich und den Tieren einen Gefallen. Die Stadtverwaltung Köln hat dies sogar amtlich verordnet. Sie hat in diesem Jahr eine Laufstrecke gesperrt, auf der es 2008 zu etlichen Zusammenstößen zwischen einem Mäusebussard und Joggern gekommen war.

Ein Mann aus Urbach (Rems-Murr-Kreis) mag allerdings nicht auf seine Lieblingsparcours verzichten. Er hat, so lässt er in einem Leserbrief wissen, ein probates Mittel gefunden, um sich zu schützen. Er schrieb im Mai 2009 nach einem Bussardangriff auf eine Joggerin im nahe gelegenen Schorndorf: "Normalerweise fliegen Bussarde nur dicht über den Kopf hinweg, um den Störenfried zur Flucht zu bewegen." Der einfachste Schutz vor diesen Angriffen sei der Einsatz einen kleinen Astes, so in der Hand mitgeführt, dass er etwa zehn Zentimeter über den Kopf hinausragt. Das störe beim Laufen in keiner Weise und verhindere jeglichen Angriff der Bussarde.

Für Besucher des Freibads in Reutlingen wäre dieser Art des Schutz allerdings etwas schwierig gewesen. Dort hat eine Mäusebussard in diesem Jahr wiederholt Badegäste angegriffen, erzählt Daniel Schmidt. Jetzt hat das Vogelschutzzentrum Mössingen einen Jungvogel zum Aufziehen. "Wir haben ihn aus dem Nest genommen."