Die Bundespolizei zeigt am Hauptbahnhof Präsenz. Foto: picture alliance/dpa/Patrick Seeger

Attacken und Aggressionen häufen sich am zentralen Stuttgarter Bahnverkehrsknoten. Liegt das am wieder zunehmenden Reiseverkehr?

Schon wieder Zoff am Hauptbahnhof: Eine sechsköpfige Gruppe hat sich am späten Donnerstagabend eine Prügelei am Bahnsteig geliefert – und am Ende hatte die Bundespolizei zwei verletzte Beamte. Ein hochaggressiver und polizeibekannter 32-Jähriger landete ebenfalls im Krankenhaus. Die Attacken und Aggressionen häufen sich. Strömt mit zunehmendem Reiseverkehr verstärkt gewaltbereites Klientel herbei?

Der jüngste Vorfall spielte sich am Donnerstag gegen 22.20 Uhr am Bahnsteig 11/12 ab. Zeugen meldeten eine Auseinandersetzung unter sechs Personen – die umgehend das Weite suchten, als alarmierte Beamte anrückten. Zwei Verdächtige konnten allerdings am Bahnsteig 16 gestellt werden.

Für eine Polizistin endet Dienst vorzeitig

Die 29 und 32 Jahre alten Männer reagierten offenbar äußerst aggressiv. Besonders der Ältere wollte sich überhaupt nicht kontrollieren lassen – und griff die Beamten an. Die hatten alle Hände voll zu tun, um den Tobenden zu bändigen und schließlich zu fesseln. „Der Mann ist in den Polizeisystemen bereits wegen Gewaltdelikten registriert“, sagt Denis Sobek, Sprecher der Bundespolizeiinspektion Stuttgart. Wegen seines psychischen Ausnahmezustands sei der 32-jährige in eine spezielle Abteilung eines Krankenhauses eingeliefert worden.

„Insgesamt waren bis zu sechs Streifen von Landes- und Bundespolizei für diesen Fall im Einsatz“, sagt Sobek. Ein Beamter und eine Beamtin erlitten leichte Verletzungen – für die Polizistin war der Dienst noch am Abend zu Ende.

Drei weitere verletzte Beamte

Auch Sobek stellt fest, dass sich die Fälle von Gewalt und Widerstand derzeit häufen. Am Mittwoch gegen 10.20 Uhr waren es zwei 20 und 21 Jahre alten Männer, die sich mit Leibeskräften gegen eine Kontrolle einer Streife von Zoll und Bundespolizei wehrten. Ein 20-Jähriger versuchte Richtung Königstraße zu flüchten, verletzte dabei drei Einsatzkräfte, erlitt im Gerangel selbst ebenfalls Blessuren. Der Grund seines Widerstands wurde schnell klar: Er hatte Kokain und Marihuana dabei. Seinem 21-jähriger Komplize nutzten Drohungen und Beleidigungen wenig: Er wurde einem Haftrichter vorgeführt, weil gegen ihn wegen Körperverletzung ein Haftbefehl des Amtsgerichts Waiblingen vorlag. Der Mann landete hinter Gittern.

Mehr Gewalt und Diebstahlsdelikte

Dass Aggressionen und Attacken auch arglose Bahnreisende treffen, zeigte sich am vergangenen Samstag um 22.35 Uhr, als ein Unbekannter einen 32-Jährigen an Bahnsteig 1 ins Gesicht schlug und in den Schwitzkasten nahm. Dabei hatte das Opfer nur eine Frage in mutmaßlich arabischer Sprache nicht beantworten können. Der Täter ist weiterhin unbekannt. „Es hat hier weitere Zeugenhinweise gegeben“, sagt Sprecher Sobek, „die Ermittlungen laufen noch.“

Die Bundespolizei stellt am Hauptbahnhof eine Steigerung von Diebstählen und Rohheitsdelikten fest – im Vergleich zum Frühjahr. „Das ist aber nicht exorbitant mehr“, sagt Sobek. Vergleiche mit den Coronajahren 2020 und 2021 gelten als wenig aussagekräftig.

Pfefferspray nach Feierabend

Verwunderlich ist die jüngste Entwicklung aber nicht: Gutes Wetter, mehr Ausflüge, Pfingstferien, Neun-Euro-Ticket – da füllen sich die Bahnen wieder. Inklusive problematischem Klientel. „Für einen Taschendieb ist ein Gedränge mit 100 Menschen einfacher als ein leerer Bahnsteig mit zehn Leuten“, so der Bundespolizeisprecher. Bei konfliktbereiten Personen spiele auch Alkohol eine Rolle. Die jüngsten Fälle zeigen, dass sich auch Polizisten vorsehen müssen. Auch nach Feierabend: Auf dem Nachhauseweg wollte jüngst ein Beamter am S-Bahn-Halt einen Streit zweier Gruppen schlichten. Er bekam eine Ladung Pfefferspray ab.