Die 8. Strafkammer des Stuttgarter Landgerichts hat einen chronisch eifersüchtigen 27-Jährigen, der seiner Ex-Freundin Gewalt angetan hatte, zu sechs Jahren Haft verurteilt. Foto: dpa

Ein 27-Jähriger hat aus Eifersucht seine Freundin mehrfach verletzt und sie auf einem Parkplatz zum Geschlechtsverkehr gezwungen. Für seine Taten ist er am Mittwoch am Landgericht verurteilt worden.

Ludwigsburg - Besonders schwere Vergewaltigung und Geiselnahme, schwere Körperverletzung, Sachbeschädigung mit versuchter Nötigung, vorsätzliche Körperverletzung: Die Einzelstrafen für mehrere Anklagepunkte bündelte die 8. Strafkammer des Stuttgarter Landgerichts am Mittwoch zu einem Strafmaß von sechs Jahren. So lange muss ein 27 Jahre alter Paketzusteller aus Kohlberg im Kreis Esslingen nun ins Gefängnis. Dort soll er sühnen, was er seiner ehemaligen Freundin unter anderem in Ludwigsburg aus nagender Eifersucht angetan hat und was, wie der Vorsitzende Richter Ulrich Tormählen sagte, zwar körperlich verheilt sei, die Frau aber nach wie vor seelisch belaste.

Spannungsgeladen war die Beziehung des Paares auch schon vor den nun verurteilten Taten gewesen. Das ständige Wechselbad der Gefühle variierte zwischen Auseinandersetzungen, Schuldzuweisungen und Trennungsphasen bis hin zu Wiederversöhnungen und erneutem Zusammenfinden. Die 26-Jährige missbilligte seinen Drogenkonsum, er unterstellte ihr, sie lasse sich mit anderen Männern ein.

Ihr vermeintliches Fremdgehen war auch Auslöser für seine explosive Wut, die in einer Vergewaltigung auf einem Firmenparkplatz in Seitingen-Oberflacht im Landkreis Tuttlingen kulminierte.

Zugespitzt hatten sich die Auseinandersetzungen vor einem Jahr. Auf dem Mitarbeiterparkplatz eines Esslinger Einkaufscenters passte der Mann die 26-Jährige ab, bedrohte sie, zertrümmerte ihre Autofensterscheibe und versetzte ihr durch die Öffnung einen Schlag. Der Frau gelang die Flucht, doch vor ihrer Wohnung erwischte er sie und schlug sie zu Boden. Das Familiengericht Esslingen sprach ihm ein Annäherungsverbot aus.

Im Auto zückte der Mann eine Schere und verletzte sein Opfer

Doch im vorigen April lauerte er seiner Verflossenen erneut auf. Er sprang vor ihrer Wohnung aus einem Gebüsch, bedrohte und schlug sie mit einer Schreckschusspistole. Als es ihr gelang, sich ins Haus zu retten, wandte sie sich hilfesuchend an die Polizei. Ordnungshaft wurde beantragt, denn mit dem Übergriff hatte der Mann auch das Annäherungsverbot gebrochen. Bis diese Ordnungshaft knapp einen Monat später tatsächlich griff und der 27-Jährige für eine Woche hinter Gitter musste, hatten sich die Beiden allerdings wieder versöhnt. Die Frau besuchte den Mann sogar im Gefängnis. Während er dort einsaß, setzte sich in seinem Kopf allerdings die fixe Idee fest, seine Freundin habe sich auf eine Affäre mit seinem besten Kumpel eingelassen. „Dafür haben sich allerdings keinerlei Beweise gefunden“, sagte der Richter in der Urteilsbegründung.

Ganz voneinander lassen konnten die Zwei offensichtlich nicht: Nachdem sie sich im September 2017 erneut getrennt hatten, rief ihn die Frau an, um die Beziehung gut zu Ende zu bringen. Sie verabredeten sich bei einem Kreisverkehr in Kohlberg. Die Voraussetzungen für ein gutes Ende waren allerdings denkbar schlecht. Gleich nachdem er zu ihr ins Auto stieg, gerieten sie in heftigen Streit. Als sie ihn aufforderte, ihren Wagen zu verlassen – sie wollte nach Heilbronn zu ihrer Großmutter fahren – weigerte er sich.

Erst kurz vor Ludwigsburg erklärte er sich bereit, auszusteigen. Die Frau bog von der Autobahn ab und hielt in einem Ludwigsburger Gewerbegebiet. Anstatt das Auto zu verlassen, attackierte der Mann sie mit einer Haushaltsschere und fügte ihr mehrere Verletzungen zu. Er werde ihr das Gesicht zerschneiden, damit jeder sehen könne, dass sie eine Hure sei, soll er sie angeschrien haben.

Erst zum Schluss des Prozesses gibt der Angeklagte die Vorwürfe zu

Wohl auch, weil er sich bei dem Angriff selbst verletzte, ließ er von der Frau ab, fesselte sie mit seinem Unterhemd, und fuhr mit ihr wieder auf die Autobahn – in die entgegengesetzte Richtung. Die Tour endete rund 100 Kilometer südlicher in der Tuttlinger Peripherie: Auf besagtem Firmenparkplatz im 2300-Seelen-Dorf Seitingen-Oberflacht. Dort vergewaltigte er sein Opfer und brachte erneut die Schere ins Spiel: Er drohte der Frau mit einer Genitalverstümmelung und damit, „es zu Ende zu bringen“. Eine verklausulierte Todesdrohung, wie der Richter am Mittwoch befand. Seinem früheren Kumpel, den der Täter für den Liebhaber der Frau hielt, schickte er eine Sprachbotschaft aufs Handy: Die Frau sei bestraft worden und werde auch weiter bestraft.

Der Angeklagte, der das Urteil ohne erkennbare Gefühlsregung zur Kenntnis nahm, hat die Taten lange geleugnet und dann behauptet, der Geschlechtsverkehr auf dem Parkplatz sei einvernehmlich gewesen. Schlussendlich gab er aber alle Vorwürfe zu und entschuldigte sich bei der Frau.

Das rechnete ihm das Gericht positiv an. „Allerdings: So spät haben wir ein Geständnis noch nie erlebt“, merkte der Richter an. Straferschwerend seien mehrere – wenn auch keine einschlägigen –Vorstrafen, Bewährungsbruch und die Tatsache gewesen, dass der Mann sein Opfer über mehrere Stunden in seiner Gewalt gehabt habe.