Block I des Kernkraftwerks Neckarwestheim ist abgebaut. Wohin mit dem Bauschutt? Foto: dpa

Schwieberdingen sagt Nein zur Ablagerung von radioaktivem Bauschutt auf der Deponie Froschgraben. Dabei hat sie eigentlich gar nichts zu entscheiden. Die Frage ist: was tun jetzt der Kreis und das Land?

Schwieberdingen - Die Situation ist paradox: Schon im kommenden Jahr könnten die ersten Lastwagen mit radioaktivem Bauschutt aus dem stillgelegten Kernkraftwerk Neckarwestheim bei den beiden Deponien im Kreis ankommen. Doch am einen Standort – Burghof in Vaihingen-Horrheim – ist die Stadt die Grundstücksbesitzerin und hat kein Problem damit. Am zweiten Standort – Froschgraben in Schwieberdingen – ist die Gemeinde weder Betreiber noch Eigentümer der Deponie. Dort aber hat der Gemeinderat am Mittwochabend einstimmig beschlossen, die Ablagerung dieser Stoffe abzulehnen.

Die Kreisverwaltung und die Kreisabfallverwertung AVL sieht sich in Anbetracht des Vorstoßes der Gemeinde in einer Zuschauerrolle. Der AVL-Technikchef Albrecht Tschackert war bei der Sitzung am Mittwoch zugegen. Doch kein einziger Gemeinderat stellte ihm eine Frage. Die Pressestelle des Landratsamts teilt auf Anfrage mit, dass man den Beschluss „zur Kenntnis genommen“ habe. Man wolle erneut mit dem Land in Verhandlungen treten, ob der schwach radioaktiv belastete Schutt ausnahmsweise dort bleiben kann, wo das Kraftwerk steht. In diesem Falle wäre das Gemmrigheim, auf dessen Markung große Teile von Block I stehen. Viel zu erhoffen habe man dort aber nicht, heißt es.

Die Reststoffe einfach liegen lassen?

Einen Verbleib der sogenannten „frei gemessenen“ Stoffe an Ort und Stelle wünscht man sich auch in Schwieberdingen. „Dann müsste man überhaupt keinen Mülltourismus betreiben“, sagte Dieter Rommel, Fraktionsvorsitzender der CDU. Noch mehr Selbstbewusstsein wünschte sich gar Monika Birkhold (Grüne). Ihr missfalle, dass im gemeinsamen Antrag von CDU, Freien Wählern und SPD angemerkt wird, der Gemeinde sei bewusst, dass die Deponierung nicht in ihrer Entscheidungsbefugnis liegt. „Das wirkt auf mich etwas halbherzig“, sagte Birkhold. Michaela Reinold (ABG) kritisierte, dass die drei großen Fraktionen die drei kleinen nicht beim Antrag mit ins Boot geholt haben, stellte aber zum radioaktiven Schutt klar, „dass hier keiner das ganze Gerümsel möchte“.

Auch der Bürgermeister Nico Lauxmann machte deutlich, dass es bei vielen Bürgern eine „massive Verärgerung über die Kommunikation der AVL“ gebe. Dies vor allem, weil die Gemeinde erst kürzlich erfahren hatte, dass vor einigen Jahren bereits radioaktiv vorbelastete Stoffe auf dem Froschgraben abgelagert wurden. Zudem deckte eine Bürgerinitiative auf, dass die AVL asbesthaltige Stoffe offenbar nicht immer rechtmäßig gelagert hatte.

Schwierige Gutachtersuche

Die Suche nach einem Gutachter, der die Strahlenbelastung am Froschgraben untersuchen soll, gestaltet sich derweil schwierig. Laut Lauxmann wurden 13 Büros gefragt, doch nur drei bekundeten Interesse an dem Auftrag. Da eine Mehrheit des Gemeinderats dem Tüv zu viel Nähe zur Atomindustrie attestierte, bleiben noch zwei Büros: Stefan Gäth, Professor an der Universität Gießen, und das Büro iUS mit Sitz in Aschaffenburg. Der Gemeinderat soll bereits in zwei Wochen entscheiden.