Baden-Württemberg hat möglicherweise ein großes Problem mit den erworbenen Aktien.

Berlin/Stuttgart - Was noch letzte Woche eine Horrorvision war, ist jetzt eine Tatsache. Japan steht vor einem atomaren Super-GAU, Deutschland reagiert mit der Abschaltung von sieben Kernkraftwerken. Und das Land Baden-Württemberg hat möglicherweise ein großes Problem mit seinen erworbenen EnBW-Aktien. Der Wert des nun teilweise landeseigenen Stromversorgungsunternehmens, das einen beträchtlichen Teil seines Geschäfts mit Atomstrom macht, dürfte kräftig schrumpfen, wenn sich ein vorgezogenes Aus für die nukleare Energiegewinnung abzeichnet.

Offensichtlich teilen viele EnBW-Kleinaktionäre diese Einschätzung. Das Land hatte den Kleinaktionären, die rund zehn Prozent der EnBW-Anteile halten, das Angebot gemacht, ihre Aktien dem Land zu verkaufen. Das Land hatte je Aktie einen Preis von 41,50 Euro versprochen. Bereits vor der Katastrophe in Japan gab es ein reges Interesse der Kleinaktionäre, zu diesen Konditionen ihre Aktie loszuwerden. Offensichtlich erschien der angebotene Kaufpreis also vielen Anlegern als lukrativ, gingen sie doch davon aus, an der Börse so schnell nicht wieder 41,50 Euro erzielen zu können.

Seitdem das Drama in Japan im Gang ist, versuchen die Kleinaktionäre händeringend, die EnBW-Aktien zu den günstigen Konditionen loszuwerden. "Es zeichnet sich eine deutliche Belebung des Geschäfts ab", erklärte ein Insider, der die genaue Zahl der Offerten kennt, gestern gegenüber unserer Zeitung.

Am 18. März endet eine erste Frist, bis zu der Kleinaktionäre ihr Interesse an einem Verkauf der Aktien an das Land anmelden können. Am 24. März beginnt dann eine zweite Phase, in der sich Kleinaktionäre melden können. Diese zweite Frist endet am 6. April.

Danach sollen die EnBW-Aktien wieder an den Börsen gehandelt werden. Dann könnte es ein böses Erwachen für das Land als EnBW-Anteilseigner geben. Alles spricht dafür, dass sich die Perspektiven, mit Atomstrom Geld zu verdienen, drastisch verschlechtert haben. Gemessen an dem Betrag, den das Land für den Deal ausgegeben hat, dürfte der EnBW-Anteil des Landes dann einen deutlich geringeren Börsenwert haben.