Zeigt, wo es lang geht beim VfB Stuttgart: Atakan Karazor. Foto: Pressefoto Baumann

VfB-Neuzugang Atakan Karazor ist bereits ein Fixpunkt beim VfB Stuttgart. Der Essener ist Ansprechpartner und Taktgeber zugleich für seine neuen Kollegen.

Stuttgart - Dem aufmerksamen Beobachter der ersten Trainingstage unter dem neuen Trainerteam um Tim Walter ist nicht entgangen, dass einer der bisher neun Neuzugänge beim VfB Stuttgart bereits eine besondere Stellung eingenommen hat: Atakan Karazor. Der 22-jährige Schlaks (1,90 Meter) ist ein Fixpunkt. Er ist der erste Ansprechpartner für den Trainer, wenn es um taktische Anweisungen geht. Kein anderer Akteur hat bisher mehr Testspielminuten in den Beinen. Auch bei den Mitspielern ist er ein gefragter Mann. „Die Jungs fragen mich oft, wie sie gewisse Dinge umsetzen sollen – und ich helfe natürlich gern“, sagt Karazor.

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Schließlich kennt er die Anforderungen gut, hat sie im letzten Jahr unter Walter bei Holstein Kiel verinnerlicht. „Zu Beginn kann das manchmal verwirrend sein“, beispielsweise wenn die Innenverteidiger im Spielaufbau plötzlich am gegnerischen Strafraum auftauchen. Eine Rolle, die auch Karazor auszufüllen vermag. Auch wenn er sich lieber auf der Sechserposition sieht. Der Essener gibt gern das Metronom – technisch beschlagen und mit großer Ruhe ausgestattet, arbeitet er im Maschinenraum der Mannschaft, dem zentralen Mittelfeld, die Aufgaben ab. Macht das Spiel schnell, wenn es möglich ist und drosselt es, wenn nötig. Er ist der Taktgeber.

Über den zweiten Bildungsweg nach oben

Zudem steht Karazor stellvertretend für einen Mentalitätstypus, auf den die sportlichen Entscheider bewusst Wert gelegt haben bei den Neuverpflichtungen. „Wir haben Spieler geholt, die in ihrer bisherigen Laufbahn auch schon einmal Dreck fressen mussten“, sagt Sportvorstand Thomas Hitzlsperger. Und meint damit Spieler, die nicht in den großen Nachwuchsleistungszentren groß geworden sind, sich gegen viele Widerstände durchsetzen mussten und eher auf dem „zweiten Bildungsweg“ im Profifußball angekommen sind. Sie tragen einen gewissen Hunger in sich, wollen den nächsten Schritt machen und mehr erreichen. Eine Attitüde, die dem VfB in der letzten Saison offensichtlich abgegangen ist, aber die Neuzugänge um Hamadi Al Ghaddioui, Philipp Klement und eben Karazor eint. „Es ist kein Nachteil für eine Mannschaft, wenn Typen dabei sind, die in ihren bisherigen Karrieren eher 120 als 100 Prozent geben mussten, um so weit zu kommen“, sagt Letzterer.

Der VfB in der Rolle des Gejagten

Dass eine Mammutaufgabe auf ihn und seine Kollegen zukommt, dessen ist sich Karazor bewusst. Alles andere als der Wiederaufstieg ist keine Option für den VfB Stuttgart. Die Schwaben müssen sich darauf einstellen, in quasi jedem Spiel die Favoritenrolle inne zu haben und gegen Mannschaften agieren zu müssen, die lediglich tief stehen und auf Fehler lauern. „Wir werden die Gejagten sein, das ist klar“, meint Karazor dazu nur lapidar und lässt doch durchblicken, welches Selbstverständnis Walter bereits nach wenigen Tagen seiner neuen Mannschaft implementiert hat: „Wir schauen nur auf uns und nicht auf den Gegner, wollen unser Spiel durchsetzen.“

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Damit das gelingt, ist allerdings noch einiges nötig. Der VfB hat noch jede Menge Arbeit vor sich in den verbleibenden 25 Tagen bis zum Ligastart gegen Hannover 96 (26. Juli, 20.30 Uhr). Die Verantwortlichen sind sich dieses Umstandes bewusst. Gemeinsam arbeitet man mit Hochdruck daran, dass die diffizilen Anforderungen Walters der Mannschaft in Fleisch und Blut übergehen. Immer, wenn Walter seiner Mannschaft am Rand des Trainingsplatzes auf dem Fernsehbildschirm in der Videoanalyse die Schwachpunkte aufzeigt, spitzt einer besonders die Ohren. Karazor, den wie die Bochumer Vereinslegende Michael Lameck alle nur „Ata“ rufen, weiß dann nämlich schon, dass er seinen Mitspieler gleich wieder den Takt vorgeben muss.