Die Stadt will in Oberaichen ein neues Heim bauen. Foto: Natalie Kanter

Die Stadt Leinfelden-Echterdingen kommt bei der Unterbringung von Menschen auf der Flucht lediglich ihrer Pflicht nach – stellt aber mehr Engagement in Aussicht.

Leinfelden-Echterdingen - Der Hilferuf aus dem Esslinger Landratsamt ist gehört worden. Zahlreiche Städte und Gemeinde haben ihre Unterstützung angeboten. Sie sind bereit, frisch eingereisten Flüchtlingen eine Heimat auf Zeit zu bieten und damit etwas Druck von den Mitarbeitern des Landratsamts zu nehmen. Der Kreis muss, wie Brigitte Walz, Leiterin des Kreissozialamtes auf Nachfrage mitteilt, derzeit monatlich 59 Menschen aufnehmen.

16 Gemeinschaftsunterkünfte gibt es mittlerweile im Kreis. Selbst kleine Kommunen wie Owen wollen helfen. Auch Ostfildern hat dem Landkreis ein Angebot unterbreitet. In Filderstadt sind in diesen Wochen 35 Flüchtlinge in städtische Häuser eingezogen. Die Große Kreisstadt Leinfelden-Echterdingen hielt sich als einzige Kommune auf den Fildern bis dato bei dieser Solidaritätsaktion zurück. Nun aber hat die Verwaltungsspitze offenbar mehr Engagement in Aussicht gestellt.

Bürgermeister Alexander Ludwig hatte noch im Januar erklärt, dass Leinfelden-Echterdingen dem Hilferuf des Kreises derzeit nicht nachkommen kann. Denn dazu müsse die Kommune erst neue Unterkünfte schaffen. Man verfüge auch über keine geeigneten Flächen. Zumal die Stadt selbst ihre Not habe, alle Hilfesuchenden – insbesondere Obdachlose – unterzubringen.

Diese Aussagen erneuerte Ludwig in der jüngsten Sitzung des Verwaltungs-, Kultur- und Sozialausschusses. Platz für neue Flüchtlinge gebe es derzeit nicht. OB Roland Klenk ergänzte, dass man bei der Anschlussunterbringung allerdings sehr gut aufgestellt sei.

Damit kam L.-E. bisher seiner Pflicht nach – mehr aber auch nicht. Zur Erklärung: Menschen, die aus ihren Heimatländern flüchten, werden in Baden-Württemberg von Karlsruhe aus auf die Landkreise verteilt. Diese sind verpflichtet, die Flüchtlinge zu versorgen und zu betreuen, solange deren Asylverfahren läuft und sind dabei auf die Mithilfe der Städte und Gemeinden angewiesen. Die Menschen und Familien, die in Deutschland bleiben dürfen, müssen dann von den Kommunen aufgenommen werden. Städte und Gemeinden sind zur sogenannten Anschlussunterbringung verpflichtet.

Stadt- und Kreisrätin Hilde Mezger (Grüne) hat das Thema im Sozialausschuss aufs Tapet gebracht. Sie hatte sich sehr gewundert, als sie in einer Sitzung des Kreistags erfuhr, dass L.-E. bisher nicht mit von der Partie ist. Schließlich sei die Stadt fast so groß wie Filderstadt. Im Ausschuss sagte sie: „Wir können uns doch nicht verweigern.“ Gegenüber unserer Zeitung erklärt sie: „Die Menschen kommen nicht aus Lust, sondern aus purer Not zu uns.“

„Wir blocken hier nicht“, sagt Alexander Ludwig unserer Zeitung. „Sobald wir die Möglichkeit dazu haben, wollen wir uns solidarisch zeigen.“ Dazu werde verwaltungsintern nach Lösungen gesucht.

Der Hintergrund: Es hat in den vergangenen Tagen ein Telefonat zwischen Ludwig und einem Mitarbeiter des Landratsamts gegeben. In diesem Gespräch soll der Bürgermeister gesagt haben, dass L.-E. versuche, den Landkreis bei der Unterbringung von Flüchtlingen zu unterstützen. „Es tut sich also doch was“, sagt Kreissozialamtsleiterin Walz dazu. Was genau, ist von Ludwig allerdings nicht zu erfahren.

Und wie steht es um den Plan, an der Steinbeisstraße in Oberaichen ein weiteres Heim für Flüchtlinge und Obdachlose zu bauen? Dafür hatte sich der Ausschuss Ende Januar unter der Bedingung ausgesprochen, die Anrainer mit ins Boot zu holen. Das geplante Gebäude soll allerdings die Not der Stadt lindern und nicht dazu dienen, dem Landkreis zu helfen. Mittlerweile ist durchgesickert, dass Firmen des Gewerbegebietes über ein weiteres Heim an dieser Stelle nicht begeistert sein sollen. Auch auf diese Fragen antwortet Dezernatsleiter Ludwig nur ausweichend: „Die Not der Menschen wird gesehen.“ Man habe einen offenen Diskurs geführt.