Links im Bild verläuft die Löffelstraße. Auf der markierten Fläche sollen künftig die Asylunterkünfte stehen. Foto: Stadt Stuttgart

Bisher stand hinter dem genauen Ort fürs Flüchtlingsheim in Degerloch ein Fragezeichen. Inzwischen steht fest, dass dieser auf einem Grundstück an der Helene-Pfleiderer-Straße liegt. Die Gremien entscheiden nächste Woche darüber.

Degerloch - Brigitte Kunath-Scheffold will nun schnell Freunde finden. Freunde für die Flüchtlinge, die voraussichtlich vom Frühjahr 2016 an in Degerloch leben werden. Seit wenigen Tagen wissen die Bezirksvorsteherin Kunath-Scheffold, die Stadträte und die örtlichen Bezirksbeiräte, wo die beiden Häuser stehen sollen: auf der Fläche, die von der Löffelstraße, der Rubensstraße und der Helene-Pfleiderer-Straße eingerahmt wird. Es ist das Grundstück westlich der IKB-Bank.

Platz für 156 Flüchtlinge

Als die Stuttgarter Stadtverwaltung vor Kurzem die sogenannte vierte Standort-Tranche für Flüchtlingsunterkünfte vorgestellt hatte, war in zehn von elf Stadtbezirken klar, wohin genau die Flüchtlinge ziehen sollen. So ist beispielsweise vorgesehen, dass zwei Systembauten an der Scharnhauser Straße in Plieningen aufgestellt werden. Der eine Stadtbezirk, in dem hinter dem Ort noch ein Fragezeichen stand, war Degerloch. Nun steht fest, dass sich die Verwaltung das Grundstück an der Löffelstraße – mit Zufahrt von der Helene-Pfleiderer-Straße aus – ausgeguckt hat, geplant sind zwei Häuser für insgesamt 156 Flüchtlinge.

Die Fläche ist zwar unbebaut, es gibt allerdings durchaus Pläne, was mit ihr passieren soll. Die Firma Minol will nicht erst seit gestern auf dem Streifen entlang der Bundesstraße Büros bauen; weiter nach hinten versetzt sind Wohnungen geplant. Die beiden miteinander verknüpften Bauprojekte lassen bereits seit Jahren auf sich warten; nun dürfte es mindestens fünf weitere Jahre dauern, bis die Pläne umgesetzt werden könnten. Wobei Minol wohl auch bauen könnte, wenn die Asylhäuser stehen.

Stadtrat hält Standort für „alternativlos“

Der CDU-Stadtrat Joachim Rudolf lässt durchblicken, dass er keine Freudensprünge über die Entwicklungen macht. „Wir Degerlocher haben bisher Glück gehabt“, sagt er. Der Stadtbezirk gehört zu den wenigen, in denen bisher noch keine Flüchtlinge wohnen. „Aber das Thema ist ja kein Wunschkonzert“, sagt er und spricht von „Wahnsinnszahlen“ an Menschen, die die Stadt irgendwo unterbringen müsse. Daher hält Rudolf den Standort an der Helene-Pfleiderer-Straße für „alternativlos“, wie er sagt. „Ich kann Degerloch hoch- und runtergehen und finde nichts“, sagt der CDU-Stadtrat. Daher geht er davon aus, dass der Gemeinderat Mitte Juli dafür stimmen wird. Dann müssen die Stadträte nämlich über die von der Verwaltung vorgeschlagenen elf Standorte entscheiden. „Meine Hoffnung ist nun, dass die Menschen angenommen werden, wir müssen die Degerlocher dafür gewinnen, das zu unterstützen“, sagt Rudolf.

Die Bezirksvorsteherin Brigitte Kunath-Scheffold will die Bürger zeitnah motivieren, sich in einem Freundeskreis für die Flüchtlinge zu engagieren. Ende September oder Anfang Oktober möchte sie alle, die sich angesprochen fühlen, zu einem ersten Treffen einladen. Die Bezirksvorsteherin geht davon aus, dass der Freundeskreis noch in diesem Jahr gegründet wird.

Doch zunächst werden die Bezirksbeiräte bei ihrer nächsten öffentlichen Sitzung am Dienstag, 14. Juli, über die geplanten Asylunterkünfte sprechen. Dass dann Gegenwind kommt, glaubt Kunath-Scheffold nicht. „Das ist ja eine gesamtgesellschaftliche Ausgabe, und die gehen wir jetzt an“, sagt sie. „Wir werden uns dieser humanitären Aufgabe nicht verschließen“ , sagt sie. „Ich baue auf Degerloch.“

Sitzungstermine:

Der Bezirksbeirat Degerloch spricht am Dienstag, 14. Juli, über den Standort für das Asylheim. Die Sitzung beginnt um 17 Uhr im Bezirksrathaus, Große Falterstraße 2. Die endgültige Entscheidung fällt am Donnerstag, 16. Juli, im Gemeinderat.

Standorte:

In der sogenannten vierten Tranche sind elf Standorte in elf Stuttgarter Stadtbezirken. Diese sind Bad Cannstatt, Degerloch, Feuerbach, S-Mitte, Möhringen, Mühlhausen, Plieningen, Stammheim, Untertürkheim, Vaihingen sowie Zuffenhausen.

Statistik:

Zurzeit leben 3300 Flüchtlinge in 72 städtischen Unterkünften 17 Bezirken. Bis Ende 2016 muss die Stadt weitere 4000 Plätze schaffen. Die Kosten dafür werden auf 50 Millionen Euro geschätzt. 2015 werden laut Hochrechnungen wohl 400 000 Menschen einen Erstantrag auf Asyl stellen und 50 000 einen Folgeantrag, das entspräche einem Plus von 136 Prozent.