Ein besonderer Fund ist die große Sonnenuhr aus großen Kalksteinblöcken, mit darunter in Reihe liegenden, 4,80 Meter langen Steinplatten. Auf diesen Platten liegen fünf weitere flache Blöcke, drei vertikal aufgestellt und zwei horizontal liegend. Foto: © Egypt Supreme Council of Antiquities

Im Nildelta haben Archäologen ein rund 2500 Jahre altes Astronomie-Observatorium entdeckt – das bisher größte und älteste der altägyptischen Spätzeit.

Der Mensch ist in der Geschichte der Welt ein echter Spätstarter. Würde man das Universum mit seinem Alter von rund 13,8 Milliarden Jahren auf der Zeitleiste eines Jahres abbilden, dann tritt er zum ersten Mal am 31. Dezember wenige Sekunden vor Mitternacht in Erscheinung.

 

Ewiges Rätsel der Zeit

Seit Urzeiten versucht der Mensch das ewige Rätsel der Zeit zu ergründen. Schon im Altertum folgten viele Kulturen dem Lauf der Gestirne. Diese dienten als Basis für Sonnen- und Mondkalender, als Zeitmarker für Rituale und Fest, galten aber auch als Omen und Hinweise der Götter.

Die Geschichte der Zeitmessung beginnt im Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris, der Wiege der Zivilisation im heutigen Irak. Vor über 5000 Jahren schufen die alten Sumerer eine der größten Erfindungen der Menschheit – die Uhr.

Durch Beobachtung von Sonne und Mond teilten sie den Tagesablauf mit Hilfe eines Stabes in Abschnitte ein. Der Auf- und Untergang der Sonne sowie ihr Höchststand am Mittag waren markante Zeitpunkte, die am wandernden Schatten des Stabes abgelesen werden konnten.

Ägypter bauten nach astronomischen Kriterien

Den Sumerern folgte die ägyptische Hochkultur. Im Land der Pharaonen erbaute man vor 3850 Jahren erste Gräber nach astronomischen Gesichtspunkten. Der rund 3000 Jahre alte „Kairo-Kalender“ verzeichnete bereits Himmelsereignisse und sogar die Helligkeitsschwankungen eines veränderlichen Sterns.

Blick auf Reste von Lehmziegelbauten auf dem Siedlungshügel von Tell el-Fara’in im ägyptischen Nildelta. Foto: © Faris knight/CC0

Größtes Observatorium der ägyptischen Spätzeit

Archäologen haben jüngst eines der astronomischen Observatorien entdeckt, mit denen die altägyptischen Gelehrten den Himmel beobachteten. Es liegt rund 80 Kilometer östlich von Alexandria im Nildelta und ist Teil des Siedlungshügels Tell el-Fara’in.

Der Komplex umfasst Siedlungsreste und Tempelruinen von der Bronzezeit bis in die Spätzeit des Alten Ägypten. Aus letzter Epoche stammt auch der Tempel von Buto, in dem das Himmels-Observatorium aus dem 6. Jh. v. Chr. liegt.

Die Anlage sei das älteste und größte Observatorium aus dieser Epoche, berichtet die ägyptische Antikenbehörde. Der 850 Quadratmeter große Komplex besteht aus Lehmziegelbauten und einer L-förmigen, von Säulen gesäumten zentralen Halle. Ihr Eingang ist von einer Lehmmauer geschützt und nach Osten in Richtung Sonnenaufgang ausgerichtet.

Einfach konstruierte, aber sehr präzise Instrumente

In den Räumen des Observatoriums fanden die Archäologen mehrere astronomische Instrumente. „Diese Werkzeuge sind zwar vergleichsweise einfach, erlaubten aber bereits die präzise Beobachtung und Messung von solaren Kalenderdaten, die für religiöse Riten, königliche Krönungsfeiern oder auch die Landwirtschaft wichtig waren“, erläutert Mohamed Ismail Khaled, Generalsekretär der Antikenbehörde.

„Dieser Fund unterstreicht die fortgeschrittenen astronomischen Kenntnisse der alten Ägypter.“ Eines dieser Instrumente wurde offenbar für die Messung der Sonnenhöhe über dem Horizont verwendet. Ein aufrechter Stein wird von zwei runden Steinplatten nördlich und westlich davon flankiert wird.

Sonnenuhr, Inklinationsmesser: Diese Objekte stammen aus dem ägyptischen Himmels-Observatorium. Das Horusauge gilt auch als Symbol des Mondes. Foto: © Egypt Supreme Council of Antiquities
Funde, die mit den Gestirnen in Verbindung gebracht werden. Foto: © Egypt Supreme Council of Antiquities

Sonnenuhr und Horusauge

Ein besonderer Fund ist die große Sonnenuhr aus großen Kalksteinblöcken, mit darunter in Reihe liegenden, 4,80 Meter langen Steinplatten. Auf diesen Platten liegen fünf weitere flache Blöcke, drei vertikal aufgestellt und zwei horizontal liegend.

Wandmalerei mit dem Auge des Horus. Foto: Imago/Heritage Imges

Wir gehen davon aus, dass diese Blöcke einst eingekerbte Linien trugen, um die Richtungen von Sonne und Schatten zu messen und die Bewegung der Sonne im Tagesverlauf zu verfolgen“, berichten die Archäologen.

In der Halle finden sich zudem Wandmalereien, die verschiedene Gottheiten und Objekte darstellen, welche im ägyptischen Glauben eng mit den Gestirnen verknüpft waren. So symbolisiert das linke Auge des falkenköpfigen Gottes Horus den Mondwährend das rechte Auge für die Sonne steht.