Schon am ersten Tag nach dem Einschlag wurde alles Leben in weitem Umkreis vernichtet. Die Nachwehen ließen 75 Prozent der irdischen Lebenswelt aussterben. Foto: Illustration Mark Garlick/dpa

Vor 66 Millionen Jahren löschte ein Asteroid die Dinosaurier und andere Lebensformen aus. Eine Studie ermittelt seine kosmische Herkunft und zeigt: Auch astronomisch war der Einschlag ein Ausnahmeereignis.

66 Millionen Jahre vor unserer Zeit: Ein kosmischer Felsbrocken von zehn bis 15 Kilometern Größe und einem Gewicht von drei Billionen Tonnen rast mit einer Geschwindigkeit von 20 Kilometern in der Sekunde auf die Erde zu. Er schlägt im ungünstigsten Winkel auf der Erdoberfläche ein und löst eine globale Katastrophe aus.

 
Ölgemälde von Dona Jalufka (1994/2005): Künstlerische Darstellung des Chicxulub-Ereignisses, das vor 66 Millionen Jahren das Massenaussterben am Ende der Kreidezeit verursachte. Foto: dpa/Dona Jalufka

Großteil des Lebens auf der Erde geht zugrunde

Auf der Halbinsel Yucatán im heutigen Mexiko beim Ort Chicxulub Pueblo gräbt sich der Asteroid 30 Kilometer tief mit der Energie von einer Milliarden Hiroshima-Atombomben ins Gestein ein.

Schon am ersten Tag vernichtet der Einschlag alles Leben in weitem Umkreis und seine Nachwehen lässt 75 Prozent der irdischen Lebenswelt aussterben – darunter die gesamte Spezies der Dinosaurier. Von diesem Ereignis und seinen katastrophalen Folgen zeugen der unter dickem Sediment verborgene Chicxulub-Krater auf Yucatan sowie weltweit nachweisbare Ablagerungen in Gesteinsschichten an der Kreidezeit-Paläogen-Grenze.

Hitze- und Druckwellen, Tsunamis und Staubwolken

Der Krater, den der Chicxulub-Impakt hinterlässt, hat einen Durchmesser von 180 Kilometern. Im Umkreis von 1500 Kilometern tötet die Hitze- und Druckwelle augenblicklich jedes Leben. Erdbeben mit einer Stärke von zwölf oder 13 auf der Richterskala erschüttern den Planeten. Tsunamis rasen über Meere und Kontinente und hinterlassen Tod und Zerstörung.

Doch das Schlimmste kommt erst noch: Gewaltige Mengen an Ruß, Staub und Schwefelgasen gelangen in die Atmosphäre. Der Himmel verdunkelt sich. Der kosmische Gesteinsbrocken hat eine Erdschicht mit besonders viel Sulfat, Silikat und Carbonat getroffen.

Infolge des Chicxulub-Impakts kommt es weltweit zu Vulkanausbrüchen.  Foto: Imago/Depositphotos

Eine Billion Tonnen Feinstaub und Schwefelgase

Schlagartig werden eine Billion Tonnen Feinstaub, eine etwas geringere Menge an Schwefelgasen sowie eine Milliarde Tonnen Ruß in die Atmosphäre geschleudert und bilden einen undurchdringlichen Aerosol-Schleier. Die aus dem Schwefelgasen entstandenen Schwefelsäuretröpfchen sowie der Feinstaub lassen kein Sonnenlicht mehr durchdringen, so dass die Temperaturen weltweit rapide abfallen.

Vor 66 Millionen Jahren schlägt ein Asteroid auf der Halbinsel Yucatán im heutigen Mexiko ein. Das Inferno und der anschließende globale Winter führen zu einem Massensterben. Foto: Imago/Everett Collection

Infolge des Chicxulub-Impakts kommt es weltweit zu Vulkanausbrüchen – vor allem in den westindischen Dekkan-Trapps, einer mehr als 500 000 Quadratkilometer großen durch Vulkanismus geprägten Region in Westindien. Der damit einhergehende Mangel an Sonnenlicht verhindert die Photosynthese aller Pflanzen fast zwei Jahre lang komplett und lässt so ganze Nahrungsketten kollabieren.

Woher kam der Dino-Killer?

Doch was für ein Objekt war dieser Dino-Killer? Und aus welchen Tiefen des Weltalls kam er? Bisher sind diese Fragen strittig. Einige Forscher halten den Chicxulub-Impaktor für das Trümmerstück eines größeren Brockens im Asteroidengürtel. Doch diese These ist inzwischen widerlegt.

Andere Wissenschaftler sehen Hinweise auf einen Kometen oder einen zweiteiligen Asteroideneinschlag. Eindeutig sind all diese Theorien aber nicht. Deshalb hat jetzt ein Forscherteam um Mario Fischer-Gödde von der Universität Köln nach weiteren Indizien gesucht, die Auskunft über den Impaktor geben können. Die Studie ist im Fachmagazin „Science“ veröffentlicht worden.

Schlagartig werden eine Billion Tonnen Feinstaub in der Atmosphäre, eine etwas geringere Menge an atmosphärischen Schwefelgasen sowie eine Milliarde Tonne Ruß in die Atmosphäre geschleudert und bilden undurchdringlichen Aerosol-Schleier. Foto: Imago/Science Photo Library

Spurensuche nach Element Ruthenium

Für das „Täterprofil“ analysierte das Team Proben aus der Kreidezeit-Paläogen-Grenzschicht, die in verschiedenen Regionen Europas zutage tritt. In ihr finden sich zahlreiche Elemente, die aus dem Chicxulub-Impaktor stammen und beim Einschlag über die Atmosphäre in alle Welt verteilt wurden.

Die Forscher konzentrierten sich bei ihren Analysen auf ein ganz bestimmtes Element: „Wir haben Ruthenium gewählt, weil dieses je nach Meteoriten-Typ unterschiedliche Isotopen-Verhältnisse aufweist.“

Die aus dem Schwefelgasen entstandenen Schwefelsäuretröpfchen und der Feinstaub lassen kein Sonnenlicht mehr durchdringen, so dass die Temperaturen weltweit rapide abfallen. Foto: Imago/Depositphotos

Zur Info: Ruthenium/Isotopen

  • Ruthenium (von lateinisch: Ruthenia/„Ruthenien“/„Russland“) ist ein chemisches Element mit dem Elementsymbol Ru und der Ordnungszahl 44.
  • Als Isotopen bezeichnet man verschiedene Atomarten desselben chemischen Elements. Isotope desselben Elements haben in ihren Atomkernen gleich viele Protonen, aber unterschiedlich viele Neutronen.
  • Das Verhältnis der Ruthenium-Isotope 100Ru und 102Ru unterscheidet sich dabei je nach Asteroidentyp und Herkunftsregion. „Mithilfe von Ruthenium können wir daher ermitteln, ob ein Impaktor ursprünglich im inneren oder äußeren Sonnensystem entstand“, schreiben die Wissenschaftler.

Impaktor war kein typischer Brocken aus dem Weltall

Das Resultat überrascht: Alle Proben aus der Einschlagsschicht stimmten in ihren Rutheniumwerten überein und deuteten eindeutig auf einen nichtirdischen Ursprung hin. Das heißt: Die Proben stammten tatsächlich vom „Dinokiller“.

Die Isotopenwerte passten allerdings zu keiner der typischen Meteoritenklassen des inneren Sonnensystems. Der Impaktor war demnach keiner der Brocken aus dem erdnahen Raum oder dem Asteroidengürtel.

Dino-Killer definitiv ein Asteroid

Doch auch ein normaler Komet kommt nicht in Frage. „Unsere Ruthenium-Analysen schließen den zuvor postulierten Kometen-Ursprung des Chicxulub-Impaktors aus“, resümieren Fischer-Gödde und sein Team. Der Dino-Killer war demnach definitiv ein Asteroid – und zwar von einer sehr seltenen Sorte.

Die Isotopenwerte entsprechen denen eines kohligen Chondriten, wie die Forscher herausfanden. Kohlige Chondrite stellen eine besondere Form der Steinmeteorite bzw. Chondrite dar. Die Brocken dieses besonders alten, ursprünglichen Typs machen nur zwei bis drei Prozent aller irdischen Meteoritenfunde aus.

Innerhalb weniger Sekunden wird die Erde zu einer glutheißen Hölle. Die Hitze- und Druckwelle tötet binnen Sekunden Millionen Tiere. Foto: Imago/Depositphotos

Uralter und seltener Gesteinsbrocken aus äußerem Sonnensystem

Kohlige Chondrite kommen zudem von sehr weit her. Sie stammen aus den Regionen jenseits des Jupiters im äußeren Sonnensystem. Dort kondensierten sie  in der Frühzeit des Sonnensystems aus der Urwolke. „Unsere Resultate sprechen dafür, dass auch der Chicxulub-Asteroid aus dieser Population der C-Typ-Asteroiden stammt, die im äußeren Sonnensystem entstanden“, erklären die Experten.

Fazit: Der Dino-Killer von Yucatan kam demzufolge von ganz weit draußen im Sonnensystem und wurde durch ein noch unbekanntes Ereignis aus seiner ursprünglichen Bahn geworfen. Seine Zusammensetzung macht ihn zudem zu einem der seltenen, besonders alten und ursprünglichen Vertreter der Asteroiden.