In Asperg ist am Wochenende das Stadtfest gefeiert worden. Die Wiedersehensfreude nach zwei Coronajahren war überschattet vom Tod der 17-jährigen Tabitha.
Die ersten Gläser Bier und Cola gehen am Samstag schon früh über den Tresen. Der Marktplatz füllt sich, manche bringen sich ein Eis vom Café mit. Man könnte fast meinen, dass gleich ein ganz normales Stadtfest startet. Doch wer genau hinschaut, sieht schon zu Beginn teilweise ernste Gesichter, Menschen, die die Arme verschränken oder angestrengt die Hände in die Hüften drücken. Es ist eine Freude mit angezogener Handbremse, die über dem Asperger Marktplatz schwebt.
Seit Montag ist bekannt, dass die 17-jährige Tabitha aus Asperg einem Gewaltverbrechen zum Opfer fiel, nachdem sie fast eine Woche als vermisst galt. „Wir haben mitgezittert und gehofft, dass sie wieder auftaucht“, sagt Bürgermeister Christian Eiberger bei der Eröffnung des Stadtfests. Die Verwaltung hatte sich überlegt, wie sie nach Tabithas Tod das Stadtfest begeht – und sich gegen eine Absage entschieden.
Stattdessen sind der Fassanstich und das Feuerwerk gestrichen worden. „Damit wollen wir Rücksicht nehmen“, sagt Eiberger im Gespräch mit unserer Zeitung, „der Fall bewegt die Asperger.“ Eigentlich habe sich jeder danach gesehnt, nach zwei Jahren Zwangspause endlich wieder das Stadtfest feiern zu können. Das ist auch in anderen Städten deutlich zu spüren. Dort strömen fast noch mehr Menschen als vor der Pandemie zu Festen und freuen sich, endlich wieder diese Freiheit zu haben.
Gedenkminute statt Fassanstich
Solch ausgelassene Stimmung ist in Asperg nicht vorhanden. Anstelle des Fassanstichs wird das Stadtfest mit einer Gedenkminute für Tabitha eröffnet. Alle erheben sich für einen Moment, anschließend bleiben manche mit andächtigem Blick stehen. In den Köpfen der Menschen ist Tabitha ganz offensichtlich an diesem Tag dabei.
Erst eine Weile nach der Gedenkminute fängt die Stadtkapelle an zu spielen. Für die Musiker ist das kein alltäglicher Auftritt. „Eine normal ausgelassene Stimmung wird wahrscheinlich nicht aufkommen“, sagt einer aus der Kapelle vor den ersten Tönen. Er und seine Truppe würden erst einmal Hintergrundmusik spielen und dann sehen, wie sich die Stimmung entwickelt. „Eine Party wird es sicher nicht“, sagt er.
Besucher zeigt Mitgefühl
Den Fassanstich und das Feuerwerk hätte Günther Seidt nicht ausfallen lassen, wenn er die Entscheidung hätte treffen müssen. Der Asperger ist Stammgast auf fast allen Festen im Ort. Freilich hat auch er die Geschichte von Tabitha verfolgt. „Natürlich drückt man da die Daumen“, sagt er, „es ist furchtbar für die Eltern, wenn das Kind weg ist und sich nicht meldet.“
Die Entscheidung des Rathauses, das Stadtfest trotzdem zu machen, findet er richtig. „Es ändert ja an der Tatsache nichts“, sagt Seidt. Allerdings muss er sich fragen, in welcher Welt wir eigentlich leben. „Als ich von Tabithas Tod gelesen habe, war das furchtbar. Da fragt man sich, warum jemand so was macht“, sagt er, „hier müssen wir jetzt lauter Poller ums Stadtfest aufstellen, damit niemand in die Menschen reinfährt, das ist doch absurd.“ Er hofft, dass er und die anderen Besucher trotz der Umstände ein paar schöne Stunden auf dem Stadtfest erleben.