Medikamente, die verschiedene Wirkstoffe vereinen, können erhöhte Nebenwirkungen haben. Foto:Syda Productions/Adobe Stock Montage: Kaszlikowski Foto:  

Die Stiftung Warentest hat sich prominente Arzneimittel vorgenommen – und hält viele für wenig geeignet.

Berlin - Da werben die Arzneimittelhersteller mit viel Geld auf breiter Front für ihre Mittel gegen Erkältungen, Schmerzen und Verstopfung – und dann halten die Experten der Stiftung Warentest viele davon für „wenig geeignet“. Darunter sind besonders viele Kombinationspräparate mit mehreren Wirkstoffen: „Bekannte Beispiele sind Erkältungsmittel wie Aspirin Complex, Grippostad C, Wick Medi-Nait oder Schmerzmittel wie Doppel-Spalt compact, Neuralgin und Thomapyrin“, schreibt die Stiftung Warentest jetzt in einer Mitteilung – und begründet: „Meist ergänzen sich die Inhaltsstoffe solcher Präparate nicht sinnvoll. Hinzu kommt, dass die Kombination verschiedener Wirkstoffe im selben Medikament mit einem erhöhten Risiko von Nebenwirkungen einhergeht.“

Aktuell haben die Warentester eine Liste mit 35 rezeptfreien Arzneimitteln zusammengestellt, die sie für wenig geeignet halten – jeweils mit einer begründenden Bewertung sowie möglichen Alternativen versehen. Ein Beispiel: Grippostad-C-Kapseln enthalten Paracetamol, Chlorphenamin, Koffein und Vitamin C – eigentlich eine vernünftige Wirkstoffliste gegen die verschiedenen Symptome, mag der Laie denken. Doch für die Warentest-Experten ist dies eine „nicht sinnvolle Kombination unter anderem aus einem Schmerzmittel und einem müde machenden Antihistaminikum, das über das Blut im ganzen Körper verteilt wird und dabei auch die Nasenschleimhaut abschwellen lässt.“ Als Alternativen reiche Paracetamol gegen Schmerzen allein. Und bei Schnupfen sei die kurzzeitige Anwendung von abschwellenden Nasensprays oder -tropfen verträglicher.

Nasensprays mit Risiken

Wobei die Betonung hier auf kurzzeitig liegt, also etwa eine Woche. Denn solche Sprays bergen erhebliche Risiken, wenn man sie auf Dauer nutzt. Fachleute werden nicht müde zu betonen, dass die Langzeitanwendung geradezu süchtig machen kann: Lässt die Wirkung der Sprays nach, schwellen beim sogenannten Rebound-Effekt die Nasenschleimhäute noch stärker an als vorher – was dazu verleitet, erneut die Nase zu besprühen. So führt der dauerhafte Gebrauch sozusagen zu einem chronischen Schnupfen – und es kommt zu einem Teufelskreis: Das Spray lindert die Symptome zwar kurzfristig, sorgt aber auch dafür, dass sie nicht verschwinden. Das kann so schlimm sein, dass die Betroffenen Angst vor Erstickung haben, wenn sie das Mittel absetzen wollen – und deshalb wieder sprühen. Dann aber drohen irreparable Schäden an der Nasenschleimhaut.

Neben Grippostad C erregen noch weitere Kombinationsmitteln gegen Erkältung das Missfallen der Warentester. Dazu zählen verschiedene Wick-Präparaten wie Daymed Kombi Erkältungsgetränk, Erkältungskapseln für den Tag oder Erkältungssirup für die Nacht. Hier wird stets das Schmerzmittel Paracetamol mit einem Hustenmittel und einem Medikament kombiniert, das die Nasenschleimhaut abschwellen lässt. Hinzu kommen beruhigende und anregende Wirkstoffe sowie teilweise auch Alkohol. All diese Kombinationen sehen die Tester als nicht sinnvoll an. Vielmehr raten sie, die einzelnen Symptome wie Schmerzen, Husten und Schnupfen getrennt zu behandeln.

Bonbons gegen Halsweh

Halsweh ist ein anderes bekanntes Leiden, das viele Betroffene mit rezeptfreien Mitteln bekämpfen wollen – beispielsweise mit Dorithricin-Lutschtabletten. Sie enthalten drei Wirkstoffe, die das Missfallen der Warentester hervorrufen. So soll das Antiseptikum Benzalkoniumchlorid Infektionen und in weiterer Folge eine Sepsis verhindern – dieses Antiseptikum ist aber laut Warentest „gegen Viren nur lückenhaft oder gar nicht wirksam“. Das zweite Mittel, das Antibiotikum Tyrothrizin, wirke nur oberflächlich und erreiche Bakterien in tieferen Gewebeschichten nicht. Benzocain schließlich soll Schmerzen bekämpfen – es könne aber leicht Allergien hervorrufen.

Zur Liste der beanstandeten Halsweh-Kombinationsmittel gehören noch Dolo-Dobendan-Lutschtabletten, Dobendan-Direkt-Lutschtabletten Sprühlösung, Lemocin-Lutschtabletten und Neo-Angin-Halstabletten bzw. Halsspray. Als Alternative empfehlen die Warentester in allen Fällen Lutschtabletten mit Lidocain oder Ambroxol, die ebenfalls örtlich betäubend und schmerzstillend wirken. Als noch besser werden Emser Pastillen bewertet: „Sie befeuchten die Schleimhäute und können Schluckbeschwerden lindern. Grundsätzlich hilft es, viel zu lutschen, am besten zuckerfreie Bonbons“, lautet die Begründung.

Kein Rizinusöl gegen Verstopfung

Ein leidiges Kapitel sind auch Mittel gegen Verstopfung. Rizinusöl – enthalten in Abtei Abführkapseln SN und Doppelherz Abführkapseln – sowie Aloe, das sich etwa in Kräuterlax befindet, stoßen bei den Testern aus zwei Gründen auf Kritik: Sie wirken „drastischer als geeignete Mittel“ und können zudem häufiger Nebenwirkungen auslösen. Und dickflüssiges Paraffin, das in dem Mittel Obstinol M enthalten ist, gilt wegen möglicher unerwünschter Nebenwirkungen als veraltetes Mittel. Die Empfehlung: „Geeignete verträgliche Abführmittel enthalten beispielsweise Flohsamen, Sennes, Natriumpicosulfat, Lactulose oder Macrogol.“

// Die Medikamenten-Liste im Internet unter
http://stzlinx.de/arznei

Bedenkliche Kombinations-Schmerzmittel

Koffein
Schmerzmittel enthalten oft mehrere Wirkstoffe. Neben Paracetamol oder Acetylsalicylsäure ist in den Kombinationspräparaten oft Koffein enthalten. Dieser Stoff wirkt belebend, „was dazu verleiten kann, das Mittel zu oft und zu lange zu nehmen“, schreibt Warentest. Das kann zum einen den Missbrauch fördern, zum anderen steigt das Risiko von Nebenwirkungen. Da hilft es auch nur begrenzt, dass Koffein die Wirkung von Schmerzmitteln womöglich verstärken kann: Dieser Effekt ist wohl nur schwach ausgeprägt – die Warentester hat er auch in der Vergangenheit nicht überzeugt.

Kombination
Ist in einem Präparat sowohl Paracetamol als auch Acetylsalicylsäure (ASS, bekannt unter dem Handelsnamen Aspirin) enthalten wie beispielsweise in Thomapyrin oder Spalt-Schmerztabletten, führt auch dies zur Kritik: Dies biete keinen zusätzlichen therapeutischen Vorteil, berge aber das Risiko der unterschiedlichen unerwünschten Wirkungen der beiden Schmerzstoffe, so Warentest.

Empfehlung
Gegen Schmerzen reicht nach Überzeugung der Warentest-Experten ein geeignetes Schmerzmittel allein – also Acetylsalicylsäure, Ibuprofen oder Paracetamol.

Ohrenschmerzen
Unklare Schmerzen im Ohrenbereich sollten nicht selbst mit Tropfen behandelt werden, empfiehlt Warentest. Bis zum Arztbesuch ließen sich die Schmerzen am besten mit einem Schmerzmittel lindern. Die Wirkstoffe Glyzerin, Procain und Phenazon werden als wenig geeignet angesehen.